Sobald wir mit dem Frühstück fertig waren, fuhren wir auch schon wieder los, denn wir hatten schließlich noch acht volle Stunden vor uns. Diese Fahrt unterschied sich jedoch nicht von der Fahrt zuvor. Alle schwiegen sich an. Aber was hatte man schon Menschen zu erzählen, mit den man nicht einmal Zeit verbringen wollte?
Um kurz nach sechzehn Uhr kamen wir im kleinen Örtchen Divernon an.
Bei Divernon handelte es sich um ein kleines Örtchen, welches man als idyllisch beschreiben könnte. In dem Örtchen lebte man mit einem gewissen Abstand vom Nachbar entfernt. Generell hat man mehr Platz und ist von
der Natur umgeben. Es war so anders als in Boston. Als wir vor dem Haus von Janes Mutter ankamen, staunte ich nicht schlecht. Denn das anscheinend so kleine Haus, schien gar nicht so klein wie in den Erzählungen.
Das Haus war nicht im typischen amerikanischen Stil gebaut, sondern aus Steinen und nicht wie gewohnt aus Holz. Zu dem Haus, welches nur einstöckig gebaut wurde, führte ein kleiner schmaler Weg hin. Die Straße hieß Heirloom Terrace.
Gemeinsam stiegen wir aus und machten uns erst einmal ohne Koffer auf den Weg,um erst einmal Janes Mutter zu begrüßen. Als wir an der Tür ankamen, stieg plötzlich ein mulmiges Gefühl in meinem Magen auf,was mir weismachte, dass irgendetwas nicht stimmte.
Als Jane klingelte, machte jedoch niemand auf. So klingelte Jane erneut und wieder öffnete niemand. Misstrauisch sah Jane meinen Vater an. ,,Bestimmt ist sie unterwegs. Ich fragte einfach kurz einmal die Nachbarn'',äußerte sie sich und begab sich mit uns zu den Nachbarn.
Die Nachbarn machten schon beim ersten Klingeln direkt auf. Wir erblickten ein älteres Ehepaar, welche uns freundlich begrüßten.
,,Guten Tag. Wir wollen sie gar nicht länger stören, aber wissen sie wann Annie Vernis wieder nachhause kommt oder wann sie wieder kommt?'',fragte Jane freundlich die Nachbarn.
,,Wir wissen zwar nicht wer sie sind, aber Annie wird nicht wieder kommen'',erwiderte die ältere Frau. Auch mein Vater schaute nun misstrauisch drein, ,,Wie meinen sie das?'' ,,Annie ist bereits vor zwei Jahren verstorben'',teilte uns nun der ältere Mann mit. Ich sah, wie sich ein Schock durch Janes ganzer Körper zog.
,,Wie?'', schoss es aus dem Mundmeines Vaters. ,,Wer sind sie denn?'',fragte die ältere Dame zögernd. ,,Ich bin ihre Tochter'',schrie sie beinahe entsetzt. ,,Das tut uns leid, aber wir wussten nicht, dass sie noch Familienangehörige hat. Sie hat nie etwas von einer Tochter erwähnt. Aber kommen sie doch erst einmal rein'',erwiderte sie freundlich. Langsam folgten wir dem Ehepaar in ihr Wohnzimmer.
,,Aber das ergibt doch alles keinen Sinn!!'',sagte Jane nachdenklich, ,,Ich habe doch von ihr persönlich einen Brief erhalten, dass wir vorbeikommen sollen, da wir uns so lange nicht gesehen haben. Ich dachte sie hätte mir vergeben!'',murmelte sie und wurde zum Ende hin immer leiser.
,,Vielleicht hat sich nur jemand ein Scherz erlaubt, aber Annie ist wie gesagt schon seit zwei Jahren tot. Wir hätten sie ja angerufen und ihnen Bescheid gesagt, aber sie hat nie eine Familie erwähnt'',teilte die ältere Dame mitfühlend mit.
,,Wo sollen wir denn jetzt hin?'',jammerte Louis nun verzweifelt, was jedoch nicht angebracht in der Situation war. Auf der Stelle erntete er einen bösen Blick von seiner Mutter, ,,DeineOma ist tot und du machst dir gerade ernsthaft Gedanken, wo wir jetzt übernachten?''
In diesem Augenblick erlebte ich Jane von einer anderen und neuen Seite. Ich merkte, dass irgendetwas vor Jahren vorgefallen war, was Janedazu brachte keinen Kontakt mehr mit ihrer Mutter zu haben. Ich sah wie es ihr zu schaffen machte, dass ihr Mutter nun tot war und sie nun das Vorgefallene nicht mehr klären konnte.
,,Das tut uns sehr leid. Das Haus von Annie steht noch immer leer. Falls sie noch nicht heute wieder zurück fahren wollen, könnten sie auch den Schlüssel fürs Haus bekommen. Ich weiß es wird komisch sein, da ihre Mutter so plötzlich für sie tot ist''.
Tatsächlich nahm Jane das Angebot an und so betrat wir kurze Zeit später das alte Haus von Janes Mutter.
In einem schnellen Putzgang, entstaubten wir das ganze Haus und machten es somit wieder bewohnbar. Ich entdeckte eine Zeit später, wie Jane geknickt auf dem Sofa saß. Erst wollte ich einfach vorbei gehen, jedoch waren meinVater, Louis und Noah unterwegs, um Essen zu besorgen.
So beschloss ich mich kurzerhand zu ihr zusetzten. ,,Willst du mir vielleicht erzählen, was zwischen dir und deiner Mutter vorgefallen ist?'', fragteich sie mitfühlend und legte meine Hand auf ihren Arm.
Gedankenversunken sah sie mich an.,,Sie war nicht einverstanden mit West'',murmelte sie leise vor sich hin. Fragend sah ich sie an. Wer war West?
,,Wer ist West?'',fragte ich sie und versuchte dabei so mitfühlend wie nur möglich zuklingen. ,,West Prince. Louis Vater und mein Ex-Ehemann. Sie sprach kein Wort mehr
mit mir und zog dann nach Divernon. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Seit neunzehn Jahren! Und nun habe ich nicht mehr die Chance dazu'',murmelte sie. Ich sah, wie eine Träne ihre Wange runter rollte.
,,Es tut mir leid. Meine Mutter ist auch nicht gerade ein Traum'',murmelte ich und wurde augenblicklich auch traurig. Meine Mutter warein Traum, jedoch mutierte zu einem Monster.
Jane wusste wovon ich redete, denn sie hatte mitbekommen, wie meine Mutter mich geschlagenhatte.
Mein Vater und Jane beschlossen noch ein paar Tage hier zubleiben, da sich sonst die lange Fahrt nicht gelohnt hätte. Müde ließ ich mich auf ein Bett fallen, in einem Zimmer welches in der letzten Ecke des Hauses lag. Es war zwar erst sechs Uhr Abends, allerdings fühlte es sich an, als wäre es schon Mitternacht. Plötzlich klopfte es an meiner Tür, worauf ich aufschreckte.
Als sich die Tür öffnete, erblickte ich Louis, welcher wie selbstverständlich sich zu mir aufs Bett setzte.
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Lügenmeer
Подростковая литератураValerie Black. Ein Mädchen, dessen Familie zerbrach. Ihre Mutter wurde Alkoholikerin und ihr Vater war nie zuhause. Ihre beste Freundin stand ihr zur Seite, aber was ist, wenn sich auf einmal wieder alles ändert? Eine neue Stadt, ein neuer Umkreis u...