Lügenmeer

Kapitel 36

,,Na, das Versprechen hast du auch der anderen Frau gegeben. Aber als die bösen Tage kamen, warst du weg''.
Für eine Millisekunde entwichen ihm die Gesichtszüge, doch überspielte er mein Kommentar gekonnt und tat so als wäre nie etwas passiert.
Schnell befindet er sich wieder in der verliebten Rolle und steckt Jane den Ehering an.
Eine kurze Zeit später, erhalte ich einen Schlag in die Seite. Und zwar von niemand geringeres als von Tante Sue.
Leise flüstert sie, ,,Ich bin auch frustriert, aber so einen Ausrutscher kannst du dir nicht noch einmal leisen''.
Sobald der Ring angesteckt ist, sagt er, ,,Trag diesen Ring als Zeichen unserer Liebe und Treue: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes''.
Wenn ich ein nicht ab konnte, dann waren es Heuchler. Mein Vater tat auf einen wahrhaftiger Christ, war jedoch selber eher der Teufel in Person.
Auch Jane machte die gleiche Rede und steckte dann meinem Vater den Ring an.
Nachdem die Beiden fertig waren, war der Pastor nun wieder dran. ,,Gott, der Herr, hat Sie als Mann und Frau verbunden. Er ist treu. Er wird zu Ihnen stehen und das Gute, das er begonnen hat, vollenden. Im Namen Gottes und seiner Kirche bestätige ich den Ehebund, den Sie geschlossen haben''. Danach wandte er sich zu den Gästen. ,,Sie aber und alle, die zugegen sind, nehme ich zu Zeugen diesen heiligen Bundes. >>Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen<<. Sie dürfen die Braut jetzt küssen'',beendete er seine Rede, ehe Jane und Alex übereinander herfielen.
Tante Sue und ich verließen mit Noah als letzter die Kapelle. Die Gäste und wir gingen allesamt in ein kleines Schlösschen mit einem großen Hauptsaal. Ja, mein Vater hatte nicht an Kosten gescheut.
Als ich jedoch gehen wollte, hielt Tante Sue mich und Noah zurück. ,,Kinder, ich weiß es ist für euch schwer. Und ich finde das Verhalten eures Vaters euer Familie gegenüber nicht gerechtfertigt'',erwiderte sie. ,,Aber?'', warf ich ungeduldig rein.
,,Aber ihr müsst damit irgendwie klar kommen. Wenn ihr irgendwie Hilfe braucht, dann ruft mich einfach an. Ich bin immer für euch da'',ergänzte sie sich und verließ mit uns dann die Kapelle.
Der wirkliche Höhepunkt dieser Hochzeit, war jedoch die Rede von Louis vor dem Essen.
Wir saßen allesamt im nett dekorierten Saal, alser mit einem Löffelchen gegen sein Weinglas schlug.

,,Liebe Hochzeitsgäste, liebe Verwandte und Freunde!'',begann er seine Rede, wodurch alle Hellhörig wurden, ,,Das Fest, das wir hier heute feiern heißt HOCH-ZEIT. Dieser Begriffbezeichnet dabei sowohl die Feier in der Kirche als auch die Feier hier im Saal. Dass diese heutige HOCHZEIT eine besondere, eine "hoheZeit", ja sogar einen Höhepunkt im Leben der Brautleute aber auch vieler Gäste darstellt, denke ich nicht weiter erläutern zu müssen. Ein Blick in die Gesichter der hier anwesenden sagt mehr als viele Worte.
Was aber hat diese HOCHZEIT zu bedeuten? Warum der besondere Gottesdienst, das große Essen, die vielen weiten Reisen? Was bedeutet diese Hochzeit?
Stellen wir uns einmal gemeinsam vor, wir wandern in den Bergen und nach
einem längeren Aufstieg erreichen wir endlich den Gipfel des Berges- das Etappenziel ist erreicht. Stellen wir uns weiter vor, das dieser Gipfel nicht nur den Blick auf eine wunderschöne Berglandschaft frei gibt, sondern dass von diesem Gipfel aus ebenso die Stadt zu sehen ist, zu der wir zurückwandern möchten. Dies eStadt, unser Ziel, liegt trotz der weiten Entfernung direkt vor unseren Augen, sie gleichsam zum greifen nahe, ja man möchte meinen,man macht einen großen Schritt und man ist am Ziel.
Was möchte ich mit diesem Bild sagen?
Wir kommen soeben aus der Kirche, in der wir vor Gott den Ehebund geschlossen haben, den feierlichen Beginn unsere Ehe. Diese Ehe ist aber nicht der Anfang unsere Beziehung, dafür aber ein absoluter Höhepunkt. Alex und meine Mutter, das Brautpaar, stehen heute auf dem Gipfel und schauen mit Freude und Klarheit auf die Stadt, auf deren gemeinsames Ziel. Diese Stadt, das Ziel eurer Ehe ist GOTT oder wie es mit zahlreichen Bildern ausgedrückt wird: Der Himmel, die
himmlische Stadt Jerusalem. Unser Weg dahin ist eure Ehe.
Wie häufig wir auf diesem Weg in die Stadt durch dunkle Wälder, Gewitter, Regen- und Sonnewetter kommen, welche Hindernisse am Wegesrand auf uns lauern, können wir beide nicht voraussagen, Ihr wissen jedoch heute eins: Der heutige Tag, an dem Ihr den Himmel offen sehen, an dem Ihr Gott begegnet sind, die Kirche nennt das "Sakrament", wird uns immer in Erinnerung bleiben als ein Tag, an wir das Ziel gesehen haben.
Das wir diesen Tag, an dem euch, objektiv gesprochen, "Gottsakramental begegnet sind", auch subjektiv so erleben, dafür möchte ich mich bei den vielen Gästen hier bedanken, die keine Kosten und Mühen gescheut haben, diesen Tag heute mit meiner Mutter und ihrer großen Liebe zu feiern.
Wo ich nämlich bei den Danksagungen bin, möchte ich natürlich an diese Stelle besonders an deren Eltern erinnern, die uns, so ein Zitat von Fjodor Dostojewski, "für ein ganzes Leben gerettet haben."
Dostojewskisagt: Wisset, dass es nichts Edleres, Stärkeres, Gesunderes und für das künftige Leben Nützlicheres gibt, als eine GUTE ERINNERUNG.-
Eine schöne, heilige Erinnerung, die man aus der Kindheit bewahrt, ist vielleicht die BESTE ERZIEHUNG. Wenn man viele solcher ERINNERUNGEN mit ins Leben nimmt, so ist der Mensch für ein ganzes Leben gerettet.
Euch ganz herzlichen DANK für alles, womit ihr ihnen ein Zuhause geschenkt habt, in dem sich deren zarten Kinderseelen geschützt und froh entwickeln und entfalten durften. Einen herzliche DANK!''

Wer sich schon dachte, dass es sich nicht nach dem normalen Louis anhörte, hatte auch vollkommen recht, denn er hatte es nicht geschrieben.
Mit zwei Klicks wusste ich auch, dass er die Redevon www.diehochzeitsrede.de hatte und nur Kleinigkeiten geändert hatte.
Doch fingen alle lauthals an zu klatschen und ich hörte später, wie er tausende Lobs erntete. Es war ein Wunder, dass er nicht aus versehen die Quelle mitgelesen hatte.
Leise flüsterte ich zu ihm, ,,Hast du das etwa von diehochzeitsrede.de. Hast du toll gemacht. Kopieren kann ich auch schon''. Dabei hielt ich ihm mein Hand hin, worauf die Internetseite geöffnet war.

,,War ganz Praktisch, so konnte ich immer mitlesen'', ergänzte ich noch und zwinkerte ihm zu. Er schaute mich nur baff an.