Kapitel 11

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Wir standen nur so da. Wir sagten nichts. Wir taten nichts. Wir schauten uns nur in die Augen. 

Seine Augen konnte ich in der Dunkelheit kaum erkennen, jedoch was ich sah war pures Verlagen. Ein Verlangen, welches mich zu tiefst verwirrte. Aber ich konnte mich nicht losreißen. Es fühlte sich so an, als hätte ich die Kontrolle über meinen eigenen Körper verloren. Eine Gänsehaut machte sich auf meiner Haut breit. Sie kam aber nicht, weil mir Kalt war, sondern alles lag nur an Louis Blick. Alles lag nur an ihm.

Ich spürte, wie Louis langsam seine Hand an meine Hüfte legte. Dies führte nur dazu, dass erneut eine Gänsehaut sich ausbreitete. Irgendetwas lief in diesem Moment gewaltig schief, jedoch konnte ich nichts tun. Ich war in einer Starre aus der ich mich nicht lösen konnte. Ich war regelrecht in seinen Bann gezogen worden. Es fühlte sich so an, als würde die Zeit stehen bleiben und es gäbe nur Louis und mich. Ein benebelndes Gefühl breitete sich aus. Sein Blick durchbohrte mich. Es war so, als könnten wir Beide in die Seele des Gegenübers gucken. Als er sich jedoch mir langsam näherte, gingen alle Alarmglocken an und ich gelangte augenblicklich die Kontrolle über meinen Körper wieder. Was war das gewesen?

Sofort befreite ich mich von ihm und flüchtete daraufhin regelrecht aus der Küche. In diesem Moment war es mir egal, dass mein kaputtes Glas auf dem Küchenboden lag. Ich wollte einfach nur weg. Weg von Louis.

Hatte er vor mich zu Küssen?

Diese Frage schwirrte die restliche Nacht durch meinen Kopf. Oder nahm er mich nicht ernst und wollte er mich einfach nur reizen? Ich wusste es nicht und das beunruhigte mich. Gedankenverloren lag ich so die ganze Nacht wach. Ich mochte Louis nicht sonderlich und deshalb verwirrte mich, weswegen er mich in Verlegenheit gebracht hatte.

Am nächsten Morgen herrschte am Frühstückstisch absolute Stille. Aber diese Stille gefiel mir. Ich saß da und aß mein Nutellabrötchen, wobei ich versuchte Louis Grinsen und seine Blicke zu meiden. Er wusste wie er letzte Nacht auf mich gewirkt hatte und dies erfreute ihn. Zur selben Zeit war ich zu tiefst beschämt. Wie konnte dies mir nur passieren? Wir reden hier über mich: Das Mädchen das mit allem klar kam, aber anscheinend nicht mit einem arroganten Jungen. Genüsslich biss ich in mein Nutellabrötchen rein, wobei ich für einen Moment meine ganzen Sorgen vergaß. Und so beschloss ich die Nacht ganz weit hinten in mein Gedächtnis zu verstauen. Nachdem ich mit dem Essen fertig war, stand ich schnell auf, verstaute mein dreckiges Geschirr in den Geschirrspüler und rannte schnell in das Bad, um mir rasch die Zähne zu putzen. Sobald ich auch mit dem Zähneputzen fertig war, rannte ich in die Eingangshalle, schnappte mir meineTasche und zog meine Schuhe rasch an.

In Windeseile verließ ichdas Haus und sprang auf meinen Roller. Ich wollte einfach nur weg. Aber das war nicht der einzige Aspekt, denn ich war mal wieder spät dran und hatte nicht wie Louis zur zweiten Stunde. Doch schien heute das Schicksal etwas gegen mich zu haben, da ich gefühlt jede rote Ampel mitnahm. Ich stand mal wieder an einer roten Ampel, als neben mir ein weiteres Auto zu stehen blieb. Schon aus dem Augenwinkel sah ich, dass es sich hier um ein protziges Auto handelte und als ich zur Seite schaute, wurden meine Vermutungen bestätigt.

Denn in dem Auto saß niemand geringeres als Keno. Auf der Stelle verdrehte ich meine Augen und lenkte meinen Blick wieder nach vorne auf die Ampel, welche mittlerweile wieder Grün wurde und die erste Autos hinter miranfingen zu hupen. Nachdem ich an der Schule ankam, stellte ich hastig meinen Roller ab. Danach sprintete ich regelrecht in die Schule und kam eine Minute vor Unterrichtsbeginn im Klassenraum an.

Es musste schließlich auch niemand wissen, dass ich eigentlich immer zu spät kam, dachte ich mir. In der nächsten Minute betrat auch schon eine junge Lehrerin den Raum, welche sich mir als Frau Meyers vorstellte. Sie war nicht besonders groß, hatte längere braune Haare und ein niedliches Lächeln und sofort war sie einem sympathisch. Auch wenn man denken könnte, dass sie ebenfalls eine Schülerin sei.

,,So meine Lieben. Als erstes fasst einer von euch zusammen was wir letzte Stunde gemacht haben, damit Valerie auch weiß, wo wir gerade sind'', sagte sie freundlich und sah liebevoll durch die Reihe. Sofort gingen die Hände vieler Schüler hoch und ich fragte mich, wo ich hier gelandet sei. ,,Wir behandeln zur Zeit die Carboxylgruppe und haben letzte Stunde mit der Veresterung gestartet. Zuvor haben wir die Alkohole behandelt'', fing der erste Schüler an. Nach meiner ersten Chemiestunde, verließ ich den Raum und machte mich auf den Weg zur Mensa, wo ich auch schon direkt an den Tisch von Madelein gewunken wurde.

,,Setzt dich doch'', bot sie mir nett an, worauf ich mich ihr gegenüber setzte. Im selben Moment ging Louis an unserem Tisch vorbei und würdigte mich keines Blickes. Ich ignorierte es jedoch.

,,Hey Madelein ich hätte da mal eine Frage?'', äußerte ich mich zögerlich. Mit einem Nicken gab sie mir Bescheid, dass ich meine Frage stellen sollte. ,,Ich wollte fragen ob Frau Meyers immer so ist!'' ,,Wie meinst du das?'', fragte sie sichtlich verwirrt, wobei sie ihre Stirn runzelte. ,,Na sie ist so übertrieben nett und die Schüler machen tatsächlich im Unterricht mit'', stellte ich ihr meine Feststellungen vor. Grinsend meinte sie nur knapp, ,,Ja so ist sie eben'',,Was ich dich aber noch fragen wollte ist, warum du gestern so schnell aus dem Unterricht verschwunden bist, als Louis aufgetaucht ist!''

Geschockt riss ich meine Augen auf, wobei ich mich an meinem Getränk verschluckte, welchesich zu diesem Zeitpunkt trank. ,,Ach es war nicht so wichtig'', versuchte ich cool zu tun und mir nichts anmerken zu lassen. Doch bei dem Namen 'Louis' kamen ungewollte wieder die Ereignisse von letzter Nacht hoch. Auf der Stelle wurde ich wieder rot und wieder kam bei mir ein mulmiges Gefühl im Bauch hoch. Nebenbei nahm ich nurein leises ,,Na wenn du meinst'', von Madelein war.

Und als wäre mein Tag nicht schon schlimm genug gewesen, kam in der Mittagspause auch noch Keno zu unserem Tisch. ,,Na Püppchen. Wie geht es uns denn heute?'', fragte er mich schmierig, setzte sich direkt neben mich und legte einen Arm um mich. Großer Fehler Freundchen, dachte ich mir, bevor ich ihm ohne zu zögern mit meinem Ellenbogen in sein Oberschenkel stieß. Erschrocken riss er vor Schmerz die Augen auf und sprang regelrecht auf, wobei ich mir kein Grinsen verkneifen konnte. Es sah eben so lustig aus, wie er erschrocken auf hüpfte und beinahe über sein eigenen Stuhl fiel. Auch Madelein, welche am anderen Ende des kleinen Tisches saß, viel fast vor Lachen vom Stuhl.

Wenige Sekunden später, richtete sie ein wütender Keno auf, wobei mir sein beschämter Blick durch die Mensa nicht entging. ,,Du kleines Biest'', flüsterte er bedrohlich, wobei er nah an mich ran trat. Ebenso bedrohlich flüstere ich zurück, ,,Schätzchen! Nenne mich nie wieder 'Püppchen' und fasse mich nie wieder an, sonst geht der nächste Schlag in deine Kronjuwelen und nicht nur auf deine Oberschenkel''. Entgeistert sah er mich an, bevor er schnell wieder verschwand.

Erstaunt sah mich Madelein an. ,,Hast du jetzt schon dem zweiten Jungen die Stirn geboten?Valerie du bist echt unglaublich'', erwiderte sie lächelnd.,,Madelein merk dir: Du kannst dir nicht alles gefallen lassen undbesonders nicht von Typen wie diese! Biete deinem Bruder auch mal dieStirn. Sei selbstbewusst, denn ich weiß das du eigentlich einestarke Persönlichkeit hast, welche nur über die Jahre runtergegraben wurde''. Sie sagte darauf nichts, sondern lächelte michnur dankbar an. 

LügenmeerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt