Dr. Jones
Ich fuhr durch das schwarze und verrostete Gittertor die Auffahrt hoch und blieb bei den Parkplätzen stehen.
Es waren so gut wie keine Autos zusehen, was den Ort und die Umgebung nur noch unheimlicher machten.
Ein dichter Nebel zog sich über den Boden und machte die Sicht schleierhaft. Er sorgte für eine düstere Atmosphäre in der Luft.
Es war ein sehr versteckter Ort, den man nicht so einfach fand. Rundherum war alles leer, bis auf das wenige Gras das auf dem Boden wuchs und die unzähligen Bäume, die es dem Licht schwer machten seine Arbeit zu leisten.
Ich denke wirklich dass dieser Ort absichtlich ausgesucht wurde um eine Psychiatrie aufzubauen.
Als ich nach dem Aussteigen das Auto abschloss, ging ich zum Haupteingang und drückte auf einen, früher mal, weißen Knopf welcher nach dem nervigen Summen die Türen zum Öffnen beförderte.
Ich ging den Gang runter und an dem leeren Empfangsschalter vorbei. An der großen Halle vorbeigehend machte ich kurz halt. Dieser Bereich war eigentlich für Gäste gedacht, jedoch kam hier selten einer vorbei. Somit war es nur ein großer und schlecht beleuchteter Raum der von Stille und Staub erfüllt war.
Kopfschüttelnd ging ich weiter gerade aus zum Fahrstuhl und drückte auf den Knopf mit der Vier.
Großteils war das Gebäude nicht sonderlich einladend eingerichtet.
Es war schlicht und relativ sauber, im Großen und Ganzen zumindest.
Auch, wenn einige Sachen sehr alt aussahen erfüllten sie immer noch ihren Zweck. Jedoch lag nicht in den altmodischen Möbelstücken das Problem.Anders als draußen war im Gebäude
eine eher befremdliche und äußerst traurige, fast schon bedrückend leblose Stimmung. Aber, wenn man bedenkt, wo wir uns befinden ist es kein Wunder.Die Türen öffneten sich und ich stieg mich umsehend aus. Es war noch keiner auf diesem Stockwerk zu sehen und alle Zimmertüren der wenigen Patienten waren geschlossen.
Mit schnellen Schritten huschte ich also früher als sonst zu meinem Therapieraum, welcher sich am linken Ende des Ganges befand.
Ich legte die Mitarbeiter Karte an das elektronische Schloss und die Tür öffnete sich.
Wenn man in den Raum hereinkam war das Erste, das man sah ein riesiges weißes Fenster. Es hatte einen etwas abgebröckelten Fensterrahmen und man konnte in den, meist leeren, Garten schauen.
So ein Anlass der Sozialisierung war hier eine Seltenheit.
Vor dem Fenster stand ein Sofa. Es diente den Patienten während den Sitzungen. Gleich gegenüber war die Wildleder Garnitur, welche meiner Wenigkeit diente, und dazwischen ein kleiner Glastisch.
Neben der Tür befand sich ein eingebautes Wandregal welches mit allen Akten und Patienten Daten befüllt war.
Außerdem fanden dort einige Bücher und Dekor Elemente, die fragiler aussahen als der Staub der sie bedeckte, auch ihren Platz.
Man konnte die Präsenz des vorherigen Besitzers förmlich spüren.
In dem abgesessenem Sitz der Garnitur, der kleinen Einbuchtungen der Tischbeine im Teppich, sogar in den einsamen Schatten der einstigen Bilder an den Wänden.Die Müdigkeit machte sich bei mir deutlich sichtbar. Gähnend stellte ich meine Tasche neben dem Schreibtisch ab. Dieser befand sich direkt hinter der Sitzgarnitur und war in einem Barock ähnlichen Stil. Ebenso wie das Wandregal und einige der leeren Bilderrahmen die vor ihm lagen, war auch der Tisch in einem tiefen Mahagonibraun.
Schnell warf ich meinen Mantel über den Kleiderständer und inspizierte die alten Bilderrahmen etwas genauer.
Sie schienen makellos und es wäre eine Schande gewesen sie weiterhin auf dem Boden liegen zu lassen.Mit einem kurzen Blick auf die Wand entdeckte ich auch sofort die dazu gehörigen Nägel, die einen kleinen komischen Schatten auf ihre untere Fläche der Wand warfen.
Ohne groß darüber nachzudenken, nahm ich die drei Holzrahmen in die Hand und hing sie wieder an ihren früheren Plätzen auf. Dekorativ war dies jedenfalls aber nicht, denn es waren buchstäblich leere Holzrahmen an einer petrolblauen Wand.
Aber irgendetwas musste ich mit ihnen machen, denn sonst wären sie im Abfall gelandet. Die Tatsache dass die Mitarbeiter sie ohnehin nicht schon beseitigt haben ist ein Wunder.
Davon abwendend setzte ich mich in den Schreibtischstuhl. Die Arme auf den Lehnen absetzend sah ich seufzend auf den Tisch, da stach mir plötzlich das Foto von mir und Emma in die Augen. Schmunzelnd nahm ich den Fotorahmen in die Hand.
Sie war gerade erst ein Jahr alt. Ich war so glücklich mit ihr. Ich liebte es ihr beim Schlafen zuzusehen. Sie sah dabei immer so friedlich aus. Doch alles änderte sich, als ich vor einem Monat diesen Anruf bekam. Ich wollte es nicht. Ich war zu Frieden mit meiner kleinen Praxis, doch ich wusste dass Menschenleben auf dem Spiel lagen. Also musste ich sie meiner Mutter überlassen und hier herziehen.
Plötzlich war ein Klopfen zu hören und ohne jegliche Vorwarnung trat die Person ein.
„Dr. Jones möchten Sie vielleicht einen Kaffee?", stand plötzlich die lächelnde Olivia in der Tür. Sie war die Hauptstationsschwester und eine der wenigen Arbeiterinnen die ich wirklich mochte.
Sofort wischte ich mir die unbemerkte Träne weg und legte das Bild auf meinem Schoß.
„Oh, alles in Ordnung bei Ihnen?", kam sie langsam zu mir rüber.
„Ja, alles bestens. Ich habe nur etwas Heimweh, das ist alles.", versuchte ich sie anzulächeln.
Warmherzig sah sie mich an, ehe sie mich in den Arm nahm.
„Ist schon gut. Alles ist okay. Jedem passiert dass einmal.", tröstete sie mich.
Kurz lächelte ich sie dankend an und klammerte mich wieder an das Bild.
„Ist auf dem Foto jemand besonderes drauf?", fragte sie und deutete auf das Bild in meinem Schoß.
Zu ihr schauend nickte ich leicht und drehte das Bild um.
„Das ist Emma. Sie ist meine norwegische Waldkatze. Sie ist gerade erst ein Jahr alt geworden."
Überrascht hob sie die Augenbrauen und eine Mischung aus Verstörung und Belustigung spiegelten sich in ihrem Gesicht wider.
„Also, Schätzchen ich hab ja so einiges in diesen Räumen gehört und gesehen. Und ich sag Ihnen manches verstört mich bis heute noch, aber einer Katze hinterher zu trauern, das ist sogar für mich neu.", sagte sie mit einem gespielt entsetzten Ausdruck.
Sie sah sich gespielt um und legte eine Hand auf meine Schulter, ehe sie sich etwas runter zu mir beugte.
"Aber dass Sie Ihre Hauskatze Emma benannt haben-", kurz machte sie eine Pause und sah mir in die Augen.
"Schätzchen, muss ich Sie etwa als Patientin eintragen?", fragte sie gespielt und verzog ihre Lippen zu einem schmunzeln.
Sofort hallte mein Lachen im Raum und es war das erste Mal seit Langem dass ich wieder von ganzem Herzen lachte.
thequiet_screamer💕🤟🏼
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R.E.M. ✓
Mystery / ThrillerWattys 2020 Winner- Mystery/Thriller Grausame und äußerst verstörende Geheimnisse lauern in der White Bird Psychiatry. Der Auslöser- Ethan Nolan. Doch ist er wirklich der wahre Grund für deine schlimmsten Alpträume? Genau diese Frage stellt sich...