Eingewöhnung

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Finn hatte sich verändert. 

Nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich.
Von außen hatte er einige Narben vom Gefängnis davon getragen. Er erzählte mir, dass er öfters in einer Schlägerei verwickelt war und sogar dazu gezwungen wurde mit Insassen zu kämpfen. Als Dämon war er ein gefundenes Fressen in den Käfigen des Rates.
Es war so etwas wie ein hoher Titel, wenn man einen Dämon im Kampf besiegen würde. Zumindest redeten sich das die Fairys im Gefängnis ein. Ich kannte Finn schon lange und wusste, dass er kein Rebell war. Würde ich es nicht wissen, würde ich ihm niemals abkaufen, er sei wirklich ein Dämon.

Er wirkte eher so wie Leiftan's Fassade. Ja, genau. Wenn Leiftan seine Lorialetmaske aufsetzt, so ist Finns Gemüt. 
Er ist die Ruhe in Person, geduldig und freundlich. Das war Finn.
Er hatte beinahe die Charaktereigenschaften eines wahrhaftigen Engels. 

Wir saßen in der Kantine und ich musterte Finn. 
Eine feine Narbe war an seiner Unterlippe zu sehen und eine weitere auf seiner Wange. Es war vermutlich eine frisch geschliffene Klinge, die man in sein Fleisch bohrte. 
Ich wollte nicht nachfragen, welche Narbe von welchem Kampf stammt oder wie er jede einzelne Verletzung bekam.
Stattdessen sah ich ihn einfach nur an und beobachtete ihn, wie er genüsslich seinen Honig aß. 

Mein nächster Blick fiel auf seine Hand. Ein Verband zierte seinen Handrücken inklusive Handgelenk. Als niemand hinsah, entblößte er mir die vermeintlich "verwundete" Stelle. 
Es war ein Siegel vom Rat, welches ihn daran hinderte, seine Dämonenmagie komplett zu nutzen. 

"Wie lange willst du mich noch anstarren, Grace?", fragte er und seine goldschimmernden Augen blickten mich an. 
"So lange, bis ich realisiert habe, dass du echt bist." 

Er nahm meine Hand und drückte fest zu. 
"Hier. Ich bin echt. Kann ich jetzt ohne deinen Psychoblick essen?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue. 
"Wie der Herr wünscht.", sagte ich sarkastisch und drehte mich demonstrativ weg. 

"Zufrieden?", fragte ich und blickte bewusst an das andere Ende des Raumes. 
"Nein. Sieh mich an.", sagte er in einem sanften Ton. 

Ich begann zu grinsen und drehte mich um. 
Doch anstatt in die schönen Augen des Dämons zu sehen, sah ich in die klebrige Flüssigkeit alias Honig, die nun quer über meinem Gesicht verteilt war. 
"Du..." 
Er zuckte mit den Schultern. "Ich war jahrelang nicht an deiner Seite. Ich muss die ganzen Sticheleien nachholen, so einfach entkommst du mir nicht."

Wir lachten und ich schmierte auch Finn den Honig ins Gesicht. 

Auch wenn Finn sich verändert hatte, so war er immer noch Finn. 
Ein Dämon durch und durch. 

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"Was ist der wahre Grund, wieso dich der Rat geschickt hat? Nur als 'Belohnung'? Das denke ich nicht.",  sagte ich zu ihm, als wir in Richtung meines Zimmers gingen. 

"Du hast von den Angriffen der Damnum-Dämonen gehört, nicht wahr? Es wird schlimmer und sie haben gehofft, dass..."
"Dass was?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Ich wusste genau, auf was er hinaus wollte. 

"Dass wir gegen sie kämpfen. Wie früher, als du noch das maskierte Rotkäppchen warst. ", sagte er und mied meinen Blick. 
Seine Augen musterten die prächtigen Gärten des HQs. 
"Angeblich haben sie das echte Grimoire gestohlen und nun liegt es in ihrer Hand. Sie denken, dass es dein Vater, Lucifer, ist."
"Nein. Er ist tot.", sagte ich und konnte den Geschmack von dieser dreckigen Lüge in jeder einzelnen Zelle meines Körpers spüren. 
Der gefallene Engel, Lucifer aka mein Vater, war eingesperrt in den tiefsten und düstersten Verließen des Rates. 

"Aber ziehe es vielleicht mal in Erwägung, dass..." 
"...dass einer meiner Geschwister der Anführer der Damnum-Dämonen sei?" 

Ich hatte hunderte Geschwister. Lucifer hatte etliche Frauen, vorzugsweise Menschen und hatte viele Nachkommen. 
Finn nickte. "Hast du an Lilith mal gedacht?" 
"Sie ist tot. Ich hab ihr die Pulsader aufgeschnitten.", sagte ich emotionslos. 

Darkness - Black Magic || Eldarya FF {ABGESCHLOSSEN}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt