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Ein lautes Klopfen holte mich aus meinem erholsamen Schlaf. Noch komplett müde und gereizt, stand ich auf und öffnete die Tür, sah in Rubins Gesicht. »Macht dich fertig wegen Schule!« Ich nickte und schloss die Tür. Am liebsten hätte ich mich wieder ins Bett geworfen und hätte einfach weiter geschlafen. Auf Schule hatte ich nun wirklich keine Lust. So gar keine..

Ich ließ die Jungs noch pennen und machte mich derweil fertig. Dann konnten sie mich dabei wenigstens nicht stören. Zuerst nahm ich mir frische Sachen, die in einem Schrank verstaut worden waren, und zog mich um. Danach verschwand ich in unser gemeinsames Bad, stellte ich mich vor dem Spiegel und putzte mir meine Zähne. Essen wollte ich nichts. Gründlich fuhr ich mit meiner Zahnbürste über jede noch so kleine Stelle, das ordentlich und lang!

Weiter ging's mit meinen Haaren. Ich kam sie ordentlich durch und entschloss mich für einen Pferdeschwanz, damit meine Haare mich nicht nervten. Dazu band ich mir ein Bandana um. Als ich das Endergebnis im Spiegel sah, war ich aber unzufrieden damit. Es gefiel mir nicht ganz so gut und ich probierte verschiedene Varianten damit aus, bis ich dann eine fand, die mir ganz gut gefiel.

Mein Outfit bestand übrigens aus einem schwarzen, schulterfreien Pullover und einer blauen Jeans. Meine einfarbigen weißen Socken nicht zu vergessen. Es war eher schlicht gehalten und dennoch hübsch, meines Erachtens nach.

Weil ich wohl noch Zeit hatte, machte ich mein Bett und packte das nötigste in meinem Ranzen. Mehr als eine Federtasche und einen Block hatte ich auch nicht. Würde ich aber bald haben.

Dabei vergaß ich komplett die Jungs zu wecken. Zeldris wachte von alleine auf und sah mich verschlafen an, seine Haare waren durcheinander und er sah einfach so süß aus. »Wie spät ist es?«, fragte er flüsternd, schloss seine Augen wieder. Ich schaute auf meine Armbanduhr, antwortete ihm dann: »7:20 Uhr.« »7:20 Uhr? Dann haben wir ja- WAS?! SCHON 7:20 UHR?!« Durch sein Gebrülle wurde auch Melodias wach, wäre sogar fast aus dem Bett gefallen, was mir ein Kichern entlockte. Ich weiß, dass das gemein war. Aber es war mir egal.

Vergnügt sah ich zu, wie die beiden sich abhetzten beim fertig machen, weil sie verschlafen hatten. Stellten die sich denn keinen Wecker? Ich habe das bisher immer gemacht, heute aber selbst vergessen. Dafür wurde ich aber persönlich geweckt. Um ihnen nicht weiter im Weg zu stehen, ging ich schon mal aus dem Zimmer raus. Er wäre schon ganz amüsant zu sehen, wie sie dann von mir aufgehalten wurden, aber gerade Zeldris sollte mich nicht gleich hassen. Das würde ich damit nicht erreichen wollen, deswegen ließ ich's lieber gleich bleiben.

Elizabeth kam lächelnd auf mich zu und fragte nach den beiden, insbesondere nach Melodias. Ich war mir sicher, dass sie was von ihm wollte, aber anders rum nicht so. Tja die Liebe... konnte mich mal am Tüffel tuten. Ich sagte ihr, dass die beiden sich noch fertig machen musste, da sie verschlafen hatten. Dass ich daran Schuld war, ließ ich aus. Brauchte sie ja nicht zu wissen. Wenn die anderen mich fragen würden, warum ich sie nicht geweckt habe, wollte ich ihnen ungern die Wahrheit sagen. Andererseits wollte ich sie nun nicht belügen. Wenn ich Glück hätte, würden sie mich auch vielleicht überhaupt gar nicht drauf ansprechen. Ich hoffte es.

»Sollen wir schon mal vorgehen?«, fragte ich Elizabeth, die immer noch nicht drauf klar kam, dass ich bei den Jungs im Zimmer pennte. Das war doch nichts verwerfliches. Solange ich immer etwas an hatte und sie auch, war doch gar nichts Schlimmes an der Sache. Außer dass ich ihnen nicht einfach mal so zu rufen konnte, ob sie mir ein neuen Schlüpfer bringen konnten, wenn ich zum Beispiel meine Tage hatte. Tja, das ganze hatte seine Vor- und Nachteile. Sowie alles im Leben.

Sie zuckte die Schultern. Meine Fresse, sag doch einfach ja oder nein!  »Ich nehme das mal als ein ‚Kannst du dir aussuchen'. Dann lass und schon mal vorgehen«, schlug ich vor, als sie nach weniger Zeit noch immer nichts weiter von sich gab. Sie nickte und wir machten uns auf den Weg nach draußen. Würden wir halt eben hier warten.

»Wann geht denn die Schule überhaupt los?«, wollte ich wissen, würde es noch gut gebrauchen können. War ja schließlich ein Vorteil zu wissen, wann die Schule anfängt. Vielleicht könnte ich ja dann in Zukunft länger schlafen, wer weiß? »Um 8 Uhr«, kam prompt die Antwort. Sofort schaute ich wieder auf meine Armbanduhr. Schon mal 7:40. Ich will nicht zu spät kommen! Wir sollten jetzt los. Gerade als ich das auch Elizabeth sagen wollte, flog die Tür schon auf und die beiden Jungen kamen eiligen Schrittes raus. Ich hatte meinen Mund jedoch schon aufgemacht und die Hand erhoben, den Zeigefinger ausgestreckt. »Okay, hat sich erledigt...« Zeldris zuckte seine Schultern und Melodias war neugierig, was ich sagen wollte. Dauernd fragte er mich, doch ich blockte ab. Jetzt war es ja auch egal.

Wir erreichten dann auch endlich mal die Schule und ich erkundigte mich nach dem Sekretariat, wo ich dann gemächlich und langsam hin ging. So konnte ich ordentlich Zeit verpassen. Meine Vorstellung würde ich auch versuchen in die Länge zu ziehen, dann werden mir sicherlich auch die anderen dankbar sein. Von Zeldris hatte ich erfahren, dass wenn ich in seine Klasse gehen würde, wir Mathe hätten. Okay, Mathe ist scheiße. Wenn ich denn wirklich in seine Klasse kommen würde, was ich auch insgeheim hoffte, würde ich alle befreien, wenn man das so nennen konnte.

Wie cool es doch wäre, mit Zeldris in eine Klasse zu gehen. Mein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig und verträumt schaute ich durch die Gegend, bewegte mich immer mehr aufs Sekretariat zu. Gleich hieß es wieder anklopfen und abwarten. Ugh, wie oft hatte ich das jetzt schon durch? Zu oft, dass ich vergessen hatte, mit zu zählen. Ich wollte das nicht. Plötzlich sträubte ich mich da an zu klopfen, mir kam die Idee in den Kopf, wieder einfach abzuhauen. Doch irgendwas hielt mich hier... Ich konnte nicht genau sagen, woran es lag, aber irgendwie wollte ich das hier doch durch ziehen. Was war bitte los mit mir?

Ohne Kontrolle über meinen Körper zu haben, formte sich meine rechte Hand zu einer Faust und klopfte sanft an der Tür. »Herein«, ertönte es von der anderen Seite. Meine Hand umfasste die Tür Klinke und drückte sie runter. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir. »Guten Morgen«, begrüßte ich die Frau vor mir. Sie erwiderte die Begrüßung auf die gleiche Weise, wie ich es getan hatte,  stand auf und ging um ihren Tisch herum, um vor mir stehen zu können. »Du bist also die Lou?« Ich nickte, hätte sogar fast salutiert. »Gut gut.« Sie besah mich zu nächst, ihre Hände waren hinter ihrem Rücken. Die schwarzen kurzen Haaren ordentlich gestylt. Wahrscheinlich noch mit extra Haarspray fixiert.

»Ja, du kommst in die 10b«, meinte sie ganz beiläufig, als sie zu ihrem Drehstuhl zurück kehrte. Es war mir zwar unangenehm, aber ich musste sie einfach fragen: »Ist ein gewisser Zeldris auch in dieser Klasse?« Sie sah von Dokumenten zu mir auf, hob eine Braue. »Ja, warum fragst du?« »Nur so«, gab ich unschuldig von mir. Danach verabschiedete ich mich von ihr und machte mich auf zu meiner neuen Klasse.

Also stand jetzt Mathe an. Igitt. Ich schlich durch die Gänge, auf der Suche nach meinem neuen Klassenraum. Auf einem kleinen Zettel, den ich zwischen meinen Daumen und meinem Zeigefinger hielt, war eine kleine 24 abgebildet. »Raum 24.. Raum 24.. Raum 24..«, murmelte ich die ganze Zeit vor mich hin. Wo ist dieser dumme Raum? Ich wollte zwar nicht Mathe haben, aber mich möglichst lange vorstellen, damit nicht nur Mathe für mich ausfällt. Vor allem Zeldris sollte sich freuen. Warum auch immer ich das wollte...

Ich konnte es mir zwar schon denken, aber wollte es nicht einsehen! Das ist doch totaler Quatsch! Ich finde ihn lediglich nur cool. Ja, genau! So und nicht anders.

Während ich so selbst mit mir redete, merkte ich gar nicht, dass ich schon an meinem Wunsch Raum ankam. Plötzlich verließ mich aller Mut, den ich zuvor hatte und ich brachte mich nur mühsam dazu an zu klopfen. Die vorher die ganze Zeit erzählende Klasse wurde still und der Lehrer forderte mich auf, rein zu kommen. Das tat ich. Sofort schauten mir viele Gesichter entgegen und ich erkannte auch Zeldris. Er saß sogar alleine, noch besser konnte es gar nicht werden! Erst im selben Zimmer, wir gingen in die selbe Klasse und ich könnte sogar vielleicht sein neuer Sitznachbar werden.

»Das ist Lou. Lou, stell dich doch bitte einmal vor.« Ich vernahm Getuschel. »Lou ist aber kein japanischer Name..«, hörte ich jemand flüstern. Das ist auch was dran.


✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt