Nachdem ich mir meinen Weg zur Klasse erkämpft hatte, sah ich mich nach Zeldris um. »Wo steckt der Idiot bloß nur?« Die Frage war an mich selbst gerichtet und meine Lautstärke hielt ich leise. Musste ja keiner mitbekommen.
Als ich ihn erblickte, musste ich mit erschrecken feststellen, dass er schon einen Sitznachbarn hatte. Besser gesagt, eine Sitznachbarin. Beinahe hätte ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckt. Das konnte doch jetzt nicht sein ernst sein! Was dachte der sich eigentlich?! Ich atmete tief ein und aus, um ruhig bleiben zu können.
Letztlich setzte ich mich an einen noch freien Tisch, da ich davon ausging, dass niemand dort saß. Zu früh gefreut. Meliodas kam herein, immer noch quatschend mit Elizabeth und einem anderen Mädchen, steuerte meinen Tisch an und seine Augen fanden verwundert zu mir. Das Fragezeichen in seinem Gesichtwar nicht zu übersehen und ich schmunzelte. »Ich hoffe, es war noch frei neben dir.« Lächelnd nickte er und setzte sich neben mich, wovor er aber noch sein Handy auf dem Tisch ablegte. Genauso eins hatte mein Vater mal. Ein Samsung Galaxy. Was genau, wusste ich nicht, aber ich tippte stark auf M10. Mein allerliebster Vater war eigentlich immer ganz zu frieden damit, hatte ihm auch gereicht.
Wenig später fing die Stunde an und ich wollte jetzt schon nicht mehr. Nichts gegen die Lehrerin persönlich, aber ihre Stimme ist so ermüdend, dass es an ein wahres Wunder grenzte, dass ich nicht einfach ein schlief. Und wenn ich schon beim schlafen war, dann sollte ich mir mal echt eine Schlafenzeit fest legen. Wahrscheinlich würde ich die sowieso nicht lange einhalten, aber was noch nicht war, konnte noch werden. Auch ein altes Sprichwort, womit ich meinen Opa zitierte. Hach ja, der liebe Opa. Was er wohl gerade so machte? Ob es ihm noch gut ging?
Aber zurück zu meinem vorherigen Thema – Schlaf. Ich vermutete eigentlich, nach diesen Schultagen ziemlich kaputt zu sein, also vielleicht war diese Schlafenszeit doch nicht ganz verwerflich, solange ich sie richtig setzte.
Mit einem Mal kam mir die Frage auf, was Yumi wohl gerade so trieb. Ich hatte mein Handy ja nicht mehr und konnte ihr dementsprechend schlecht schreiben. Hoffentlich fand sich das irgendwie noch an. Ich glaubte das zwar – wenn ich ehrlich war – eher weniger, aber es schadet nicht, darauf zu hoffen. Die Hoffnung stirbt doch bekanntlich zu letzt und es gab doch immer einen Weg für die sich gewünschte positive Lösung.
Okay, ich schweifte zu sehr ab und konzentrierte mich nicht auf das wichtige. Dabei sollte ich diese ablenkenden Gedanken mal ausstellen, ging ja gar nicht. Ich musste nämlich Zeldris stalken. Wer jetzt echt gedacht hätte, ich würde den Unterricht meinen, der sollte nochmal prüfen, ob bei ihm alles okay war.
Vielleicht ein wenig gemein, aber es war ja nur die Wahrheit.Der Mund der Lehrerin bewegte sich zwar, aber ich hörte nichts. Ich war zu sehr mit meinem Machenschaften beschäftigt. Zeldris blickte konzentriert auf sein Blatt und fing an seinen Bleistift übers Blatt zu bewegen. Zeichnet er? Interessiert reckte ich meinen Kopf nach oben, um irgendwie einen Blick zu erhaschen, da jemand zwischen uns stand. Und das wortwörtlich. Das bemerkte aber die Lehrerin und ermahnte mich, worauf ich genervt stöhnte. Die Lehrerin durchdrang mich förmlich mit ihrem ersten Blick und setzte sich auf ihren Tisch. Ab da hatte ich beschlossen, dem Unterricht doch ein wenig zu folgen. Konnte ja nicht schaden.
»Du Lena?« Ich gab ein Brummen vor mir und Meliodas' Blick klebte weiter am Blatt. »Hast du mal einen Radiergummi.« »Sicher. Warte nur kurz.« Er nickte und tat wie ihm gesagt. »Lena, hör auf zu quatschen!« Fassungslos sah mich die olle Schrulle vorne an und notierte sich was ins Klausenbuch. Dabei hat er 1. mich angesprochen und 2. nur nach einem Radiergummi gefragt... Wie mich das ansehbar nervte, regte sie wohl noch mehr auf, denn sie meinte, ich könne auch vor der Tür warten, bis die Stunde zu Ende war. Also die wird nicht meine Lieblingslehrerin. Das war beschlossen. Daran würde sich auch nichts ändern. Erst wenn sie sich ändern würde, aber das würde sie genauso wenig, wie der Sportlehrer machen.
»Du bist nicht die einzige, die sie aufm Kicker hat. Also macht dir nichts drauß«, beschwichtigte mich Meliodas. Ich hatte nicht vor, mir das zu Herzen zu nehmen. Von so einer doch nicht. Aber es war trotzdem nett von ihm, diese Informationen an mir weiter zu reichen. Ich brummte nur ein »Mhm« und machte mich wieder daran, Aufgaben zu lösen, die uns in unseren Büchern vorgegeben waren.
»Come slowly to the end«, meinte die Frau da vorne und starrte ihre Armbanduhr an. Ich starrte meine paar Sätze, die in ordentlich lesbarer Schrift auf meinem Blatt standen. Ich war noch gar nicht fertig. Noch lange nicht. In Rekordzeit versuchte ich noch so viel wie möglich zu schaffen, aber es gelang mir nicht. Und wie ich befürchtet hatte, wurde ich natürlich ran genommen. Ich las alles vor, was ich soweit hatte und starrte danach in mein Buch. Vielleicht ging's ja auch mündlich..
Sie richtete ihre Strickjacke, die schon wenige Löcher besaß, während ich irgendwie versuchte noch was zusammen zu stellen.
»Ich denke wohl kaum, das die Lösungen im Buch bei dir stehen. Es sei denn, du hast sie darein geschrieben.« Ein kleines Lachen ging durch die Klasse und ich schürzte meine Lippen. Es war mir ja schon unangenehm, doch was sollte ich tun?
»Lou ich warte!«, vermittelte mir die Blondine und ich stöhnte genervt auf. »Ja, weiter bin ich nicht gekommen.« Scheinbar war das, was sie hören wollte. Die Zucken ihrer Mundwinkel hatte ich genau gesehen, da kann mir keiner was anderes sagen.
Ich schaute mit neutralem Gesichtsausdruck rüber zu Zeldris. Seine Augen waren auf mich gerichtet und ein kleines Grinsen schlich sich auf seine Lippen, was ich mit vollem Vergnügen erwiderte. Wenigstens hob er meine Laune ein wenig, lenkte mich von dieser nervigen Frau ab, die mich jetzt schon nicht leiden konnte. Und das ruhte auf Gegenseitigkeit.
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✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )
FanfictionNie hätte Lou auch nur ansatzweise damit gerechnet, dass der Heiligschein, den diese Stadt zu Anfang trägt, eigentlich ganz unpassend war, wenn man heraus findet, was hier so für Spielchen gespielt wurden. In weitere halsbrecherische Angelegenheite...