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»Also, was wolltest du mir vorhin sagen?« Ich grinste den mir gegenübersitzenden Jungen an und packte nebenbei mein Essen aus. »Dass du bloß abwarten sollst, ich zahl's dir schon noch ein! Niemand hat das Recht, mich als dumm zu betiteln, verstanden?« Er verschränkte seine Arme vor der Brust und ich musste leise lachen. 

»Okay okay, komm runter. Ich nenn dich nicht mehr so, wenn du aufhörst, mich zu ärgern. Komplett. Verstanden?« Tatsächlich musste er erstmal überlegen, bevor er antwortete. »Beschränken wir es: Du nennst mich nur manchmal so und im Gegenzug darf ich dich weiterhin, aber eben auch nur manchmal, ärgern. Abgemacht?«

Was für ein Idiot.

Aber ich sagte dennoch zu. Immerhin brachte es ihn ja dennoch auf die Palme und gemeinerweise war das recht lustig mit an zusehen. Größtenteils zumindest.

*****

»Ehrlich, ich liebe diese gemeinsamen Spaziergänge so sehr mit dir.« Der Jungen neben mir seufzte wohlig auf, ehe er langsam einen Arm um mich legte und mich somit näher an sich ran zog. Himmel, wie sehr ich seine Nähe liebte! Warum konnten wir nicht ununterbrochen so zusammen durch die Gegend stolzieren? Mir war da auch komplett egal was andere sagten oder dachten, es zählten schließlich nur wir — Zeldris und ich; sonst keiner. Das würde auch so bleiben. »Glaub mir, ich liebe es echt auch.« Ein Lächeln stielt sich auf meine Lippen, hatte auch nicht vor wieder sofort zu gehen. Dafür genoss ich die Zeit mit Zeldris einfach viel zu sehr.

Die Atmosphäre war schön, es war angenehm ruhig und ich hatte das Gefühl, nur wir zwei waren wirklich präsent. Die Straßen waren wie leer gefegt. Nur ein einzelner Bus machte uns klar, dass es hier noch Leben gab. 

Der Sternenhimmel über uns hatte sich mittlerweile komplett gefüllt, sodass unzählige kleine Lichter von da oben auf uns herab leuchteten und neben den Straßenlaternen ein wenig Licht abgaben. Zudem tauchten sie die Atmosphäre auch in etwas Romantisches, meines Erachtens nach.

»Wäre es nicht so kalt, hätte ich dich mit auf eins der Dächer genommen. Da hat man einen ganz wunderbaren Ausblick auf die ganzen Sterne.«

Die Vorstellung gefiel mir gut. Sehr gut sogar. Wieso also musste mir die verflixte Kälte einen Strich durch die Rechnung machen? Wer weiß, wann die Sterne wieder so gut zu sehen waren und diese tolle Atmosphäre herrschte? Schließlich war nicht jeder Tag gleich. Das war zwar einerseits schade, andererseits natürlich gut. Sonst wäre es vermutlich langweilig, dabei brauchte ich es nun mal auch abwechslungsreich. 

Ich stieß einen leisen Seufzer aus und sah dabei zu, wie die ausgepustete Luft wie Rauch vor mir schwebte, als hätte sie Gestalt angenommen.

»Na wen haben wir denn da?« Mein Kopf riss rum und ich schauderte. Es lief mir eiskalt den Rücken runter und ich konnte nichts anderes tun, als stocksteif dazustehen. Zeldris hingegen zog mich gleich noch viel dichter an sich. Bedrohend sah er zu Estarossa, der grinsend auf uns zu schritt.

»Bleib da wo bist«, brachte der Schwarzhaarige knurrend hervor, was seinen Cousin auflachen ließ. »Ach wie süß, willst du die also immer noch beschützen? Ist ja süß.« Er grinste weiter. Es war ein spöttisches Grinsen, das sich auf seinen Lippen festgesetzt hatte. 

»Du bist echt ein Weichei geworden, weißt du das Zeldris?«

»Mich interessiert nicht, was du zu sagen hast. Verschwinde wieder zu deinem Drecksloch, aus dem du her gekrochen bist.« Ich merkte, wie sich der Junge neben mir anspannte. Ich war da aber nicht anders. Mein Herz raste, sodass die Angst, es springe gleich aus meiner Brust, mit jedem Atemzug stieg. Die blanke Panik war in meinem Gesicht abgezeichnet und machte sich auch dadurch bemerkbar, dass ich mich immer noch nicht recht bewegen konnte, sondern weiterhin in meiner Schockstarre gefangen war.

»Werde doch nicht gleich so ungemütlich.« Der Trottel vor uns nahm das ganze immer noch nicht Ernst. Nein, es amüsierte ihn ziemlich. 

Plötzlich flüsterte mir Zeldris zu, dass wir gleich zusammen verschwinden würden. Wäre da nicht ein Problem. Der Volldepp da vorne hatte Wind davon bekommen.

»Na na, ihr geht nirgendswohin.« Durch ein Fingerschnipsen kamen auf einmal mehre Leute auf uns zu, die uns einkreisten und eine Flucht unmöglich werden ließen. 

»Melodias konnten wir auch schon holen, so wie das Mädchen bei ihm.« Elli?! Wehe sie haben ihr was zu Leide getan, dann würden sie meine ungemütliche Seite kennen lernen! Niemand krümmte meiner besten Freundin auch nur ein Haar!

Sie waren gerade dabei, nach meinem Arm zu packen und überfielen Zeldris von hinten, als eine Gestalt die Straße ab erkennbar war. Sie hatte von der Statur her recht weibliche Züge, auch ihre Haare waren lang und gingen ihr bald bis zu Taille. Die Struktur ließ sich bis hier hin nur schwer erkennen, aber sie sahen eher glatt aus.

Moment mal! Ist das nicht Yumi?! Was macht sie denn hier? Warum ist sie zu solch einer Uhrzeit noch draußen?

So viele Fragen schwirrten mir im Kopf, während sie langsam auf uns zu kam. Als sie das Licht der Laternen erreicht hatte, sah ich sie klar und deutlich, dabei hielt sie viel Abstand zu Estarossa ein.

»Wer ist das denn jetzt schon wieder?«, murrend verdrehte der Griesgram die Augen, als ihm schon ein Stein an den Kopf flog. Angestrengt musste Zeldris, ich und die Leute um uns herum, die uns mittlerweile gefangen genommen und unsere Hände hinter unserem Rücken zusammen gebunden hatten, ein Lachen verkneifen.

»Na du Opi, reicht ein Stein nicht, um die Birne an zu kriegen?« Frech grinste Yumi ihm entgegen, war sich offensichtlich der Gefahr nicht bewusst. Verdammt, sie musste aufhören!

»Yumi, lass es lieber und lau—«, weiter kam ich gar nicht, da mir der Mund auch schon gestopft wurde — naja, wohl eher zu geklebt. Trotz dessen versuchte ich mein Glück weiter, Yumi durch meine Worte zum Laufen zu bringen, doch raus kamen nur vernuschelte Wörter, die mehr als nur undeutlich waren. Verdammt.

Anstatt auf mich einzugehen warf sie eine zweiten Stein nach Estarossa, der wieder seinen Kopf traf — knapp übers Auge.

»Du kleines Miststück! Na warte, bis ich dich kriege!«, knurrte er sauer und schaute zu seinen Leuten. »Na los, worauf wartet hier?! Verdammt, schnappt sich euch!«

Noch während seine Worte an Yumi gerichtet waren und er sie auch beleidigte, nahm der Blondschopf endlich die Beine in die Hand und lief weg. Ihr Nachteil: sie hatte vermutlich keine Ahnung, wo sie hin konnte. Sie kannte sich ja eigentlich kaum aus. Da einzige, was ich tun konnte, was zu hoffen, sie würde entkommen.

Die meisten seiner Leute rannten ihr gleich nach seiner Anweisung hinterher, sodass sie einen einzigen Vorsprung hatte, doch wie es aussah nicht von Dauer. Denn sie waren schnell. Wirklich schnell.

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Jetzt haben wir wohl den 🥗

✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt