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»Ja, also mein Name ist Lou, aber das wurde ja jetzt schon oft genug genannt. Ja, ich bin 15 und komme nicht aus Japan. Deswegen auch mein anders klingender Name. Für die's interessiert: ich komme ursprünglich aus Deutschland. Alles andere kann euch egal sein, ihr werdet ja sehen, was ich mag und was nicht. Fertig.«

Danach wurde ich aufgefordert, mich zu setzen. Da der Lehrer nicht sagte, wohin, setzte ich mich einfach neben Zeldris. »Hier war doch frei, oder?«, fragte ich anschließend und unterdrückte frech zu grinsen. »Naja, jetzt nicht mehr.« Ich erntete tödliche Blicke von anderen Mädels. Scheinbar war er sehr beliebt, gerade in der Frauenwelt. Läuft bei ihm.

Mein Plan das ganze solange wie möglich hinaus zu zögern, war gefailed. Aber es war mir egal. Vielleicht war's ja nicht ganz so schlimm. »So Lou. Vielleicht hast du's schon mitbekommen, aber wir haben jetzt Mathe. Leider habe ich dein Mathe Buch gerade nicht bereit liegend, weshalb du mit in Zeldris' schauen musst. Da ist nämlich jetzt eure Aufgabe drin. Ich hab alles bereits an die Tafel geschrieben und werde jetzt Lous Mathe und Physik Buch holen, damit sie das schon mal bereit hat. Ihr verhaltet euch solange still! Und außerdem: seid nett zu Lou.« Schon verschwand die Lehrerin. Jetzt übernahm sie selbst das verzögern. Mehr oder weniger. »Wir haben auch Physik mit ihr«, erklärte Zeldris mir leise, woraufhin ich nur stumm nicken konnte.

Zeldris klappte das Buch auf und ich rückte näher zu ihm, um einen besseren Ausblick ins Buch ergattern zu können. Das sah leicht aus. Aber das war's nicht.

Besonders als ich zu Zeldris Ergebnissen gelinst hatte. Unsere Unterschieden sich richtig und ich nahm an, dass er gut in der Schule war. »Willst du abgucken?«, fragte er, als er mein schielendes Auge bemerkte. »Nein, nur vergleichen«, kicherte ich, woraufhin Zeldris die Augen verdrehte.

»Du solltest lernen, die Aufgaben alleine zu lösen. Ich sitz nicht immer neben dir und in Tests bist du auf dich alleine gestellt«, es folgt ein Vortrag darüber, warum ich das alleine können musste. Danke, diese Zeit hätte ich auch anders nutzen können. Aber seine Stimme zu hören war schön. Ich musste mir eingestehen, dass ich sie wirklich schön fand, diesen Klang. Und ich mochte es auch, ihr zuzuhören. Was heißt mögen? Ich liebte es! Und das, obwohl wir uns erst seit zwei Tagen kannten... Super Lou! Verlieb dich doch gleich in ihn, regte ich mich in Gedanken aufgebracht über mich selbst auf.

Ich rutschte wieder auf meine Seite und starrte mein wenig voll beschriebenes Blatt an. Die Aufgaben im Buch verwirrten mich echt und sie sahen nicht so aus, als wären die für Anfänger. Wahrscheinlich hatten sie das Thema schon etwas länger. Am besten schrieben sie noch ein Test dazu, damit ich gleich mit einer schlechten Note einsteige! Das wär's ja.

»Was haben wir eigentlich nach Mathe?«, fragte ich Zeldris neugierig. »Sport«, kam es knapp von ihm. Er wirkte sehr konzentriert. Ich hatte das Bedürfnis, ihn ein wenig zu ärgern, obwohl es schon gemein von mir wäre. Vielleicht weil ich mich selbst nicht konzentrieren konnte. Ach keine Ahnung. War ja im Endeffekt egal. Ich ließ ihn auch in Ruhe. Er hatte echt großes Glück, denn normalerweise ließ ich nie jemanden in Ruhe, wenn der Drang bestand, mein ausgesuchtes Opfer zu ärgern.

Unsere Lehrerin kam dann auch mal wieder und entschuldigte sich, dass sie so lange gebraucht hatte. Doch es hat keinen gestört. Danach lobte sie uns, dass wir so ruhig geblieben waren. Ich staunte auch nicht schlecht. In den sonstigen Schulen, in denen ich bereits war, war die Klasse dann jedes Mal nur noch lauter als vorher.

Nachdem die Stunde dann zu Ende war, wechselten wir zu Sport. Da ich das aber nicht vorher gewusst hatte, hatte ich mir auch kein Sportzeug mitgenommen, wobei ich das als nicht schlimm empfand. Sport war sowieso scheiße, brauchte ich eh nicht. Mathe war in meinen Augen zum größten Teil auch recht sinnlos. Anstatt zu lernen, wie man Steuern oder so berechnet, lernten wir nur Zeug, was man doch eh nicht später brauchte. Ätzend.

Der Lehrer ließ uns alle in die Halle und sofort erklärte ich ihm meine Lage und durfte schon richtig rein, wo ich mich sofort auf einer Bank nieder ließ. Schade, dass ich ausgerechnet jetzt mein Handy nicht dabei hatte. Das war wirklich bedauerlich. Aus diesem Grund musterte ich auch die übergroße Turnhalle, bevor die anderen alle rein kamen. Schon wieder lagen fast alle Augen auf mir. Auch die von Zeldris.

Der Sportlehrer kam herein und zog sich einen Hocker mit, worauf er sich hin setzte. Er schaute in die Runde, bis sein Blick, wie bei allen anderen, bei mir hängen blieb. Das war mir auch ehrlich gesagt unangenehm.

»Lou, du guckst heute erstmal nur zu«, lachte er dann und wendete sein Blick von mir ab. Viele taten es ihm nach und er erklärte, was zu tun war. Da ich nicht mit machen musste, interessierte es mich nicht sonderlich und trotzdem bekam ich mit, wie die Jungs irgendwas auf bauen sollten. Hochsprung oder so. Keine Ahnung.

Mein Kopf drehte sich wie automatisch in Zeldris Richtung, als er sich erhob und in Bewegung setzte. Als er bei mir vorbei kam, hinterließ er einen frischen Windzug und Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus. Er schaute nicht mal zurück, bemerkte in keinsterweise, was er mit mir antat. Meine Kinnlade muss wohl ein wenig aufgeklappt sein, den einige der Junge fingen an zu lachen, während ihre Augen auf mich gerichtet waren. Daraufhin fing ich mich wieder und pöbelte sie an, was das soll. Sie lachten schulterzuckend weiter, wurden dann aber vom aufgebrachten Lehrer angeschissen, was das denn soll. Einfach mich auslachen und dabei die Arbeit vergessen, so in etwa seine Worte. Schadenfroh grinste ich ihnen hinterher, kassierte aber dann einen bösen Blick vom Lehrer. Er war mir jetzt schon unsympathisch und ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass sich das ändern würde.

Nachdem der alte Sack seinen Blick dann auch endlich wieder von mir nahm, spürte ich die aufkommende Lust, Zeldris bei – was auch immer er jetzt machte – zu zu sehen und ihn für seine tolle Arbeit zu loben. Nachdem meine Augen die Turnhalle abgesucht hatten, fand ich ihn im Sportgeräteraum wieder. Er und andere Jungen – unter anderem auch Meliodias – bauten alles für Hochsprung auf. Ich hatte also recht behalten und mich nicht verhört. Gut so. Wie von selbst stand ich auf und meine Beine brachten mich zu Zeldris. Ohne es willentlich zu wollen, fragte ich ihn, ob ich ihm irgendwie zur Hilfe gehen könnte. Die anderen Jungs lachten und Zeldris schüttelte mit ernstem Gesichtsausdruck den Kopf. Meliodias' Augen funkelten, doch ich zischte schon wieder ab. Das konnte ja noch ganz interessant werden, wie ich empfand.

Die Mädchen durften sich anderweitig beschäftigen, sollten nicht mit den Jungs zusammen springen. Somit wurde vermieden, dass es zu unangenehmen Komplikationen kam. Schlau mit gedacht, Herr Lehrer, dessen Name ich vergessen hatte. Aber war doch nicht schlimm, oder? Ich bin schließlich noch die Neue und kann mir sowas noch erlauben. Ich müsste ihn ja doch eh nie bei seinem Namen ansprechen, da war ich mir sicher. Doch sollte ich recht behalten?


✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt