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Der Schock saß noch immer tief in meinen Knochen und hielt mich fest, drückte meine Beine tief in die Matratze, sodass ich nicht mal auf die Idee kam, aufzustehen und den beiden nach zu laufen.


Was war in ihnen gefahren?

Diese Frage schwirrte mir noch später in meinem Kopf, nachdem einer der Betreuer zu mir kam und mit mir reden wollten. Er hatte mir bewusst nichts von den Zuständen der beiden erzählt; ich wusste, dass er mich nicht anlügen wollte. Und genauso wusste ich, dass es scheinbar nicht gut um die beiden stand. Stattdessen versuchte er immer wieder andere Themen einzuspielen, um mich ja abzulenken. Er wollte nicht zu lassen, dass ich auch nur einen Gedanken an das ganze verschwendete.

Ich versuchte trotzdem, irgendwie Informationen zu ergattern, die auch hilfreich wären und mich im besten falle auch beruhigen würden. Doch nix da. der Betreuer mit dem Namen Luke hatte eine undurchbrechbare Mauer aufgebaut, die ich auch nicht überwinden konnte, in dem ich versuchte rüber zu klettern und gezielt nicht direkt nach fragte, sondern versuchte ihn etwas auszutricksen. Der Mann war einfach auf alles vorbereitet, als hätte er das komplett einstudiert. Langsam kam es mir wirklich so vor als hätte er das vorher mit den anderen geübt, aber vielleicht war er einfach nur intelligent genug, um das zu merken. Das könnte sogar sehr gut hinkommen, so kam er mir zumindest rüber. Er war ein sehr ruhiger Typ, mit einer angenehm tiefen Stimme und einem kleinen Bart, der wieder anfing zu sprießen. Scheinbar rasierte er den gerne mal, anstatt ihn lang wachsen zu lassen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich nicht behaupten, er sei streng. Zwar machte er erst nicht den Anschein danach, wenn man mit ihm ins Gespräch kam, doch das täuschte. Er strahlte zwar eine ruhige Aura aus, die es nicht wagen würde, die Stimme zu erheben und uns mal in die Schranken zu weisen, doch wenn es darauf ankam, war er's trotzdem. Ich hatte zwar noch nicht die Erfahrung damit machen müssen, doch ich hab es trotzdem schon malbekommen. Mehr als nur einmal. In solchen Momenten wünschte man sich wirklich, nicht in der eigenen Haut zu stecken; wenn man denn das Pech hatte, Begegnung mit seiner strengen Seite zu haben. Selbst ich bin dabei immer kurz zusammen gezuckt. Bei ihm kam es aber auch immer recht unerwartet, er war da unberechenbar. Selbst ein Junge Namens Tadashi, der nun hier seit ungefähren fünf Jahren fest saß und oft mit Luke zu tun hatte, konnte nie genau sagen, wann bei ihm die Nerven rissen und er einsprang. 

»Übrigens, Elizabeth hatte nach dir gefragt. Wäre es okay für dich, wenn ich sie holen gehe?« Er schaute fragend zu mir und lächelte leicht, wollte mich wieder aufmuntern und ich nickte nur leicht, was ihn dazu verleitete aufzustehen. Er drehte sich and er Tür angekommen nochmal kurz zu mir und seufzte etwas. »Das Chaos hier tut mir Leid für dich, Lou. Wir werden dafür sorgen, dass du sowas nicht mehr mitbekommen musst, das versprech ich dir.« Sie wussten, wie ich zu den beiden stehe. Sie hatten mitbekommen, wie sehr ich die beiden — vor allem Zeldris — ins Herz geschlossen hatte. Zudem hatte Rubin mal aus versehen von einer Schwärmerei über Zeldris mitbekommen, da ich etwas zu laut war. Oder alles andere um uns herum einfach zu leise — das war wohl Ansichtssache. 

Mir war auch klar, was sie vorhatten. Sie wollten uns Trennen; zumindest von den Zimmern her. Dabei wollte ich das gar nicht. Klar, es war nicht immer alles toll hier zwischen uns, aber genauso wie negative gab es schon viel mehr positive Ereignisse zwischen uns. Doch ich wusste, dass sie trotz meinen Willen dagegen ihr Ding durchziehen würden. Ich musste ihnen das irgendwie widerlegen, doch hatte ich noch gar keinen Plan, wie ich das anstellen sollte. Verzweifelt zwang ich mich dazu, nach zu denken, um einen Plan aushecken zu können, doch es passierte nichts. Unter diesen Druck, den ich mir selbst machte, erst recht nicht. ich brauchte Ruhe; innere Ruhe. Innerlich war ich einfach zu sehr aufgewühlt, das klare Denken wurde mir somit verhindert, da meine Gedanken immer nur um das selbe kreisten. Um dieses Szenario. Dieses Ereignis hatte sich in mein Kopf fest gebrannt, hatte Fragen mit sich aufgewühlt, die mich wahnsinnig machten, da ich keine Antwort darauf finden konnte.

Vielleicht sollte ich mal nach ihnen schauen gehen, ob alles in Ordnung war. Ich musste einfach wissen, dass es Zeldris gut ging, um ihn machte ich mir einfach am meisten Sorgen. Ihn hatte es vermutlich auch schwerer erwischt.

Mit zittrigen Beinen schaffte ich es langsam aufzustehen. Die anderen waren mir in dem Moment einfach zweitrangig, ich wollte einfach zu meinen Zeldris und mich vergewissern, dass es ihm gut war, dass er noch lebte. Denn mit keinem Wort hatte Luke irgendwas darüber erwähnt. Zwar sahen die Verletzungen nicht groß aus, doch wer sagte denn, dass sie aufgehört hatten sich zu bekriegen, nur weil sie das Zimmer verlassen hatten?

Ich wollte nicht mehr weiter drüber nachdenken. Ich quälte mich nur selbst weiter mit dieser Unwissenheit. Statt weiter zu denken, sollte ich handeln. Und genau das würde ich tun, genau jetzt! Deswegen bewegte ich mich auch langsam auf die Tür zu. Noch war keiner zu sehen oder zu hören. Ich hatte freie Bahn.

Zeldris, verdammt ich komme, sei mir ja am leben!


✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt