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Kaum hatten wir das Gebäude verlassen, startete Zeldris einen Versuch nach meiner Hand zu greifen, doch sein Griff landete ins Lehrer. Genau dann hob ich nämlich meine Hand, um mir Strähnen, die mir der Wind ins Gesicht wehte, weg zu streichen. Er sah etwas enttäuscht aus, was mich leicht grinsen ließ. Es war schließlich schon irgendwie süß und das kannte man eben von dem lieben Herzensbrecher nicht.

Elizabeth hatte mir mal erzählt, dass er zu den beliebtesten Jungen der Schule gehörte und somit auch viele weibliche Verehrer hatte, die er aber bisher ohne Mitleid Körbe gegeben hatte. Und ich gehörte zu ihnen, auch wenn die Chancen trotzdem noch gut für mich standen. Und er mir nach wie vor etwas verschwieg, was ich noch immer nicht raus finden konnte. Das liebe Kerlchen verschwieg mir so einiges und so langsam wurde es Zeit, endlich mal damit auszupacken. Er ließ mich schon lange genug im Dunkeln tappen.

»Sag mal Zel«, fing ich ruhig an, wollte ihn nicht direkt verunsichern, ging auch ein Stückchen näher an ihn ran und war diesmal die Jenige, die nach seiner Hand griff, was ihn leicht lächeln ließ. Binnen Sekunden verschränkte er doch tatsächlich unsere Finger ineinander und schien plötzlich so entspannt, so beruhigt. Elizabeth meinte mal, dass ich eine sehr beruhigende Wirkung auf ihn hätte, wovon ich mir selbst öfter schon ein Bild machen konnte. Ich mein, ich beruhigte mich ja teilweise auch — zumindest äußerlich. Innerlich fuhren meine Gefühle Achterbahn und die Schmetterlinge trieben das ganze an, während die Glücklichkeit in mir das Negative aus den Wagons stieß, dass sie diesen Moment lang verdrängt waren und mich lediglich positive Gefühle begleiteten. Ich fühlte mich bei ihm so geborgen und er war mir so komisch vertraut, dass es schon gruselig war - vor allem wenn man bedachte, wie lange wir uns gerade mal kannten. Es war, als würde er mir das Gefühl der Einsamkeit für die ewig nehmen - als wäre ich nie allein, da er immer bei mir wäre und wenn's nur im Herzen war. Genau, im Herzen würde ich ihn immer tragen — ganz gleich, ob sich die Ereignisse verwirklichten, die sich lediglich als Missverständnisse heraus gestellt hatten. 

Seine Augen wanderten zu mir rüber und er musterte ein wenig mein Seitenprofil, ehe er nur leicht nickte, als Zeichen dafür, dass ich weiter fahren sollte. »Ich hab das Gefühl, du verschweigst mir da eine Sache, was Yumi angeht«, fuhr ich letztlich fort und sah zu ihm rüber, um meine Analyse über seine Körpersprache beginnen zu können. Vielleicht verriet er mir so etwas. Doch es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, da mich seine Nähe ganz durcheinander brachte und das unsere Hände so vereint waren, machte es auch nicht gerade besser. Scheinbar wusste er das schon, denn als er plötzlich etwas unsicher durch die Gegend starrte, begann er damit, mit seinen Daumen sanft über meine Haut zu fahren, was mich ziemlich ablenkte. Ich schaffte es nicht mal, meinen Blick von unseren Händen zu nehmen. Dieses Gefühl, was er bei dieser zarten Berührung auslöste, war unbeschreiblich schön. Dieses angenehme Kribbeln - es war wie ein Feuerwerk unter meiner Haut. Die Achterbahn meiner Gefühle ging dadurch auch steil bergauf, angetrieben von den so genannten Schmetterlinge, die noch so ganz nebenbei Purzelbäumchen schlugen.

Warum machte er mich bloß nur so schwach? 

Er erwiderte auch nichts, sondern machte einfach mit seiner Tätigkeit weiter. Er wollte wohl wirklich nicht, dass ich was heraus finde, das machte das ganze einfach nur umso interessanter und umso mehr wollte ich es wissen. Bloß wusste ich nicht, wie ich das aus ihn heraus quetschen sollte, wenn er wusste, wie er mich durcheinander bringen konnte.

»Weißt du Lou, ich hab dich wirklich gern.« Zwar bekam ich nicht meine erhofften Informationen, als er anfing zu sprechen, doch ließen mich seine Worte trotzdem lächeln. »Und um ehrlich zu sein, tut es mir auch weh zu sehen, wie sauer du werden kannst, wenn ich Yumi irgendwie runter mache.« Dieser Satz brachte eine gewisse Verwirrung in mir auf und schien  mir auch etwas unlogisch. »Und wieso tust du's dann?« Um das Ganze zu unterstreiche, hob ich skeptisch eine Augenbraue und er seufzte, ehe er ein kaum hörbares »Nicht hier« murmelte und ich konnte es nicht unterlassen, meinen Blick unauffällig etwas schweifen zu lassen. War das echt so eine große Sache? Um ehrlich zu sein, beängstigte mich das Ganze als Gesamtpaket etwas. Jedoch nickte ich etwas, fragte auch gar nicht weiter nach, sondern ging still weiter mit ihm. »Ich erzähl es dir bald, hab noch etwas Geduld.« Eine ungenaue Zeitangabe, die mir trotzdem zu verstehen gab, dass ich es weder heute noch morgen erfahren würde. Unwahrscheinlicher Weise auch schon die nächsten Tage. Wieder nickte ich einfach nur, wusste gar nicht, was ich groß darauf antworten sollte. 

✧ 𝐋𝐈𝐄𝐁𝐄𝐒 𝐂𝐇𝐀𝐎𝐒; zeldris ( √ )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt