Kapitel 3

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Es ist nun kurz vor fünf Uhr und ich stehe schon seit einigen Minuten vor seiner Haustür. Ich bin mir nicht sicher ob ich wirklich anklopfen soll oder doch lieber nach Hause gehen soll. Gerade als ich mich umdrehen und gehen will, wurde die Tür aufgemacht. ,,Wie lange willst du da noch so rumstehen? Ich beobachte dich schon drei Minuten lang vom Fenster aus." Meine Wangen wurden augenblicklich heiß und ich schaue wieder zu Boden. Damiano lässt mich eintreten und nimmt mir meine Jacke ab. Er hängt sie auf einen Kleiderständer und geht dann die Treppen hoch. Als wir anscheinend in seinem Zimmer angekommen sind, setzt sich Damian auf den Schreibtischsessel. Für mich hat er schon einen normalen Stuhl hingestellt. Ich sehe mich ein wenig um bevor ich mich neben ihn setze. Sein Zimmer war total aufgeräumt. Es lag weder eine Spielkonsole am Boden herum, noch Wäsche. Ich bin beeindruckt. Seine Bättwäsche ist ganz dunkel blau. Die Wände sind in einem schönen weiß gestrichen. Neben dem aufgeräumten Schreibtisch ist eine Tür die wahrscheinlich hinaus zu einem Balkon führt.

,,Okay... du bist in meinem Haus das heißt es gelten meine Regeln, verstanden?" Unsicher nicke ich. ,,Wir lernen so lange ich möchte, auch wenn du keine Lust mehr darauf hast. Und du hörst mir genau zu wenn ich dir etwas erkläre, du jammerst nicht und bekommst auch keine Nervenzusammenbrüche wenn du etwas nicht auf anhieb kannst, verstanden?" Wieder nicke ich. Verdammt, was Mathe angeht jammer ich total gerne und meine Nerven gehen auch manchmal mit mir durch. Als er dann nichts mehr dazu sagt, hole ich einfach meine Sachen aus meinem Rucksack und lege sie auf dem Tisch auf. Ich schlage das Buch bei der Integralrechnung auf und lege mir einen Kugelschreiber neben meinen Block.

Damian und ich lernen schon seit zwei Stunden und so richtig gecheckt habe ich das ganze immer noch nicht. ,,Okay stopp. Mit dir bekomme ich jetzt schon graue Haare. Wir machen eine Pause." Er seufzt und geht auf seinen Balkon. Unsicher was ich jetzt machen soll, folge ich ihm einfach. Er stand da mit einer Zigarette in der Hand und Falten auf der Stirn. Ich wusste, dass er raucht. Das weiß jeder. ,,Wieso rauchst du eigentlich? Dadurch wirst du mit 40 schon ausschauen wie andere mit 50." Er bläst den Rauch aus seiner Lunge und kommt auf mich zu. ,,Anfangs war es nur beim Feiern und mittlerweile bringt es mich runter, wenn ich Stress habe oder mit etwas zum Kopf steigt. Es ist mir egal wie ich mit 40 aussehen werde." Das ist eine der Standard Aussagen jeden Rauchers. Es entspannt. Angeblich zumindest. Ich selber habe noch nie auch nur einen Zug von einer Zigarette genommen. ,,Ist es dir zu anstrengend mit mir zu lernen? Ich kann verstehen, dass du vielleicht nicht mehr mit mir lernen möchtest. Ich kann auch einfach nach Hause gehen." Auf seinem Balkon ohne Jacke war es relativ kalt. Ich verschränke meine Arme vor meiner Brust und starre ihn an. Sein Gesicht ist makellos. Er hat keinen einzigen Pickel. Das einzige was ich in seinem Gesicht finden kann, was nicht normal ist, ist eine Narbe direkt über seiner Augenbraue. Wie kann man nur so perfekt sein?

,,Halt die Klappe und mach das nächste Beispiel, ich kontrolliere es dann." Verwirrt über seine Wortwahl gehe ich wieder in sein Zimmer und verusche die nächste Aufgabe zu erledigen.
Wieder lernten wir eine Stunde und ich bin mittlerweile wirklich müde. Der Tag ist anstrengend gewesen und ich möchte einfach nur schlafen. ,,Können wir aufhören? Ich kann nicht mehr. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er jeden Moment explodieren." Jammere ich und Damian schaut mich streng an. ,,Habe ich nicht gesagt ich dulde kein jammern? Außerdem sage ich wann wir genug gelernt haben." Ich sage doch, diese Person mach mir Angst. Meine Finger zittern schon wieder und ich fühle mich unwohl. ,,Aber ja, von mir aus darfst du zusammen packen." Schnell packe ich meine sieben Sachen zusammen bevor er es sich ander überlegt und stopfe alles in meinen Rucksack. Plötzlich klopft es an der Tür und ein kleiner Junge kommt herein. ,,Mama lässt fragen ob deine Freundin zum Essen bleibt?" Äh... Freundin? Mit großen Augen starre ich den kleinen an. ,,Theo... sie bleibt nicht zum Essen. Mia wollte gerde gehen." Der kleine Junge nickt und schließt wieder die Tür. ,,Ich wusste gar nicht, dass du Geschwister hast." Stelle ich fest und schaue Damian an. ,,Es gibt vieles, dass du nicht über mich weißt." war das einzige was er dazu sagt. Ich nicke.

Wir schweigen uns eine Weile an, bis sich Damian auf sein Bett fallen lässt und mich anstarrt. ,,Hast du eigentlich Geschwister?" fragt er mich. Seuzend lasse ich mich wieder auf den Stuhl nieder, wo ich die letzten drei Stunden drauf gesessen habe. ,,Nein... ich bin ein Einzelkind." Mein Mitschüler lächelt. ,,Es muss schön als Einzelkind sein. Deine Eltern schenken dir ihre ganze Aufmerksamkeit und man wird von hinten bis vorne mit den tollsten Sachen verwöhnt." Sein überhebliches Grinsen entgeht mir nicht. Er hat keine Ahnung wie es ist mit einer Stiefmutter aufzuwachsen. Wie einsam ich mich fühle, wenn mein Dad arbeiten ist. Er sieht nur das, was er sehen möchte und was er glaubt zu wissen. ,,Nein. Ich bin die meiste Zeit alleine zu Hause. Ich habe keine große Schwester oder einen großen Bruder bei dem ich mich ausheulen kann. Ich kann niemandem erzählen wenn es mir schlecht geht oder ich hilfe brauche. Ich musste früher immer alleine spielen. Du weißt nicht wie meine Realität aussieht." Und zu allem Übel starb auch noch meine Mum, aber das muss er ja nicht wissen. Die Wharheit ist schrecklich. Meine Mum hat früher alles getan um mich glücklich zu machen. Sie spielte stundenlange mit mir. Als sie plötzlich weg war hatte ich nur noch meinen Dad. Claus verbringt die meiste Zeit damit zu arbeiten. Susan, meine Stiefmutter arbeitet vormittags als Kellnerin in einem Lokal in der Innenstadt. Das einzige was sie tut ist, mir neue Regeln aufzustellen an die ich mich halten muss und mir immer wieder Sachen verbietet.

Ich seufze. ,,Theo ist mein kleiner Bruder. Ich habe auch einen ältern, er heißt Max. Er ist mittlerweile schon 23 Jahre alt. Er studiert Englisch und Mathematik um Professor zu werden." Ungläubig schaue ich ihn an. Will er mich verarschen? Wie talentiert ist diese Familie? Damian kann Mathe perfekt und sein Bruder wird genau dieses Fach in ein paar Jahren an einer Schule unterrichten. Unfähig etwas zu sagen nicke ich nur.

,,Ich sollte dann gehen." unterbreche ich wieder die Stille. ,,Klar, ich bring dich zu Tür." Gemeinsam gehen wir die Stiegen hinunter. ,,Damian! Essen ist fertig!" höre ich wahrscheinlich seine Mum aus der Küche rufen. Von ihm kommt nur ein brummen. ,,Einen Moment." schreit er noch zurück. Vor der Haustür ziehe ich mir meine Schuhe und Jacke wieder an. Den Rucksack werfe ich mir über meine Schultern. ,,Oh, hallo." spricht eine weibliche Stimme plötzlich hinter mir. Erschrocken drehe ich mich um. Eine wunderschöne braunhaarige Frau steht vor mir. Ich nehme an, dass es Damians Mum ist. ,,Hallo, ich bin Mia, eine Schulkollegin von Damian." stelle ich mich höflich vor und gebe der Frau meine Hand zur Begrüßung. ,,Oh... Damian nimmt normalerweise nicht oft Freundinnen mit nach Hause. Ich bin übrigens Barbara, seine Mama." lächelt sie. Barbara scheint ein toller Mench zu sein. ,,Mum... bitte. Sie war da, weil ich ihr Nachhillfe gebe." stöhnt ihr Sohn. ,,Und jetzt muss Mia gehen, tschau Mia." Er dreht sich zu mir um und schiebt mich quasi vor die Eingangstür hinaus. Anscheinend ist es ihm unangenehm, wenn seine Mum so mit mir redet. ,,Äh... ja danke für's helfen." sage ich noch schnell bevor er die Tür wieder zu schlägt. Während ich nach Hause laufe lasse ich die Zeit mit Damian Revue, in meinem Kopf passieren.

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1296 Wörter

Update: 22:45, 14.12. 2019

übrearbeitet: 28.01.2020

Nachhilfe von einem Bad boy (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt