Gedanken

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Das Einkaufen war schnell erledigt gewesen, es war ein kleiner Laden ein paar Straßen entfernt von meinem Haus und die Auswahl war überschaubar, die Besitzerin, eine ältere Dame, wirkte dafür besonders lieb. So ein Kleinstadtleben muss eben auch Vorteile haben, in einer Großstadt ähnelten die Supermärkte eher Lagerhallen und in den zahlreichen Gängen verlor man schnell den Überblick und irrte ewig lange herum. Die ältere Dame hingegen hatte es tatsächlich geschafft meine Laune etwas aufzubessern. Als ich nun zuhause war und eigentlich Hausaufgaben erledigen sollte, konnte ich mich einfach nicht aufraffen. Ich klappte frustriert das Mathebuch zusammen, Mathe hatte ich schon in Deutschland nicht verstanden und mich nur mit Mühe und Not durchgekämpft. Meine Gedanken schweiften erneut ab, was war bloß mit diesen Leuten los, klar war ich froh, dass ich mehr oder weniger Anschluss gefunden hatte, aber sowohl die Cullens als auch die LaPush Jungs waren enorm aufdringlich und irgendwie anhänglich. Sie wirkten fast schon rivalisierend, aber eine Gang, das konnte ich mir bei den Cullens wahrlich nicht vorstellen. Dazu wirkten sie meistens zu höflich und zurückhaltend, bei Paul und Embry konnte ich es mir widerum vorstellen, sie waren aufbrausend und direkt. Aber Jasper war ja auch nicht wirklich zurückhaltend gewesen als er mich "entführt" hatte. Bei dem Gedanken musste ich schnauben und blickte zu meinem Handgelenk, es war schon etwas abgeschwollen, vermutlich war es nur verstaucht. Ich schüttelte den Kopf als könnte ich dadurch die Gedanken loswerden, vielleicht half es mir spazieren zu gehen, um den Kopf frei zu kriegen. Ich blickte nach draußen und nahm erfreut wahr, dass es zwar bewölkt war, aber nicht regnete. Ich schnappte mir meine Autoschlüssel, schaltete mein Navi auf dem Handy ein und gab nur "La Push" ein. Ich zog die Karte auf dem Display etwas weiter, bis ich einen Abschnitt ausmachte, der wie ein Strand aussah. Ich gab die Stelle als Ziel ein, schnappte mir noch eine Flasche Wasser, meine Kopfhörer und einen Regenschirm und stampfte zum Auto.

Als ich bei besagter Stelle ankam stellte ich meinen Wagen am Straßenrand ab. Es hatte leicht angefangen zu nieseln, was mich allerdings nicht groß störte, da ich ja in weiser Voraussicht meinen Schirm eingepackt hatte. Als ich die frische Luft einsog fühlte ich mich direkt ein bisschen besser. Ich lief langsam am Strand entlang und lauschte über meine Kopfhörer leiser Klaviermusik. Eigentlich nicht ganz mein Geschmack, aber manchmal tat dies zur Entspannung gut. Der Strand war komplett verlassen, ich war die Einzige die hier draußen beim wieder mehr werdenden Regen spazieren zu gehen schien. Nach einer Weile blieb ich stehen und blickte auf das Meer. Es war aufgewühlt und Wellen peitschten kreuzartig gegeneinander wie in einem wilden Kampf. Überall auf dem Wasser bildeten sich Schaumkronen. Ich musste leicht lächeln, der Anblick entspannte mich und das Wasser erinnerte mich an mein Inneres. Als ich es satt hatte nur herumzustehen setzte ich mich auf einen Felsen, der zwar nass war, aber das ignorierte ich.

Vielleicht hatte ich Mike und Jessica auch Unrecht getan. Eine sehr negative Eigenschaft von mir, ich urteilte schnell. Sicherlich wäre ich nicht so anders, wenn ich in einem Dorf aufgewachsen wäre, in dem einfach nie irgendetwas passiert. Und Mike war  zwar auch aufdringlich, aber auf eine andere Art und Weise als Jasper oder Paul. Mike schien in mich vernarrt zu sein. Jasper und Paul hatten dahingegen eher etwas bestimmendes an sich, beschützerisch aber bestimmend. Und ich wusste warum sie mich faszinierten, denn so stark wie ich immer tat, so kaputt war ich im Inneren. Ich wollte immer stark sein und bloß keine Schwäche zeigen, aber eigentlich wollte ich doch nur, dass mich jemand beschützt und auch ich mal schwach sein darf. Ich legte meine Stirn in Falten bei dem Gedanken, ich mochte ihn nicht, aber dennoch war es ein durchaus ehrlicher Gedanke. Schwäche zeigen, verletzlich sein, das hatte man mir nie erlaubt. Man muss perfekt sein, dass hatte ich gelernt. Und ich hasste den Gedanken von Perfektion, weshalb mir auch die Cullens irgendwie negativ aufstießen, obgleich sie nichts dafür konnten. Sie wirkten so makellos und unfehlbar. Ich atmete tief durch. Meine Unausgeglichenheit konnte ich zwar auf die Situation zurückführen, dass ich komplett alleine in eine neue Stadt auf einem neuen Kontinent gezogen war, aber dennoch sollte sie nicht alles entschuldigen. Daher nahm ich mir vor geduldiger mit Mike zu sein und auch mit Jessica. Und gegen Angela und Eric hatte ich ja auch eigentlich nichts, ich sollte ihnen eine Chance geben, schließlich schienen sie normaler zu sein als die Cullens oder Paul und seine Freunde.

Die Deutsche in Forks (Twilight, Jasper Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt