Einzelgänger

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Selbstsicher aber abweisend lief ich die Schulflure entlang, die Musik dröhnte in meinen Ohren und die Schüler schienen mir mehr den je zu sein. Man wie viele Schüler hat dieses Kaff?  Fragte ich mich und sah mich genervt um. Als mein Blick dabei auf Edward traf sank meine Laune unweigerlich mehr, er runzelte die Stirn, doch ich wendete meinen Blick schnell ab. Ich öffnete den Spind und stellte meinen Rucksack hinein, nur um kurz darauf einen Stift, eine Flasche Wasser und ein Buch heraus zu nehmen.

Jessica, Eric und Angela schienen mir in der ersten Pause instinktiv aus dem Weg zu gehen, sie standen zu viert mit Mike zusammen als sie mich erblickten, sie starrten mich kurz an, wandten aber schnell den Blick ab. Nur Mike schien meine offensichtlich schlechte Laune zu entgehen: "Na german girl, schon eingelebt?" Rief er mir zu. Woher...?  Dachte ich, aber nun war es eh zu spät, da mich gefühlt sämtliche Schüler anstarrten, warum müssen Männer immer so herum brüllen, sind die letzten tausend Jahre an Evolution spurlos an denen vorbeigegangen oder was? Ihn ignorierend machte ich die Musik über meine Kopfhörer lauter und eilte ohne Kommentar zu meinem Spint. Was glauben diese Kleinstädter was ich bin, Schul-Entertainment? Mein Gott sollen die sich Hobbies suchen. Ich knallte den Spind zu und erschrak innerlich tierisch als Rosalie dahinter stand. "Was ist los?" Brachte sie ihr Anliegen direkt auf den Punkt. Ich zog eine Augenbraue hoch, nahm aber höflicherweise die Kopfhörer aus meinen Ohren, sie war ja wirklich eigentlich sehr freundlich gewesen, sie hatte halt nur unbewusst die falschen Fragen gestellt. "Was soll los sein, ich genieße die herrliche Schulzeit mit all ihren Facetten." Antwortete ich sarkastisch und warf einen Blick Richtung Mike. Sie schien zu überlegen was sie sagen könnte, allerdings sah sie relativ ratlos aus: "Hör mal, wenn das wegen gestern ist ... ich hab's verstanden, schlechtes Thema, ich werde nicht wieder fragen. Aber das war keine Absicht." Na toll, jetzt stand ich auch noch wie das eingeschnappte kleine Kind dar, es war ja nicht Rosalies Schuld, dass ich empfindlich auf solche Fragen reagiere. "Schon gut. Konntest du nicht wissen." Antwortete ich kurz silbig und ging dann mit ihr an meiner Seite zur nächsten Stunde, allerdings unterhielten wir uns nur noch über unwichtige Dinge.

Als es zur Mittagspause klingelte war ich unschlüssig, sollte ich in die Cafeteria gehen? Und wenn ja, zu wem setze ich mich, zu Mike bestimmt nicht, bei Rosalie wäre ja ok, aber ich habe keine Lust auf den Rest der Familie und alleine sitzen ist auch mies... "Ach scheiß drauf" murmelte ich, als ich die Bücher in den Spind stellte, dann schlug ich den Weg zur Cafeteria ein, ich würde ja wohl genug Stolz zusammen kratzen können, um mich alleine zum Essen zu setzen. Ich hatte mir Pommes geholt und steuerte gerade einen Tisch in der Ecke an, er war ziemlich weit entfernt von dem Tisch der Cullens, die mich zu beobachten schienen, was ich aber geflissentlich ignorierte. Nachdem ich die Hälfte meiner Pommes gegessen hatte, sie waren nicht sonderlich gut, klingelte mein Handy und mein Display zeigte mir 'Paul' an. Ich zog die Augenbrauen hoch, ist das sein ernst, was stimmt den mit den Leuten hier nicht, ich dachte ich wäre deutlich genug gewesen? Nachdem ich 4 von Pauls Anrufen weggedrückt hatte, unter den schrägen Blicken meiner Mitschüler, klingelte mein Handy abermals. Wütend schaltete ich das Handy und damit auch meine Musikquelle aus und verstaute es in meiner Jackentasche. Als wäre dies eine unausgesprochene Aufforderung, kam Mike zu mir. "Normalerweise werden die Anrufe weniger wenn man mal ran geht." Haute er seinen neunmal klugen Kommentar heraus und setzte sich ungefragt mir gegenüber. Ich stützte meinen Kopf auf meine Hand und seufzte innerlich resigniert, würde er verschwinden wenn ich ihm eine reinhaue? Fragte ich mich und musste mir sein perplexes Gesicht vorstellen, ein verlockender Gedanke. Gerade als ich diesen zu ende gedacht hatte, sah ich wie Jasper von seinem Tisch aufstand und direkt auf uns zusteuerte. Nicht der auch noch, dachte ich und vergrub mein Gesicht in den Händen. Mike, der immer noch vor sich hin redete, hielt nun inne: "Hörst du mir überhaupt zu?" Ich hob meinen Kopf und wollte ihm gerade die Meinung geigen als Jasper neben uns auftauchte: "Das tut sie nicht Mike, siehst du denn überhaupt nicht wenn ein Mensch genervt ist?" Mike, der perplex von Jaspers Auftauchen zu sein schien, hob nur abwehrend die Hände: "Ist ja gut, war ja nur nett gemeint." Damit verschwand er wieder zu Eric, Jessica und Angela, die die ganze Zeit offensichtlich die Situation beobachtet hatten und nun die Köpfe zusammensteckten und anfingen zu tuscheln. Mit Unglauben betrachtete ich die Gruppe, ging es noch offensichtlicher?! Jasper stand immer noch neben dem Tisch und war meinem Blick gefolgt, "Wollen wir etwas an die Luft?" Fragte er mich dann überraschend und wandt seinen Blick mir zu. Ich zuckte mit den Schultern, stand aber auf, schlimmer konnte der Tag kaum werden. Wir gingen in den Hinterhof, es regnete zwar nicht, aber es war sehr bewölkt und sah aus, als könnte es jederzeit anfangen, was normal für Forks wäre. Daher saß auch keiner der Schüler draußen. "Schlechter Tag?" Fragte er irgendwann, als wir uns auf einer kleinen Mauer nieder ließen. Ich stieß angespannt Luft aus, "Schlechtes Jahrzehnt." Er lachte, was mich zugegebener Weise aus der Fassung brachte, er hatte ein schönes Lachen, nicht zu laut oder aufdringlich, es klang wie eine Melodie. Und ich selbst fühlte mich dadurch auch ein Stück besser. "Paul macht Telefon Terror, wer hat diese Mist-Dinger überhaupt erfunden?" Er musterte mich aufmerksam, "Paul aus LaPush?" Ich nickte "Ja ihr kennt euch anscheinend?" Er drehte seinen Kopf Richtung Wald und schien zu überlegen "Mehr als gut ist, er ist ziemlich impulsiv, vielleicht hältst du dich lieber von ihm fern." Ich runzelte die Stirn, als Jasper das sah ergänzte er sofort "Nur als Vorschlag... ich schreib dir das natürlich nicht vor." Aha, er hatte also begriffen worum es mir ging und berücksichtigte das, das wusste ich zu schätzen, denn das bedeutete er respektiert mich. Ich überging seinen 'Vorschlag' und fragte ihn stattdessen etwas zu seiner Person "Wo kommt ihr eigentlich her, deine Familie und du?" Er drehte seinen Kopf wieder zu mir und musterte wieder mein Gesicht, als wolle er etwas ergründen, "Aus Alaska, wir sind vor ein paar Jahren hergezogen. Die Cullens haben mich und Rosalie adoptiert als wir noch klein waren, wie kommst du darauf?" Ich zuckte nochmals mit den Schultern "Wenn mich alle fragen wo ich herkomme, dann darf ich das doch wohl auch." Wieder schmunzelte er und ich ertappte mich dabei, wie ich seine Anwesenheit genoss. Wir redeten noch über ein paar belanglose Dinge bis es klingelte und ich mich von Jasper verabschiedete, da wir unterschiedliche Kurse hatten. Dafür erblickte ich nach kurzer Zeit Emmett im Gang, der auf mich zugelaufen kam "Na german girl, Mittagspause überstanden?" Ich schnaufte und blickte ihn wütend an, da legte er mir locker seinen Arm um die Schultern, was mir befremdliche Blicke von unseren Mitschülern einbrachte und sagt nur "Hey ich mach nur Spaß, alles gut." Ich zog eine Augenbraue hoch und atmete betont ruhig aus, ließ es dann aber gut sein, da sein lockeres Lachen ansteckte. Die Blicke der Mitschüler folgten uns bis wir auf unserem Platz saßen und ich konnte jetzt schon förmlich sehen, wie sich die Gerüchte in ihren Köpfen bildeten.

Die letzte Stunde verlief überraschend schnell, mich hatte das Thema interessiert und der Lehrer hatte die Materie spannend vermittelt, auch wenn mir hier und da ein paar Fachbegriffe im englischen unverständlich waren, ich nahm mir vor diese nachzuschlagen und klappte mein Heft zu als es klingelte. Sofort stand Emmett wieder neben mir und der Schalk glitzerte in seinen Augen "Na Sonnenschein, was machst du  jetzt Schönes?" Ich grinste, Emmett war echt ein klasse Typ, er war gut im Aufmuntern. "Ich mach was ganz spannendes." Zog ich ihn auf, überrascht sah er mich an "Ach und das wäre? ... Na komm schon Sonnenschein!" Hängte er hinten dran, als ich nur lächelnd mit den Schultern zuckte. "Ich gehe einkaufen." Sagte ich nun betont langsam und mit ernster Miene, als spräche ich mit einem Kleinkind. Er blieb stehen "Was? DU veralberst MICH?" Sagte er nun lachend und hob mich an meiner Taille hoch und trug mich Richtung Ausgang. Er öffnete die Tür mit einer Hand "Emmett lass mich herunter, alle starren uns schon an!" Er lachte immer noch und mein Gewicht schien ihm nichts auszumachen. "Das tun sie doch eh." Ich versuchte ihm auf die Schulter zu schlagen, was er abermals mit einem Lachen quittierte. Doch ein paar Schritte auf den Parkplatz und sein Lachen erstarb plötzlich. Er stellte mich schneller als dass ich hätte reagieren können ab und schob sich vor mich, um mich vor einer mir unbekannten Gefahr abzuschirmen. Neugierig wie ich bin, machte ich allerdings einen kleinen Schritt zur Seite, um zu sehen wo das Problem ist, da sah ich wie ein ziemlich wütend aussehender Paul zusammen mit Embry auf uns zukam. Als Paul mich hinter Emmett entdeckte schien er noch wütender zu werden, er kam vor Emmett zu stehen und schien fast zu knurren "Was hast du mit ihr zu schaffen Cullen?" Er spuckte den Namen förmlich aus. "Pass auf was du sagst, das ist unser Revier." Entgegnete Emmett bedrohlich leise, so dass ich ihn fast nicht verstanden hätte. "Also wenn ich mich da mal kurz einklinken darf ..." Warf ich ein und schob mich neben die beiden "... Emmett und ich haben einige Kurse zusammen, aber ich versteh nicht ganz DEIN Problem Paul. Was machst du überhaupt hier?" Sein aggressiver Blick riss sich förmlich von Emmett los und ging zu mir "Du bist nicht ans Handy gegangen." Ich runzelte die Stirn, wollen die mich denn alle veralbern ? "Ja Paul, weil ich in der Schule war. Außerdem habe ich dir nichts zu sagen, ich dachte ich wäre deutlich gewesen." Jetzt schien Emmett sich anzuspannen "Wieso, was war los?" Fragte er an mich gerichtet, starrte aber immer noch Paul an. "Nichts, man! Kann sich denn nicht irgendjemand in dieser Stadt mal um seinen Mist kümmern?" Meine Laune hatte wieder ihren Tiefpunkt erreicht und genervt stapfte ich zu meinem Auto, ich ignorierte Paul, der mich rief und setzte mich ins Auto. Emmett stand immer noch so da wie vorhin, angespannt bis auf den letzten Muskel im Körper. Auch Paul drehte sich nun zu ihm und sie schienen sich weiter zu streiten. Ich verdrehte die Augen, startete den Motor und fuhr vom Schulparkplatz, endlich nachhause, dachte ich, bis mir siedend heiß einfiel, dass ich noch einkaufen musste. Alles andere als begeistert fuhr ich also nun zum Einkaufen, statt auf dem schnellsten Weg nachhause. Doch eine Sache ging mir dabei nicht aus dem Kopf "Unser Revier" hatte Emmett gesagt, was meinte er damit, waren er und Paul in irgendeiner komischen Gang? Oder in zwei sich bekämpfenden Gangs? Das würde zumindest erklären, warum sie sich so verhielten. Aber gab es soetwas überhaupt in Forks?  Ich wusste dass ich vermutlich besser nicht nachhaken sollte, aber ich wusste auch wie neugierig ich bin, auch wenn meine Neugierde nicht mal annähernd an die der Bewohner von Forks herankam.


Die Deutsche in Forks (Twilight, Jasper Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt