Konsequenzen

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Der Professor will mich also sprechen. Um ehrlich zu sein war ich etwas nervös. Wie oft hat man schon die Chance mit einem Genie gleich wie Einstein oder Marie Curie zu sprechen, also ich hatte so etwas noch nie erlebt. Der Professor war eine lebende Legende. Er wurde von den Menschen auf der Straße gefeiert, nahezu vergöttert. Ein moderner Robin Hood.
Mein Kopf platzte fast vor Neugierde als ich Nairobi brav hinterher trottete.
„Und wie gehts dir eigentlich Liebes?" fragte sie mich während wir durch die langen Gänge der Bank liefen. „Ich weiß nicht so genau, gut eigentlich. Die Truppe ist toll und ich bin wirklich froh bei dir zu sein. Jetzt bin ich eben auch eine Verbrecherin." Bei dem Gedanken daran musste ich etwas schmunzeln.
Nairobi drehte sich ruckartig zu mir um und blieb stehen. Mit versteinerter Miene sah sie mich an. „Du weißt schon dass das hier kein Spaß ist ?"
Sie biss sich nervös auf die Unterlippe und ihre Augen wurden ganz glasig.
Ich kannte sie, sie versuchte ihre Emotionen zu unterdrücken und mal wieder die Harte zu spielen. „Die hätten dich fast umgebracht Luana.."
Ihre Stimme war ganz ernst und zittrig, als würde sie gleich anfangen zu weinen.
„Weißt du überhaupt welche Konsequenzen das alles für dich hat ? Du kannst hier nicht einfach heute Abend wieder raus spazieren, dich auf dein Sofa legen und weiter Serien schauen, oder am Montag wieder zur Arbeit gehen. Du wirst nichts machen können was du bisher in deinem Leben gemacht hast. Du bist jetzt eine Kriminelle, die wollen dich Einbuchten. Deine Freunde wirst du wohl nie wieder sehen. Axel.. von dir wird er auch nur alle paar Monate einen Brief bekommen um zu erfahren dass du wenigstens noch am Leben bist, genauso wie von mir. Du musst, für den Fall dass das alles hier gut geht, mit mir und Helsinki weggehen. Irgendwo hin wo uns keiner kennt, ständig auf der Flucht. Lu ich wollte das nie für dich... du hattest eine Zukunft und jetzt haben sie dich zu so jemandem wie mich gemacht diese drecks Guardia Civil und ihre verfluchte Oberhexe Alicia Sierra. Ich hasse sie dafür."
Dieser Vortrag traf genau in mein Herz, dabei der Anblick meiner Schwester mit tränenüberfluteten Augen. Ich fiel ihr in die Arme und nun weinten wir beide auf dem Gang des ersten Stockes der Spanischen Staatsbank. Das es so einmal kommen würde hätte ich mir niemals so vorgestellt.
„Ich hab dich vermisst Schwesterherz" sagte ich schluchzend und ganz außer Atem. „Ich dich auch Kleines."
Neben uns öffnete sich eine Tür. Denver sah uns verwundert an.
„Der Professor wartet Ladys" sagte er flüchtig. Ich ließ Nairobi los und wischte mir die Tränen mit dem Ärmel meines Overalls aus dem Gesicht während ich an Denver vorbei lief, dabei streichelte er mir kurz sanft über die Wange ehe er den Raum verließ und die Türe hinter sich schloss. Ich war nun alleine im Raum, der Hörer des Telefons lag auf dem Tisch. Ich nahm Platz auf dem Stuhl der daneben stand und nahm den Hörer an mein Ohr.
„Hallo Professor, hier spricht Kairo."
„Bienvenido Señorita Kairo, schön dich endlich kennenzulernen" sprach der Professor ruhig von der anderen Seite der Leitung.
„Ich hoffe dir geht es gut. Deine Ankunft war ja ziemlich.. sagen wir Turbulent. Was macht die Wunde ?"
„Alles in Ordnung Professor, ich hatte wunderbare Krankenpfleger" antwortete ich ihm lachend. „Sehr gut, das freut mich" meinte er nur knapp und begann dann damit mir den Plan kurz und knapp zu erklären damit ich bescheid wusste was hier ablief und was meine Aufgabe war. Ich sollte die anderen unterstützen und mich hauptsächlich um die Überwachung der Geiseln kümmern.
Er versicherte mir auch, dass ich nachdem das alles vorüber sein würde, ebenfalls unter seinem persönlichen Schutz stehen würde so wie die Anderen und dass er es der Polizei und Alicia Sierra heimzahlen würde, dass sie mich so vorgeführt und gedemütigt haben. Alles mit seiner Zeit meinte er. Eine halbe Stunde hatten wir miteinander gesprochen.
„Danke Professor, passen Sie gut auf sich auf." sagte ich ihm noch, ehe ich den Hörer wieder auflegte, aufstand und erstmal tief einatmete.
Jedoch konnte ich es nicht halten. Der Stress der letzten Stunden ließ jetzt vollkommen von mir ab. Ich sackte auf den Boden nieder, schlug die Hände über meinem Gesicht zusammen und brach erneut in Tränen aus.
Denver riss die Tür auf, er hatte wohl die ganze Zeit vor der Tür auf mich gewartet und lief jetzt schnell auf mich zu. „Kairo was ist los?" fragte er besorgt und kniete neben mir auf den Boden, ehe er mich in seine Arme nahm.
„Alles wird gut Kleine, beruhige dich bitte."
Ich klammerte mich an ihn. Es fühlte sich so sicher an in seinen Armen.
„Tut mir leid, es ist nur alles etwas viel im Moment" flüsterte ich.
„Das wird wieder. Ich pass auf dich auf okay? Und ich werde dir alles beibringen was du wissen musst um das hier zu überstehen. Und auch Nairobi ist immer für dich da, das weißt du. Sie hat so viel von dir erzählt, du bedeutest ihr alles."
Er war so sanftmütig, was ich garnicht von ihm gedacht hätte, schließlich war er zu den Geiseln immer so hart.
„Danke Denver" flüsterte ich weiter während ich mich langsam wieder sammelte. Er konnte mich binnen Sekunden wieder runter bringen, dafür war ich ihm wirklich dankbar. Ich ließ Denver los und lächelte ihn an. Er wischte mit seinen Daumen meine Tränen weg und lächelte ebenfalls.
„Jetzt gehen wir erstmal was essen okay? Du musst doch am verhungern sein. Heute gibts Chinesisch" meinte er und zwinkerte mir zu. Dann lachten wir beide und er half mir vom Boden auf. Im selben Moment betrat Stockholm den Raum und räusperte sich. Wir drehten uns beide nach ihr um und sie schüttelte nur den Kopf und lief davon.
Denver kratzte sich überlegend am Kopf und sah mich wieder an.
Na klasse.. ich muss da mal kurz was klären. Du kommst zurecht oder ?"
„Ja klar.." meinte ich nur und nickte woraufhin Denver dann rasch den Raum verließ um Stockholm hinterher zu gehen. Ich dagegen machte mich auf den Weg zurück ins Foyer um mir mein Abendessen abzuholen.

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