Mit gesenktem Blick lief ich den langen Gang entlang an dessen Ende sich unser Schlafsaal befand. Noch nie waren mir die Nerven so durchgegangen wie heute.
Ich erkannte mich selbst nicht mehr, jedoch hatte das ganze auch etwas positives, scheinbar fiel es mir doch nicht so schwer mich den Umständen anzupassen. Tief in mir drin schlummerte vermutlich doch das kriminelle Gen was mich zum Verbrecher machen konnte. Es musste schließlich da sein, Nairobi hatte es ja auch. Und wir beide hatten es mit großer wahrscheinlichkeit von unserem Vater, einem bereits verstorbenem Drogenbaron geerbt.
Doch am Beispiel unseres Vaters sah ich auch, dass das alles kein Zuckerschlecken war. Auch er wurde damals von der Polizei geschnappt und auf der Flucht von einem dieser Bastarde erschossen. Ein Schuss direkt in seinen linken Lungenflügel, er hatte keine Chance. Seit dem waren wir beide alleine. Unsere Mutter hatte sich schon früh aus dem Staub gemacht, wer weiß schon wo sie sich gerade herumtreibt.
Im Schlafsaal angekommen machte ich es mir auf meinem Schlafsack gemütlich und starrte zur Decke. Das Licht der Polizeischeinwerfer und die Gedanken an die Geschehnisse des Tages ließen mich kein Auge zu machen.
Einige Zeit verging und ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr.
Schon 02:22.. ich werde einfach nicht schlafen.
Ich stand auf und streckte mich einmal, band mir den oberen Teil des Overalls um die Hüfte, da es ziemlich warm war, dann machte ich mich auf Erkundungstour durch die Bank. Meine Neugierde lockte mich in den Fahrstuhl, womit ich dann nach unten in den Keller des Gebäudes fuhr.
Die Türen öffneten sich und vor mir sah ich mehrere Typen, ebenfalls in Rot bekleidet, welche selbst um diese Uhrzeit noch hart am ackern waren.
Klar. Sie waren dabei das Gold zu schmelzen, da waren Pausen schier unmöglich. Bogotá war ebenfalls hier und natürlich hatte er mich auch direkt gesehen, ehe ich überhaupt versuchen konnte mich wieder aus dem Staub zu machen. „Kairo was machst du denn hier" fragte er verwundert.
„Hab mich wohl verdrückt" meinte ich und blickte auf die Tasten des Fahrstuhles. „Ich mach nur Quatsch. Komm her, du darfst ja schließlich hier sein. Leiste uns Gesellschaft!" rief er während er dem Typen im Neoprenanzug, der gerade aus der Schleuse des Tresors kam die Goldbarren abnahm.
„Puh ich dachte schon ich befinde mich auf verbotenem Grund" sagte ich lachend und setzte lehnte mich an einen haufen des Goldes.
Es war ganz schön heiß hier unten durch die ganzen Schmelzarbeiten aber die Jungs waren hart im Nehmen, sie taten alles um im Zeitplan zu liegen.
Ich unterhielt mich ein wenig mit Bogotá, wobei ich erfuhr dass er sich ziemlich in meine große Schwester verguckt hatte. Und ich gab ihm meinen Segen, dass er mit ihr ausgehen darf wenn das alles hier vorbei ist.
Ich ging fuhr wieder nach oben. Als der Fahrstuhl aufging rannte ich in Rio. Schon wieder. „Rio, ohman das wird wohl zur Gewohnheit" sagte ich leise und begann zu lächeln, dabei sah ich in Rios Augen. Er zog mich sanft zur Seite und lächelte ebenfalls. Verdammt, er sah so süß aus wenn er lächelte.
„Also ich hab nichts dagegen, ich freue mich immer dich zu sehen" meinte er mit leiser Stimme und kam einen Schritt auf mich zu. Meinen Arm hatte er immernoch sanft im Griff. „Aber was machst du denn noch so spät, du solltest dich ausruhen" fügte er weiter flüsternd hinzu. Unsere Gesichter waren so nah aneinander, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Für einen Moment fühlte es sich so an als ob die Zeit stehen geblieben sei. Doch moment, was passiert hier ? Was ist mit Tokio ? Voller wirrer Gedanken konnte ich mich kaum regen. Ich schüttelte meinen Kopf.
„Konnte nicht schlafen.." antwortete ich ihm nervös, ehe ich ihn mit dem Handrücken zur Seite schob. Rio sah mich verwirrt an.
„Ich verstehe das nicht. Du und Tokio.."
„Tokio und mich gibt es nicht mehr. Sie hat mit mir schluss gemacht um lieber feiern zu gehen, damals auf der Flucht. Sie war der Grund weshalb ich geschnappt wurde. Sie hat zwar das alles hier organisiert um mich zu retten aber ich kann es ihr trotzdem nicht verzeihen. Und dann kamst du und es war als...als würde der Blitz einschlagen. Sowas habe ich noch nie erlebt. Ich brauche dich in meiner Nähe. Du lässt mich alles vergessen was mit mir angestellt wurde, ganz allein durch deine Anwesenheit Kairo" sagte er und starrte mir dabei ohne zu blinzeln in die Augen. Ich schüttelte den Kopf und ging einige Schritte weiter in Richtung Schlafsaal. „Hör zu Rio, ich mag dich sehr aber du solltest erst einmal die Sache mit Tokio klären bevor sie die Dinge falsch interpretieren könnte. Das was du da gerade zu mir gesagt hast das ändert einfach alles." Mein Blick sank zu Boden. Ich konnte es nicht ertragen ihm in die Augen zu sehen.
Ich durfte mich nicht verlieben, nicht hier. Dann drehte ich ihm den Rücken zu und ließ ihn einfach da stehen.
Im Schlafsaal angekommen traf ich auf Denver. Na klasse. Noch mehr ungeklärte Probleme... „Kairo, da bist du ja.. alles gut ? Ich hab von dem Vorfall mit Arturito gehört und jetzt warst du nicht hier. Ich hab mir Sorgen gemacht Kleine" sagte er und legte seine Hand auf meine Schulter.
„Klar alles gut. Ich konnte nur nicht schlafen und.." im selben Moment lief Rio in das Zimmer „Kairo warte bitte.." rief er, ehe er in Denvers nun leicht zorniges Gesicht blickte. Denver sah Rio an und dann mich.
„Du konntest nicht schlafen und dann dachtest du du verbringst ein bisschen Zeit mit Rio oder wie kann ich das deuten ?" zischte er und ließ mich los. Dann lief er auf Rio zu und stupste ihm wütend mit dem Zeigefingergegen die Brust. „Und du hast nichts besseres zu tun als die Kleine auszunutzen oder was ? Hats wenigstens spaß gemacht ? Vollidiot" brüllte er und schüttelte dann den Kopf. Was war hier los ? Allmählich dachte ich dass ich meine Kontrolle wieder verloren habe. Aber nicht die Kontrolle über die Geiseln, nein, sondern die Kontrolle über die Denver und Rio.
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La Casa de Papel IV
Fiksi PenggemarLuana Sofia Jiménez ist die kleine Schwester von Ágata Jiménez, besser bekannt als „Nairobi", welche Teil des Überfalles auf die Spanische Staatsbank in Madrid ist. Als Luana von Polizisten als Köder angeheuert wird um ihre Schwester, unter vorbeh...