10. Ohne gewissen

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Nachdem ich zusammen mit Ruby den ganzen Freitag geschwänzt hatte und ich wusste, dass meine Eltern mich deswegen killen würden, stand ich am nächsten Morgen früher auf, um meiner besten Freundin Cupcakes zu machen. Ruby's Eltern waren erst gestern Nacht von einer geschäftlichen kurzreise aus New Jersey wieder gekommen, um direkt am gleichen Abend, keine Stunde später, ihr Kind ohne gewissen zurück zu lassen, nur um nach Europa zu fliegen und dort ihre Geschäfte zu erweitern. Ich konnte nicht verstehen wie sie den achtzehnten Geburtstag ihrer Tochter nicht mit erleben wollten oder konnten. Ich tat alles auf einen Teller und stürmte die Treppe rauf. Auch wenn Ruby es nie zeigte, schmerzte sie es, dass ihre Eltern nicht da waren und genau deshalb musste ich besonders stark für sie da sein. Ich war ihre Familie. »Happy birthday to you« mit den Worten rannte ich in das Zimmer meiner besten Freundin, die noch immer schlafend in ihrem Bett lag. »RUBY« schrie ich und zog ihr die Decke weg. »Oh Gott, Phelia bitte.« sie lachte und setzte sich mit einem schweren Stöhnen auf. »Wann hast du vor zu gehen?« sie grinste leicht und nahm mir die Cupcakes aus der Hand. »Ey!« ich machte einen Schmollmund und nahm das Mädchen vor mir erst einmal in meine Arme. »Alles gute Süße. Ich hoffe du weißt, dass du immer mit mir reden kannst und das ich immer für dich da bin. Ganz egal wann oder worum es geht.« hauchte ich in ihr Ohr und schenkte ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich weiß.« sie legte die restlichen Cupcakes beiseite und setzte sich in den Schneidersitz. »Ich gehe in einer Stunde, um mich für heute Abend vor zubereiten. Brauchst du noch bei irgendwas meine Hilfe?« ich hob fragend meine Augenbrauen, doch bekam nur ein Kopfschütteln als Antwort. »Ich muss ja nur noch schmücken.« flüsterte sie. »Ich komme eine Stunde eher-« sagte ich streng. Die Bestellungen für das Essen kamen eine halbe Stunde vorher und ich wollte sie das alles nicht alleine machen lassen. »Alles gut.« sie lachte auf und schüttelte ihren Kopf, was mich verwundert eine Augenbraue hoch ziehen ließ. »Ich ziehe mich mal um.« mit den Worten ging ich zu ihrem Schrank, nahm mir eine Jogginghose und ein T-Shirt heraus, bevor ich im Badezimmer verschwand und mich fertig machte. Nach wenigen Minuten trat ich wieder
heraus und entdeckte Ruby an ihrem Schminktisch, wo sie sich gedankenlos im Spiegel betrachtete. »Was ist los?« ich setzte mich auf ihr Bett und zog meine Beine an meinen Körper. »Phelia.« sie seufzte und drehte sich um. »Du weißt ich erzähle dir wirklich alles und ich würde es dir gerne sagen, aber-« sie brach ab und legte frustriert ihren Kopf auf ihre Hand ab. »Ich kann nicht.« ihr Blick krallte sich am Fußboden fest und ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Hey alles gut. Du wirst es mir schon sagen, wenn du es für richtig hältst.-« ich stoppte und zog meine Augenbrauen zusammen. »Außer es hat was mir Drogen zu tun oder einbr-« Ruby unterbrach mich mit einem lauten Lachen. »Gott nein.« sie grinste und schüttelte ihren Kopf. »Ich bring dich nachhause.« sie zwinkerte mir zu und trat aus ihren Zimmer. »Nein- das brauchst du echt nicht machen Ruby. Du hast noch echt viel zutun.« ich sprang auf und rannte meiner besten Freundin nach. »Keine Widerrede. Ich will nicht, dass du Travis zufällig begegnest und ihr euch küsst ohne das ich dabei bin, deshalb heb dir den Kuss für heute Abend auf.« sie grinste freudig und klatschte in ihre Hände. »Fick dich.« ich trat mit einem Augenrollen aus der Villa und ging zusammen mit Ruby zu ihrem Motorrad. Ich schnappte mir einen Helm, setzte ihn auf und ließ mich hinter meine beste Freundin nieder. Glücklicherweise war meine Mutter eine modebewusste Frau und hatte dazu auch noch die gleichen Größen wie ich, was für mich definitiv nur ein Vorteil war, denn so musste ich mir kein neues Kleid kaufen. »Danke.« ich stieg nach ein paar Minuten vom Motorrad und gab Ruby meinen Helm. »Bis heute Abend Süße.« sie grinste und fuhr los. Ich atmete tief durch und schaute auf das Familienhaus. Dann mal ab in die Hölle. Meine Mutter müsste eigentlich arbeiten sein und mein Vater war am schlafen, doch mein Bruder war sicherlich da und er hatte mich bestimmt auch bei unseren Eltern verpetzt. 'Äh Ophelia hat die Schule geschwänzt.' Das war dann auch der Dank für die Male, in denen ich meinen Mund gehalten hatte. Seufzend kramte ich meinen Schlüssel aus meiner Tasche und ging zu der Tür, nur um sie aufzuschließen und in das Haus zu treten. »Ophelia.« Mrs. Williams, eine ältere Dame, die ab und zu unser Haus putzte, lächelte mich an. »Guten Morgen Mrs. Williams.« Ich grinste und trat ins Wohnzimmer. Mein Bruder lag auf der Couch und schrieb irgendetwas auf seinem Handy. »Du bist wieder da.« stellte er fest. Genervt atmete ich aus, setzte mich dann aber auf den Sessel, um heraus zu finden, ob er mich tatsächlich verpetzt hatte. Eine Seite von mir hoffte halt noch immer auf das gute in ihm. »Jap.« ich zog meine Beine an meinen Körper und beobachtete ihn einige Sekunden. »Du hattest noch etwas Gut bei mir, aber jetzt sind wir quitt.« sein Kopf drehte sich zu mir und ein kleines Grinsen zierte seine Lippen. Seine Worte verschafften mir augenblicklich die Entspannung, die ich brauchte. Er hatte ihnen also nichts gesagt. »Okay.« Ich stand auf, doch bevor ich den Raum verlassen konnte, um in mein Zimmer zu gehen, hielt mein Bruder mich mit einem Stopp auf. »Du wirst heute Abend doch nicht mit Travis zur Party gehen oder?« Er hob eine seiner Augenbrauen. »Nein, aber wenn ich ihn zufällig sehen sollte, dann werde ich ihm nicht aus dem Weg gehen.« mit den Worten wandte ich mich ab und stolzierte die Treppe rauf, nur um in den Umkleideraum meiner Mutter zugehen. Mein Blick huschte über die offenen Schränke, zu den vielen verschiedenen Kleidern. So viele Klamotten wie sie hatte, da musste ja etwas für mich dazwischen sein.

TravisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt