16. Familiendrama

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Ich schloss die Tür hinter mir und erblickte meine Mutter, die mich wütend anstarrte. Ihre dünnen Lippen waren gekräuselt und ihre Augen zu Schlitzen geformt, was definitiv nichts gutes bedeutete. »wo warst du?« ihre Stimme war nicht laut, aber auch nicht so wie sie normalerweise war. Sie war gereizt. Wütend. Und enttäuscht? »Bei Ruby.« flüsterte ich und biss mir auf meine Unterlippe. Ich war sowas von Tod. »Ich habe dich mit einem Vertrauen auf diese Party, voller Drogen und Alkohol gelassen!« sie zeigte auf die Couch, auf der Alec saß und an seinem Handy spielte. »Ja.« flüsterte ich und warf meinen Bruder einen vernichtenden Blick zu. Es war ja klar, dass er tatsächlich alles ausplauderte. Hatte er denn auch von seinem nicht gerade vorbildlichen Ausraster erzählt? Oder das er selber getrunken hatte?  »Hast du getrunken?« sie zeigte auf den Sessel, auf den ich mich setzte und stillschweigend nickte. Irgendwo musste ich ja die Wahrheit sagen. »Ich hatte dir gesagt, dass du dich von diesem Travis Lefebvre fern halten sollst!« sie setzte sich neben Alec und starrte mich an. »Was ist so schlimm an ihm?« ich überkreuzte meine Arme und sah zu meinen Bruder, der kurz davor war etwas zusagen. »Er ist kriminell!« unterbrach ihn meine Mutter. »Na und? Deshalb ist er doch nicht direkt ein schlechter Mensch.« ich wollte aufspringen, doch meine Mutter sah mich warnend an. »Er will dich eh nur ins Bett bekommen, Ophelia.« mein Bruder lehnte sich vor und betrachtete mich brüderlich. »Und selbst wenn, dann ist das so. Du hattest immer eine Neue und Mama hat es nicht interessiert wer diese Mädchen waren, aber bei Travis rastet ihr auf einmal alle aus.« zischte ich und spürte die ersten Tränen, die versuchte aus meinem Auge, über meine Wange zu rollen. »Das ist etwas völlig anderes.« Alec wollte aufstehen, doch meine Mutter umfasste seine Schulter und drückte ihn zurück aufs Sofa. »Du solltest dich wirklich von Travis fern halten. Ich kenne seinen Vater schon lange und er ist ein aggressiver Alkoholiker.« die Stimme meiner Mutter war ruhig, auch wenn ich wusste, dass sie am liebsten ausrasten würde. »Das heißt doch nicht, dass er genauso ist.« ich krallte mich verzweifelt in die Sessellehne und starrte die zwei vor mir an. »Travis ist nicht weniger aggressiv.« knurrte Alec sauer und formte seine Hände zu Fäusten. »Bei mir war er die letzte Nacht kein bisschen aggressiv.« knirschte ich. Ich bereute meine Wort nicht. Sie sollten ruhig wissen, dass ich bei ihm war. »Du hast mich angelogen?« meine Mutter schnappte nach Luft und stemmte sich auf. »Du hast Hausarrest.« ihr Kopf lief rot an und die pure Wut sprach aus ihr heraus. Vielleicht war es doch nicht so eine gute Idee. »Schön, dann sperr mich halt ein.« zischte ich, sprang auf und rannte die Treppe rauf, wobei die ersten Tränen über meine Wange fielen. Wieso durfte Alec aussuchen mit wem er zusammen war oder mit wem er etwas unternahm, aber ich nicht? Ich knallte die Tür hinter mir zu und schmiss mich auf mein Bett. Sie kannten Travis nicht so wie ich ihn kannte. Keiner kannte ihn so wie ich ihn kannte. Jeder sah nur den eiskalten Kriminellen, der nicht fähig war Kontakte zuknüpfen, doch das stimmte nicht, wenn man ihn besser kannte. Als es an meiner Tür klopfte, brummte ich ein Nein, doch die Person hinter der Tür schien das wenig zu interessieren, da sie wenig später trotzdem geöffnet wurde. Ich stöhnte genervt auf und setzte mich auf, nur um in die Augen meines Bruder zu schauen, der die Tür hinter sich schloss und sich neben mich auf das Bett setzte. »Du warst bei ihm?« fragte Alec leicht überrascht und fuhr sich nervös über sein Haar. Achso, jetzt kam er wieder angekrochen? »Ja, aber das geht dich echt nichts an.« murmelte ich und wischte mir die Tränen von meiner Wange. »mir wäre es egal mit wem du dich triffst oder mit wem du betrunken schläfst, Hauptsache nicht mit Travis.« er seufzte. »Moment mal-« ich zog verwirrt meine Augenbrauen zusammen und drehte mich zu ihm. »Ich habe nicht mit Travis geschlafen.« meinte ich mit einer leichten Belustigung in der Stimme. Ich konnte mir nur vorstellen mit ihm zu schlafen. Wie auf Kommando durchstreifte eine Wärme mein Unterleib und Schoss zu meiner Mitte, die sich alleine bei dem Gedanken mit ihm zu schlafen, zusammen zog. »Ich dachte-« ich unterbrach meinen Bruder abrupt. »Nein, ich habe nur bei ihm geschlafen, weil ich wusste, dass du betrunken alles ausplauderst und das wollte ich einfach noch einen Tag nach hinten schieben.« ich legte meinen Kopf schief und betrachtete mein Bruder einen Moment. »Das mit dem Kuss habe ich ihnen nicht erzählt.« er grinste und funkelte mich entschuldigend an. »War auch besser so.« gab ich zu und zog zugleich meine Beine an meinen Körper. »Travis ist nicht so wie alle sagen.« hauchte ich. Ich legte meinen Kopf auf mein Knie ab und atmete laut aus. Travis war ganz und garnicht so wie all die anderen es sagten. Wie ich es vorher auch dachte. Selbst wenn er mich vorher nicht interessiert hatte, dachte ich nichts gutes von ihm. Ich hatte geglaubt was gesagt wurde und ignoriert was er in Wirklichkeit war. »Das ändert nichts an seinen Taten.« mein Bruder erhob sich und ging zur Tür. Bevor er mein Zimmer jedoch verließ, drehte er sich noch einmal um. »Pass einfach auf dich auf, Ja?« sein Blick war bittend, weshalb ich nickte und ihm ein sanftes Lächeln schenkte. Als er draußen war, stellte ich mich auf und ging zu meinem Schrank rüber. Da ich immer noch dieses ätzende Kleid an hatte, nahm ich mir eine schwarze Jogginghose und ein lockeres T-Shirt von meinem Bruder. Mit einem lauten Seufzer ließ ich mich aufs Bett nieder und starrte einige Sekunden an die Wand. Ich würde mich trotzdem mit Travis treffen. Bei ihm fühlte ich mich frei und nicht wie hier, eingesperrt. Bei ihm fühlte ich mich gut. Natürlich wusste ich, dass er kriminell war, weil er es ja auch selbst zugeben hatte, aber es hatte sein Gründe. Gründe die ich noch heraus finden wollte. Die ich heraus finden würde.

TravisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt