09. Kapitel

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„Und wie hat dir die Stunde gefallen. Es war doch dein erstes Mal, oder?" fragte mich Levi, sobald wir losgefahren waren.

„Ich fand es eigentlich ganz okay."

„Ganz okay? Willst du meine Trainerfähigkeiten in Frage stellen?" witzelte er empört, dabei lächelte er mich von der Seite an.

„Vielleicht." antwortete ich frech.

„Du hast Glück, dass ich Autofahren muss, sonst hätte ich dir das heimgezahlt."

Ich sah ihn geschockt an. Unsere Blicke trafen sich und wir brachen beide in schallendes Gelächter aus. Langsam fing ich an Levi zu mögen. Er war echt in Ordnung.

„Boxt du dort in dem Verein eigentlich auch so richtig professionell oder trainierst du nur andere Leute?"

„Ich boxe seit meinem sechsten Lebensjahr. Also so richtig professionell mit Wettkämpfen und so. Ich habe gerade erst vor einem Monat meine Trainerlizenz erhalten und deswegen hat Monica mich gefragt, ob ich heute einspringen will, weil die anderen Trainer im Verein sowieso immer beschäftigt sind." das beeindruckte mich.

„Machst du Kickboxen, Thaiboxen oder diesen anderen Kram?"

„Oh da hat jemand unsere Website gelesen." machte Levi sich wieder über mich lustig. Heute war er in einer fröhlichen Laune, was ich genoss. Ich liebte es, wenn Leute einen guten Sinn für Humor besaßen. „Ich bin beim Thaiboxen, aber ich überlege schon seit einer Weile, ob ich mit Kickboxen anfangen sollte, weil dafür mehr Wettkämpfe ausgetragen werden."

„Das hört sich echt cool an. Beim Thaiboxen ist treten doch auch erlaubt, oder?"

„Ja, Muay Thai wird auch oft ‚die Wissenschaft der 8 Gliedmaßen' genannt, weil man die Fäuste, Ellbogen, Knie und Schienbeine hauptsächlich einsetzt. Beim ursprünglichen Muay Thai wurden sogar mit dem Kopf Schläge vergeben und es wurde auch auf den Kopf gezielt. Das Muay Thai in Thailand ist deutlich brutaler als der weltweite Sport." erklärte er mir, ohne dabei den Blick von der Straße zu nehmen.

„Wow. Ich wünschte ich könnte sowas, dann müsste ich mir keine Gedanken darüber machen, ob ich nachts noch allein rausgehen kann oder nicht."

„Du wirst sicherlich noch einiges lernen bei Monicas Kurs, wenn du weiterhin regelmäßig dorthin gehst."

„Ja, das hatte ich vor. Obwohl ich nicht weiß, wie das werden soll, wenn die Schule wiederbeginnt." ich mochte gar nicht daran denken, wie stressig es wieder werden würde, wenn ich jeden Tag bis in die späte Nacht hinein meine Hausaufgaben erledigen müsste.

„Bist du etwa auch so ein Streber, der immer brav alle Hausaufgaben rechtzeitig erledigt hat und nur gute Noten bekommt?" Levi schien diese Vorstellung zu amüsieren.

„Hey, sei nicht so gemein. Ich will nur einen guten Abschluss bekommen damit mir alle Türen für mein Studium offenstehen." und ich lenke mich so von anderen Problemen ab, die ich habe, dachte ich.

„Daran ist nichts falsch. Ich könnte sowas nur nicht. Was Sport angeht bin ich echt diszipliniert und bei anderen Sachen auch, aber für die Schule konnte ich mich noch nie motivieren. Meine Mutter hat sich immer gewünscht, dass ich auch so ein Einser Schüler werde und meine Großeltern sagen immer, ich solle lieber etwas lernen, anstatt mir durch das Boxen den Schädel zu zertrümmern."

Ich fand es erstaunlich, dass er so ehrlich zu mir war und mir so etwas intimes erzählte, obwohl wir uns erst seit kurzem kannten. Allerdings fühlte ich auch eine gewisse Vertrautheit bei Levi und wollte ihm Sachen erzählen, die sehr privat waren, aber ich hielt mich zurück.

„Das ist echt traurig."

„Bitte hab kein Mitleid mit mir."

„Okay."

Er schenkte mir einen kurzen dankbaren Blick.

„Haben Ella und Alex dich nach Freitag eigentlich noch vollgemeckert?" wechselte er dann das Thema.

„Ella war Samstag noch kurz sauer, aber dann habe ich sie besucht, um mich von ihr zu verabschieden, weil sie seit Sonntag für drei Wochen nach Spanien vereist ist. Nach dem Besuch war dann wieder alles vergessen." ich seufzte bevor ich sagte: „Was Alex betrifft, der hat sich die ganze Woche nicht mehr bei mir gemeldet. Und da ich sein Verhalten unverschämt finde, habe ich auch keinen Schritt auf ihn zu gemacht."

„Bei mir meldet Alex sich zwar noch, aber er ist echt abweisend und wütend. Frag mich nicht wieso, denn ich habe keine Ahnung."

„Ich kenne so ein Verhalten gar nicht von ihm." murmelte ich eher zu mir selbst, als zu Levi.

Kurz darauf hielt er das Auto wieder neben meinem Haus an.

„Er kriegt sich bestimmt bald wieder ein, keine Sorge." versuchte Levi mich zu beruhigen, wegen der Sache mit Alex.

„Oh ich mache mir keine Sorgen deswegen. Ich finde nur das sein Verhalten kindisch und unnötig ist."

„Na dann ist ja gut." lächelnd sah er zu mir, „dann sehen wir uns wohl nächsten Donnerstag wieder."

Ich nickte und öffnete die Autotür.

„Bis nächsten Donnerstag, Coach." ich verbeugte mich leicht, was Levi ein tiefes Lachen entlockte. Kleine Lachfältchen bildeten sich um seine Augen und seine Grübchen kamen wieder zum Vorschein. Als Kind wollte ich auch immer welche haben, weil meine Mom auch welche besitzt und ich diese immer wunderschön, sowie süß fand.

„Und danke, dass du mich schon wieder nach Hause gefahren hast."

„Gern geschehen." antwortete er. Dann schloss ich die Tür und er fuhr davon.

Diese Nacht hatte ich meine Ruhe. Mein Exfreund verfolgte mich nicht in meinen Träumen. Dieses Mal sah ich nur einen Jungen mit Grübchen in meinem Schlaf, aber ich wusste, dass ich vor ihm keine Angst haben musste.

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