*1* / bad mood

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Erschöpft döse ich im Polizeiauto an der Schulter von Julian angelehnt ein und werde dann vermutlich wenige Minuten später von Florians Worten wieder geweckt. Er spricht aber gar nicht mit mir sondern eher mit Gino und Julian, welche ihm grade nochmal detailliert erklären was geschehen ist. <Schatz? Ich möchte einfach heim!> bitte ich ihn leise und er sieht mich an. Ich kann seinen Blick im Licht des Autos nur schwer deuten aber es ist irgendwas zwischen Trauer, Erleichterung und Mitgefühl. Er nickt und hilft mir aus dem Auto raus. Es hat aufgehört zu regnen und mein erster Blick geht gen Himmel. Ich brauche die Vorstellung, dass Jonas da auch irgendwo rumschwebt und uns bewacht.
<Pass ja auf unsere Lieblings Notfallsanitäterin auf! Wenn ihr was braucht ich habe ab morgen ne Woche Urlaub.> höre ich Julian wie er Flo lachend droht und flüster dann noch ein <Danke.>
Flo fährt uns heim und bleibt aber vor der Garage stehen. Er muss in weniger als ner Stunde schon wieder zur Arbeit und spart sich so das Parken in der Garage welche im Moment etwas voll ist. Schwerfällig steige ich aus dem Wagen aus und erschrecke mich dann kurz. Mir wird grade bewusst was für ein Tag heute ist. Irgendwie sind die Tage um Flos Geburtstag anfällig für so einen Bumms. Vor 5 Jahren hatte ich erfahren dass Markus nicht mein Vater ist und bin 2 Tage später selber fast gestorben. Böse Gedanken.
Ich schüttel sie ab und schließe die Autotür bevor ich mit Flo zur Haustüre gehe. Er schließt sie auf und eine wohlige heimige Wärme empfängt mich. Es riecht so vertraut und nach Zuhause. Als ich es gestern Vormittag verließ war die Welt noch in Ordnung Mir schießen schon wieder Tränen in die Augen und ich schließe die Haustür indem ich an ihr auf den Boden rutsche. <Psscht Babe.. Lass es raus.> meint Flo sofort und setzt sich daneben. Eigentlich sollte er sich lieber noch etwas ausruhen denn ich vermute mal, dass seine Nacht nicht lang war. Sanft zieht er mich in seine Arme und ich verliere jegliche Körperspannung. Wie ein Häufchen Elend liege ich in Embryonalhaltung in seinen Armen und kann schon wieder nicht anders als einfach zu weinen. Doch eigentlich muss ich doch stark sein. Levin braucht mich als seine Mama, Flo mich als seine Frau, Mareike als Schwägerin und Leon als Schwester. Zudem Köln als Sanitäterin und viele weitere Menschen als irgendwas. Ich kann Flo nicht schon wieder seinen Geburtstag crashen. Es soll morgen super Wetter werden und es ist ne Gartenparty mit Grillen und allem drum und dran geplant.
Seit fast 24 Stunden habe ich nicht wirklich geschlafen und weiss grade auch noch nicht wie ich hoch ins Schlafzimmer kommen soll. Vielleicht auch einfach gar nicht.
<Schatz ich muss gleich los zur Arbeit... Schaffst du es alleine zu bleiben oder soll ich jemanden fragen ob er vorbei kommt.> fragt Flo und ich meine <Passt schon.> <Okey.. Wenn nicht kannst du ja immer anrufen.> fügt er hinzu und ich richte mich auf. Meine Augen sind ganz schwer und brennen vom Weinen. Ich stehe auf und wander ins Wohnzimmer während Flo hoch läuft um seine Tasche zu holen. Müde lege ich mich auf die Couch und ziehe im Liegen meine Schuhe aus. Ich versuche es mir so bequem wie möglich zu machen und schließe meine Augen. Schon fast eingeschlafen bekomme ich noch mit wie Flo mich zudeckt und mir einen Kuss auf die Stirn drückt. Was wäre ich mal wieder ohne ihn?
Tatsächlich schaffe ich es ein paar Stunden wenn auch sehr unruhig zu schlafen bevor mich die Türklingel weckt. Wenn man das Schlaf nennen kann. Bin gefühlt jede halbe Stunde hochgeschreckt oder weinend aufgewacht. Kann mir echt Schöneres vorstellen. Unsanft schrecke ich schon wieder hoch und plumpse dabei von der Couch. Na immerhin bin ich so dann sofort wach. Grummelnd und immernoch tot müde stehe ich auf und laufe zur Haustür. Durch das Fenster neben der Tür sehe ich Phil und Alex draußen stehen.
Okey ich habe Fragen. Also öffne ich die Tür und meine während ich gähnen muss <Hey.. Was macht ihr denn hier?> <Dir Gesellschaft leisten und für dich da sein.. Also wenn wir dürfen!> meint Alex und ich lasse sie herein. Vermutlich ist es nicht verkehrt wenn ich nicht alleine bin. <Wir haben auch Frühstück mitgebracht. Damit du immerhin ein bisschen was isst. In den Tiefen meines Gehirns erinnere ich mich nämlich auch daran, dass du bei sowas Dinge brauchst die mit Käse überbacken sind.> sagt Phil während er direkt in die Küche abbiegt. Natürlich brennen mir sofort wieder Tränen in den Augen. An der Sache mit der zweiten Familie ist wirklich was dran. Als die Frau von Max letztes Jahr bei einem Autounfall ums Leben kam haben wir ihn auch unterstützt. Obwohl ich Flo habe bekomme ich diese "Liebe und Fürsorge" jetzt auch zu spüren. Nun gut, Phil und Alex sind dazu beide auch Freunde und wie Onkel für mich.
<Och Emmilein.. Bitte werd jetzt kein Zimmerbrunnen. Ich weine sonst echt mit!> meint Alex und ich schniefe. Ich möchte ja selber nicht schon wieder weinen. Aber es kommt jedes Mal einfach immer. <Na komm geh schonmal rüber ins Esszimmer.. Wir machen hier alles fertig.> sagt Phil daraufhin und nickt mir aufmunternd zu. Ich zucke nur unschuldig mit den Schultern und gehe aus der Küche in den Flur. Mein Blick fällt auf das Familienfoto von unserer Hochzeit und ich bekomme dann urplötzlich ein schlechtes Gewissen. Als ich heute Morgen fluchtartig das Krankenhaus verlassen hatte habe ich mich gar nicht darum geschert was mit Mareike und Leon passiert. Habe sie einfach mit der Situation alleine gelassen. Wie konnte ich nur so egoistisch sein? Ich habe diese ganze Sache hier gar nicht verdient.
Mal wieder habe ich mich ohne es zu merken in eine Panik hinein gesteigert. Bemerken tue ich es erst, als einer der Beiden mich an den Schultern fasst und leicht schüttelt. Ich habe das Gefühl zu ersticken und raufe mir die Haare während ich auf die Knie sinke. Flo und Leon würden mich jetzt wieder Drama-Queen nennen weil mein Körper einfach überreagiert.
Glücklichweise sind zwei Ärzte anwesend und Alex macht sich auf die Suche nach meinem Asthma Spray. Damit war ja echt lange Ruhe gewesen. Vielleicht auch weil ich fast seit 2 Jahren keine Zigarette mehr angefasst habe.

Ex hoc momento pendet aeternitas - Amor tollit timoremWo Geschichten leben. Entdecke jetzt