*16* / work

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Nach der Zigarette gehen wir lachend wieder rein da Dustin mir noch eine richtig lustige Geschichte von einem Einsatz gestern erzählt hat. Also der Einsatz war jetzt weniger das Lustige aber er war mit Tom on Tour, welcher nach der Übergabe im Krankenhaus mit der Trage wie ein Superheld durch die Gänge gerollt ist. Wurde natürlich von einem Arzt erwischt der für Humor eher weniger Platz im Leben hat.
Aber zumindest ich komme nicht einmal am Aufenthaltsraum an, denn mein Pieper meldet sich. Ich ziehe ihn aus der Tasche am Gürtel und schaue drauf. <Ich muss arbeiten. Aber danke für die Aufheiterung!> meine ich und mache mich wieder auf dem Weg nach unten in die Halle. Ein anderer RTW hat eine Panne und wir müssen den Patienten übernehmen damit der Transport in die Klinik umgehend fortgeführt werden kann.
Da mein Weg kürzer war bin ich natürlich auch schneller am RTW und wechsel meine Schuhe. Geliebte Adiletten wir sehen uns gleich wieder. Ralf kommt auch beim RTW an und ich ziehe schonmal das Stromkabel aus dem Auto raus. Ich fahre heute und bewege meinen Po danach auf den Fahrersitz. Während ich auf ihn warte ändere ich unseren Status schonmal, schnalle mich an und starte den Motor. Als Ralf das Tor geöffnet hat und dann ebenfalls eingestiegen ist fahre ich los und ziehe uns den Einsatz mit der Wegbeschreibung auf unseren Monitor. Es ist gar nicht weit entfernt und nach 3 Minuten sind wir schon da. Es ist auf einer normalen Straße mit beiden Fahrrichtungen und ich stelle mich quasi als Geisterfahrer hinter den ersten RTW. Erleichtert uns gleich das Umschieben des Patienten in unseren RTW.
Mit Blaulicht und Warnblinkanlage bleibe ich stehen und ziehe den Schlüssel bevor ich aussteige. Habe mir vorhin in der Umkleide noch schnell meine kleine Handschuhtasche am Gürtel aufgefüllt und kann mir auf dem Weg zum anderen RTW dort welche rausziehen. Während Ralf bei den Kollegen anklopft und die Tür öffnet schlüpfe ich in meine Handschuhe. Das klappt hervorragend, da ich in meiner morgendlichen Müdigkeit nicht Handschuhgröße M erwischt habe sondern anscheinend XL. Muss es später auf der Wache dringend ändern denn mit XL Handschuhen könnte ich auch vom Schutzstatus direkt ohne arbeiten.
Wir klettern in den anderen RTW und bekommen sofort eine Übergabe von Phil <Hey ihr.. Gut, dass ihr so schnell da seid. Das ist Herr Kleiber mit V.a. einer akuten Exazerbation seiner Herzinsuffizienz. Haben ihn abgeschossen und beatmet. Wir müssen jetzt echt schnell weiter ins Krankenhaus. Hier kann ich nicht mehr viel machen.> Ich nicke und schaue auf den Monitor. Werte mehr schlecht als Recht. Ich springe wieder aus dem defekten RTW und öffne Unseren. Dann fahre ich die Trage raus damit wir die einfach tauschen können. Da ja eh überall die selben Systeme drin sind ist das auch egal. Spart uns das Umlagern mit den ganzen Kabeln.
<Könnt jetzt!> rufe ich den Anderen zu und schiebe unsere Trage auf Seite. Der Abstand den ich zwischen den beiden Fahrzeugen gelassen habe war schon ziemlich mutig, denn allzu viel Platz haben wir hier nicht. Trotzdem meisten die Jungs es souverän und ich funke mit der Leitstelle <Der 1RTW3 für die Leitstelle. Wir übernehmen grade den Patienten aus dem 2RTW2 mit Notarzt. Setzen die Alarmfahrt in geplant 3-4 Minuten fort. Anmeldung steht für welches Krankenhaus?> <Okey verstanden. Ihr fahrt die Uniklinik direkt an. Dort seid ihr kardiologisch angemeldet und werdet erwartet. Habe die Verzögerung schon gemeldet> antwortet vermutlich Chris und ich erwidere noch <Das habe ich mit und verstanden.. Gehe gleich bei Abfahrt ganz normal auf Status 7.> Er bestätigt das nur noch einmal und ich lasse die Funke wieder Funke sein.
Während wir noch verladen kommt der Abschleppwagen für den defekten RTW und ich gebe das Omar und Max durch. Der RTW geht sofort zur feuerwehreigenen Werkstatt und dort bekommen sie einen Ersatz. Solange gehen die Einsätze wenn nötig auch vermehrt zu den anderen Rettungsdiensten aber wir haben lieber zu viel Fahrzeuge im Einsatz als zu wenig. Man weiss nie was so in einer Großstadt mit ner Millionen Einwohnern und vermutlich zusätzlich noch ein paar mehr Arbeitern passiert.
Nachdem Phil sein Go gibt schließe ich hinten die Türen und steige dann selber vorne wieder ein. Das selbe Procedere wie jedes Mal von vorn. Tür zu, Schlüssel rein, Auto an, anschnallen, Status ändern, Gang rein und los gehts. Ich bekomme die Änderung sofort auf den Monitor und fahre umgehend zur Uniklinik.
Während die Jungs den Patienten ins Krankenhaus bringen und übergeben fange ich schonmal an hinten aufzuräumen. Das bedeutet leere Verpackungen in eine Mülltüte werfen und schonmal die Flächen abwischen. Dazu muss ich aber in die Notaufnahme einmal rein und mir Handschuhe + Tücher holen. Immerhin war hier kein Blut im Spiel denn das aufzuwischen dauert immer etwas länger. Sobald die Trage dann wieder hier ist kann ich dir direkt weiter wischen. Kaum habe ich drüber nachgedacht kommt Ralf mit Dieser raus und gibt ihr einen Schubs in meine Richtung.
Ich fange sie ab und nehme mir neue Tücher aus dem Spender. Sorgfältig wische und desinfiziere ich die Liege während er mir ein Update vom Patienten gibt. Während er erzählt unterbreche ich kurz meine Wischarbeit und gebe ihm den Vorbericht von Omar. Den müssen wir später nämlich mit einreichen.
Kaum haben wir uns wieder einsatzbereit gemeldet bekommen wir den nächsten Einsatz. <Leitstelle für den 1RTW3 bitte kommen.> funkt Chris uns and und ich nehme mir die Funke aus dem Mittelbereich. <Der 1RTW3 hört.> melde ich mich zurück und er fragt <Könnt ihr direkt den nächsten Einsatz übernehmen? Habe einen Zustand nach vermutlich Küchenunfall mit Schnittwunde am Unterarm. Die Patientin gibt selber an, dass der Schnitt nicht allzu tief sei hat aber massive Kreislaufbeschwerden. Da sie alleine daheim ist sollten wir mal schauen fahren. Nicht dass sie wirklich noch kollabiert und dann alleine in der Wohnung liegt. Eventuell dazu sich beim Sturz weitere Verletzungen zuzieht.> <Klar wir übernehmen. Schreibst uns ihn dann direkt zu und schickst uns den Einsatz rüber?> frage ich noch und kurz danach haben wir den Unfall schon drauf.
<Weiter gehts!> kommentiere ich und fahre dann direkt wieder los. Ich hoffe innerlich wirklich, dass es kein tiefer Schnitt ist und ein Unfall war. <Jetzt kann ich dich endlich mal fragen: was war da am Montag zwischen dir und Dustin. Beziehungsweise was war gestern. Der Flurfunk spricht ausnahmsweise mal in Hieroglyphen. Du weisst dass ich dir nicht zu nahe treten möchte aber da wir die nächsten noch 6,5 Stunden miteinander verbringen..> fragt er fast schon schüchtern und ich unterbreche ihn lachend <Alles gut. Ich bringe dich gerne auf den neuesten Stand. Hat Franco mal wieder erzählt, dass ich Dustin fast zu Smoothie verwandelt habe? Das stimmt nur halb. Wie man weiss sind wir sehr gut befreundet und er hat einfach scheiße gebaut. Als gute Freundin musste ich ihm dann mal die Synapsen richten. Es ist halt etwas eskaliert aber wir haben uns ausgesprochen und vertragen... Zu gestern reicht es fast sagen, dass ich ein wunderschönes Motorrad sowie meine ebenso wunderschöne Kombi geschrottet habe. Sehe zwar aus wie ein Dalmatiner aber sonst bin ich körperlich unversehrt. Hatte vorhin extra noch eine Untersuchung bei Dr. Roscher. Er hat mir meine Arbeitsfähigkeit auch attestiert.> <Okey gut.. Du bist halt einer unserer Unglücksraben und ich wäre dir sehr dankbar wenn du nicht stirbst während wir Dienst zusammen haben. In Kollegen reanimieren bin ich ziemlich schlecht.> entgegnet er auflachend und ich muss ebenfalls grinsen. <Ne ich gebe mir schon Mühe. Im Dienst selber habe ich auch noch gar nicht sooo oft irgendwelche Unfälle oder so gehabt. Selbst wenn waren sie glaube ich nie lebensbedrohlich. Muss ich gleich mal Alex fragen. Der hält mir die ja eh ständig vor.> meine ich dann noch bevor wir schon da sind. Ich suche die Hausnummer und stelle mich direkt in die Einfahrt.
Ich ziehe den Schlüssel ab, starte wie immer die fortlaufende Kühlung und dieses Mal ziehe ich mir direkt Handschuhe aus dem Karton. Wenn es blutig werden könnte sind passende Handschuhe sinnvoller. Erst dann steige ich aus und schaue mich um. Hausnummer 34 stand in der Einsatzbeschreibung und ich gehe schonmal vor. Ralf folgt mir und nachdem ich geklingelt hatte schließe ich den RTW ab. Wir müssen hoch in die zweite Etage und ich sehe sofort die angelehnte Tür. Sanft klopfe ich an und drücke die Tür auf. An die gegenüberliegende Wand gelehnt sitzt die Patientin, drückt sich ein Handtuch auf den linken Unterarm und ist fertig mit dem Leben. <Hallo der Rettungsdienst. Was ist passiert?> frage ich ruhig und sie schaut hoch. Ihre Augen sind rot und verquollen, ihre Hautfarbe dagegen sehr blass.

Ex hoc momento pendet aeternitas - Amor tollit timoremWo Geschichten leben. Entdecke jetzt