Ex hoc momento pendet aeternitas - Amor tollit timorem

*21* / irgendwas ist immer

Wir haben uns den großen Wanderweg ausgesucht welcher 13 Kilometer lang ist. Wie lange wir dafür brauchen ist dabei ja egal da der Weg im Dunkeln beleuchtet ist. <Schau Mal Em.. Hier ist der perfekte Platz für Familienfotos.> stellt Flo irgendwann lachend fest und ich muss ihm Recht geben. Habe ich schon erwähnt, dass er genauso ein Fan von Fotos ist wie ich? Während er das Stativ aufstellt laufe ich Levin hinterher und fange ihn wieder ein. Dieses Kind ist ganz die Eltern und hat ordentlich Feuer unterm Hintern. Mein Opa sagte früher immer Hummeln im Po. Für mich was das Landleben damals genau richtig aber jetzt möchte ich die Stadt nicht mehr missen. Es fahren hier genug Busse und Bahnen um überall hinzukommen. Man kann zwischen mehr Schulen und Kindergärten wählen und man hat mehr Freizeitmöglichkeiten.
Mit Levin im Arm setze ich mich auf die Bank und ihn dann neben mich. Flo kommt ebenfalls dazu und macht neue Familienfotos. Wir brauchen eh ganz dringend ein neues Bild für unser Schlafzimmer. Da hängt momentan nur eine Leinwand mit einer Collage von unserer Hochzeit drauf, welche der Fotograf den Paaren wohl immer schenkt. Ich liebe es auch aber es ist so wenig.
Wir grinsen in die Kamera und gelegentlich muss ich Levin davon abhalten mit meine Bommelmütze vom Kopf zu ziehen. Er fand es lustiger zu stehen als zu sitzen. Outtake Fotos sind eh immer die Besten. Nach den Fotos mag Levin aber nicht mehr laufen und ich setze ihn in den Buggy rein. Flo hängt seine Kamera um den Griff und läuft neben mir her. Ich schiebe den Buggy mit einer Hand und halte mit der Anderen die Hand meines Mannes. Gelegentlich weht ein kühler Wind durch den Wald und noch seltener begegnet uns ein einsamer Jogger. Hier ist echt nichts los. Vermutlich gehen die Alle morgen zum Sonntagsspaziergang.
Irgendwann bleibt Flo plötzlich wie angewurzelt stehen und sieht sich um. <Alles gut Schatz?> frage ich ihn halb besorgt und er meint <Ich war hier als Kind oft.. In der Nähe muss mein altes Baumhaus sein.. Lass es mal suchen.> <Ehm Flori?? Das ist safe Ewigkeiten her. Als ob das noch steht.> versuche ich ihn zu bremsen denn ich habe kein gutes Gefühl. Er lässt sich aber nicht von seinem Plan abbringen. Also nehme ich Levin aus dem Buggy raus und auf meinen Arm nachdem ich den Rucksack geschultert habe. Flo klappt ihn dann zusammen und wir gehen querfeldein in den Wald. Das kann nicht gut enden. Levin schaut sich interessiert im Wald um und versucht sich Äste zu schnappen. Immerhin er hat grade noch Spaß.
<Schau mal da ist es.> ruft Flo irgendwann und zeigt hoch in die kahlen Bäume. In der Tat ist dort oben ein altes Baumhaus. Noch bevor ich etwas sagen kann hat Flo den Buggy auf dem Waldboden abgelegt und klettert die vermutlich morschen Stufen hoch die vor keine Ahnung wie vielen Jahren an diesen Baumstamm geschraubt wurden. Ein Wunder, dass sie überhaupt noch hängen. Keine Ahnung wie das geschehen ist aber Florian kommt unfallfrei oben an und verschwindet in sein altes Baumhaus. Man hört wie er alte Sachen von sich wiederfindet. Keine Ahnung wieso er es damals anscheinend einfach so verlassen hatte. <Sogar mein altes Bob der Baumeister Portmonee mit grandiosen 11,24 Euro liegt noch hier oben.> ruft er mir lachend zu und auch ich muss grade grinsen. Wie er sich freut. Ganz im Gegensatz zu Levin, welchem wohl grade langweilig wird denn er meckert. Sanft setze ich ihn auf dem Boden ab und lasse ihn dann rumlaufen. Bis Flo wieder runterkommen wird kann es vermutlich noch dauern.
Natürlich setzt Levin sich in den Matsch und ich seufze. Immerhin trägt er seine Matschkleidung und saut nicht seine normale Kleidung ein. Während ich ihn beobachte und davon abhalte Matsch zu essen ziehe ich mein handy aus der Jacke und schaue drauf. Wie weit sind wir im Wald dass ich keine Verbindung mehr habe? Wir sind schon 2 Stunden unterwegs und ich bekomme irgendwie wieder Hunger. Zudem fängt es grade an zu regnen. <Babe mach mal fertig. Ich bekomme Hunger und es regnet.> drängel ich Flo lachend und er ruft zurück <Ich komme ja schon wieder runter Queen of Mimimi.> Gesagt getan. Während er wieder runter klettern möchte schnappe ich mir Levin. Er ist voller Matsch und ich sage liebevoll zu ihm <Dich stecke ich gleich aber komplett in die Waschmaschine.> Doch die Idylle hält nicht lange. Es knackt nur kurz im Hintergrund und ich höre Flo schreien. Als ich mich zu ihm umdrehe prallt sein Körper grade auf den Waldboden. <FLORIAN!> entfährt mir ein Schrei und Levi fängt vor Schreck an zu weinen. Mit einem Satz bin ich bei Flo und rüttel vorsichtig an seiner Schulter. Er stöhnt vor Schmerzen, hat dabei aber die Augen geschlossen.
<Flori bitte mach die Augen auf.> flehe ich ihn erschrocken mit Tränen in den Augen an doch er regt sich nicht. Schnell überprüfe ich Atmung und Puls. Zum Glück da und kräftig. Ich ziehe mein Handy wieder aus der Tasche und habe immernoch kein Netz. Vielleicht klappt es ja doch und ich treffe einen Funkbereich. Mit zitternden Hände wähle ich die Notruf Nummer doch ich bin in einem absoluten Funkloch. Und sowas nennt sich Millionenmetropole.
Vorsichtig lagere ich Flo in der stabilen Seitenlage und ziehe dann meine Jacke aus. Er wird eher Temperatur verlieren als ich also decke ich ihn sanft damit zu. Dann ziehe ich noch Levins Decke aus dem Buggy und unterlagere seinen Kopf. Nachdem ich sicher bin, dass er aktuell noch lebt nehme ich mir meinen Sohn und mache mich auf den Weg durch den Wald. Habe in der Aufregung vergessen woher wir vorhin kamen.
Eine ganze Weile irre ich durch das Waldgebiet und versuche immer wieder einen Notruf abzusetzen. Habe sogar schon SMS an Papa gesendet, falls ich kurzzeitig in einen Funkbereich komme reicht es häufiger für ne kurze SMS als für einen Anruf. Aber auch die geht irgendwie nicht durch. Meine Kleidung ist mittlerweile komplett durchnässt und ich habe Levi mit meinem XXL Schal irgendwie an meinem Oberkörper festgebunden. Quasi wie so ein Tragetuch. Auf einer Lichtung habe ich endlich Glück und mein Handy beginnt zu wählen. Aber verdammt wo bin ich hier eigentlich?

T: Feuerwehr und Rettungsdienst Köln, wo ist der Notfallort?
E: Oh man Tolga ich war selten so froh deine Stimme zu hören.
T: Emilia?
E: Ja.. Flo ist im Wald gestürzt aber ich weiss weder wo das passiert ist noch wo ich grade überhaupt bin..
T: In welchem Wald seid ihr denn?
E: Königsforst. Haben auf dem Parkplatz Erkermühle geparkt und sind von dort aus los.
T: Schonmal ein Anfang.. Ich schicke schonmal Kollegen zum Parkplatz am Königsforst. Wir finden euch Em.. Wie schwer meinst du ist Flo verletzt?
E: Er war aufjedenfall soporös. Ich habe nicht gesehen aus welcher Höhe er gestürzt war.. Vitalparameter waren soweit ich das beurteilen konnten stabil. Er hat eine Kopfplatzwunde welche ich aber nur notdürftig abdecken konnte.
T: Atme erstmal tief durch.. Ich probiere mal eben dich zu orten. Vielleicht hilft uns das schonmal weiter....

Ich habe einfach nur Angst. Zu der Nässe, der Kälte und den Verletzungen wird es langsam dunkel. Und Dunkelheit bei der Personensuche im Wald ist mit unser größter Feind. Ich drücke Levin weiter an mich ran und warte auf die Antwort von Tolga.

Mal wieder ein etwas fieser cut... Der Königsforst liegt soweit ich weiss etwas östlich von Köln und nicht in Köln aber für die Story gehört er jetzt einfach zu Köln.