29 - Wonnemond

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Vor Fécamp , Westfränkisches Reich

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Luca sass zusammengekauert am Uferrand und beobachtete mit neidischem Blick, wie der Wikinger Kopf voran in den Fluss sprang. Zögerlich watete der Franke ins Wasser, machte aber auf halbem Weg kehrt und rannte wieder ans Ufer. Die grässliche Kälte stach viel zu sehr auf der Haut.

Er traute sich nicht, das weisse Hemd mit rot besticktem Rand auszuziehen, denn es war lange genug, um seine Lendenregion zu bedecken. Er wollte sich nicht vor dem Wikinger entblössen. Das letzte Bisschen Menschenwürde, das er noch besass, wollte er wahren.

Rurik allerdings hatte sich ungeniert die Kleidung vom Leib gerissen und war mit blankem Hintern ins kalte Wasser gesprungen, um sich den Schweiss und den Gestank der letzten Nächte vom Leib zu spülen.

Den ganzen Tag waren die beiden Männer einer Spur gefolgt, die Rurik anscheinend auf dem matschigen Boden in der Nähe des Flusses entdeckt hatte. Luca war es schleierhaft, wie dieser Kerl anhand von umgeknickten Grashalmen und verwischten Spuren im Dreck überhaupt fündig werden konnte. Ihm blieb aber nichts anderes übrig, als dem Normannen zu glauben und ihm den Fluss entlang zu folgen. Nun rasteten sie an einer seichten Stelle und wuschen sich die schmutzigen Körper.

„Ohne Seife wird das aber nichts", grummelte Luca und rieb sich die Arme ab.

Ruriks Kopf tauchte an der Oberfläche auf und er spuckte eine Ladung Wasser aus dem Mund. Er schien seine Freude am erfrischenden Bad zu haben. Luca hingegen überhaupt nicht, denn er wollte seinen abgekühlten Körper eigentlich nur noch an einem Feuer wärmen.

„Ist dir das Wasser etwa nicht warm genug?", lachte Rurik und strich sich seine langen Haare aus dem Gesicht. „Hat euch Ragnar die Wanne immer mit lauem Wasser gefüllt?"

Luca schnalzte genervt mit der Zunge.

„Nein. Wir durften uns mit dem kalten Brunnenwasser waschen. Einmal die Woche."

„Dann kennst du es ja", grinste Rurik und schlug seine Hand auf die Wasseroberfläche, so dass sich eine kleine Welle über Luca ergoss.

Dieser hüpfte erschrocken vom Ufer auf, beide Hände in den Saum seines Hemdes gekrallt, schwer darum besorgt, sein bestes Stück nicht dem Wikinger zu entblössen.

„Und Hemmungen hast du auch noch!", lachte Rurik weiter. „Es ist ja nicht so, dass ich nicht wüsste, was du da zwischen deinen Beinen versteckst!"

„Es geht dich nichts an!"

„Seid ihr Franken immer so genierlich?", grinste Rurik und stand auf, was seinen nackten Körper in seiner ganzen Pracht dem Sklaven präsentierte.

Kleine linienförmige Rinnsale flossen von seinem kräftigen Oberkörper zu seinen Lenden herunter und perlten über die muskulösen Beine zurück in den Fluss. Die Kriegsnarben stachen im Licht der Sonne hell auf seiner Haut hervor. Nur an einer Stelle wies sein Oberkörper eine violett verfärbte Stelle auf. Luca vermutete, dass dies Ruriks jüngste Stichverletzung sein musste.

„Um Himmels Willen, Normanne! Ich will das nicht sehen! Hab doch bitte etwas Sitte und behalte deine persönlichen Dinge bei dir", protestierte Luca mit geschlossenen Augen.

Rurik amüsierte sich köstlich ob der Scham seines Begleiters. Er liess seinen Körper schnell wieder ins Wasser gleiten, so dass der Sklave durch die zusammengekniffenen Lider linsen konnte.

„Alles wieder verdeckt. Der prüde Franke kann seine Augen öffnen."

„Ich bin nicht prüde!"

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