47 - Brachmond

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Warnung:

Meine Lieben.
Aus Respekt den sensiblen Geschöpfen dieser Welt gegenüber, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass in diesem Kapitel sehr gewalttätige und brutale Handlungen explizit beschrieben werden, die so manchen emotional aufwühlen können. Ihr seid hiermit gewarnt.

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Bei Paris, Westfränkisches Reich

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Aveline folgte Ragnar und den Männern. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals, während sie den Königspalast hinter sich liessen und durch die leeren Gassen von Paris marschierten. Der Druck fiel langsam von ihren Schultern, aber dennoch flatterte die Nervosität unruhig in ihrem Magen.

Sie hatte während des Speisens mit dem König und seiner Gattin kaum einen Bissen herunterbekommen, so schrecklich aufgeregt war sie gewesen. Ragnar hingegen hatte sich das Festmahl in aller Lockerheit gegönnt. Voller Furcht, dieses Vorhaben könne schiefgehen und somit Ruriks Schicksal besiegeln, hatte sich Aveline verkrampft. Die Verhandlung wäre auch fast gescheitert, wäre da nicht die Königin gewesen, die zu ihrer eigenen Überraschung zur Hilfe kam und ihren Gatten dazu gebracht hatte, die Diskussionen mit einem Abkommen zu beenden.

Aveline blickte über ihre Schulter. Loki ging hinter ihr, in seinen eigenen Gedanken versunken. Der Bursche hatte die Anwesenheit der Hofdamen doch sehr genossen und er kicherte leise vor sich hin. Ragnar hatte ihn dabei haben wollen, damit er ein gutes Auge auf sie behalten würde. Er war ihr Aufpasser aber hatte während der ganzen Verhandlung nur mit den Zofen und der Königin herumgeschäkert. Aveline verstand nicht, wie dieser Lockenkopf so fröhlich durch die Welt gehen konnte, wo doch sein bester Freund im Käfig eingesperrt die Nacht hatte verbringen müssen.

Avelines Nervosität stieg, als sie das Zeltlager der Normannen erreichten. Sie hatte ihren Teil der Abmachung eingehalten, aber sie war sich überhaupt nicht sicher, ob Ragnar sein Versprechen einlösen würde. Sie starrte auf seinen Rücken.

Ragnar hatte ganz zufrieden ausgesehen, als die Knappen die riesige Kiste ihm vor die Füsse gestellt hatten. Der König von Westfranken hatte dem Jarl von Nordjütland Danegeld im Tausch für Freiheit und Frieden gezahlt. Eine mächtige Summe von siebentausend Silbermünzen. Aveline hoffte, dass ihn diesen Triumph milde stimmen würde.

Die grosse, schwere Truhe wurde von zwei Kriegern getragen. Das Geld sollte direkt in Ragnars Zelt gebracht werden, denn dort war es am sichersten.

Die Gruppe erreichte den Vorplatz und blieb stehen.

„Holt Rurik da raus!", winkte Ragnar Thorsten zu, der den Schlüssel zum Käfig besass.

Thorsten marschierte sofort los. Der Gefangenenkäfig befand sich unweit von Ragnars Zelt. Nachdem Rurik am Tag davor laut brüllend und zeternd von Ragnars Männer auf die Knie gezwungen worden war, hatte man ihn erstmal windelweich geschlagen und dann in den Käfig geworfen.

Aveline hatte nichts gesehen, denn sie war im Zelt angebunden gewesen. Sie hatte die Rauferei nur durch die Zeltplanen gehört. Sie wusste nicht, in welchem Zustand sich Rurik befand. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als Rurik von Thorsten und einem anderen Mann an beiden Armen herangeschleppt wurde.

Sie atmete erleichtert auf, als sie sah, dass er noch auf seinen Füssen stehen konnte und nur kleine Schrammen im Gesicht aufwies. Er schien trotz allem wohlauf zu sein. Die Hände hatte man ihm zusammengebunden. Er wehrte sich gegen die kräftigen Männer, die ihn nur mit grösster Mühe stillhalten konnten.

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