Zwölftes Kapitel

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Ich schlug meine Augen auf. Der Wecker hatte geklingelt. Es war 06:55 Uhr. Eindeutig zu früh, um aus dem Bett zu steigen, doch es blieb mir wohl oder übel nichts anderes übrig. Da ich gestern Nacht schon im Büro der Schulleiterin gewesen war, konnte ich es mir nicht leisten das Frühstück und somit den ersten wichtigen Tag zu verpassen.

Ich stand auf, wusch mir an dem kleinen Waschbecken das Gesicht und putzte mir die Zähne. Anschliessend schlüpfte ich in die neue Schuluniform und ging noch auf die Toilette, ehe ich mich zum Frühstück ins Hauptgebäude begab.

Vor dem grossen Saal erblickte ich als allererstes Dean. Auch er sah mich und nickte mir kurz und knapp zu. Ich steuerte den gleichen Platz wie gestern beim Abendessen an. Wir sassen am hinteren Ende an einem der langen Tische. Nova und Cosmo waren noch nicht zu sehen.

Ich holte mir an einem der drei aufgebauten Buffets eine Tasse Kakao, als Dean zu mir trat. "Guten Morgen", sagte er.

"Guten Morgen", erwiderte ich. "Hast du gut geschlafen?"

"Geht so", brummte er und kam direkt zur Sache. "Ich wollte dich eigentlich nur kurz bitten deinen Freunden nichts von gestern zu erzählen. Nicht nur in meinem Interesse, sondern auch in Lennards und Trevors. Es muss ja nicht jeder wissen, und dass wir in Hawkings Büro waren musst du auch nicht an die grosse Glocke hängen. Du solltest darauf nicht stolz sein."

Was dachte er bloss von mir? Hielt er mich für Tratschtante Nummer Eins? Oder für eine lebendige Tageszeitung? "Ich hatte nicht vor etwas zu sagen", gab ich zurück und das stimmte. Hatte ich wirklich nicht.

Er zog erstaunt die Augenbrauen hoch. "Nicht?" Ich schüttelte den Kopf.

"Okay", sagte Dean, "danke."

"Gern geschehen."

Für einen kurzen Moment sagte niemand etwas und wir schauten uns nur an. Ehe es seltsam werden konnte wandte er den Blick von mir ab.

"Na dann wünsche ich dir einen schönen ersten Tag und bis heute Abend."

Das hatte ich schon fast vergessen. Hawking hatte uns dazu verdonnert der alten Bibliothekarin Miss Greer dabei zu helfen Bücher zu sortieren und Ordnung in die Bibliothek zu bringen. Für satte drei Stunden. Dafür, dass Dean zum dritten Mal erwischt wurde und ich in meiner ersten Nacht.

Als ich zurück an meinen Platz kam, war Cosmo bereits erschienen. "Mit wem hast du denn eben geredet?", fragte er direkt, ehe ich mich überhaupt neben ihn gesetzt hatte. Seine Stimme klang herausfordernd und schnippisch.

"Mit Niemandem. Hast du gut geschlafen?", wechselte ich das Thema.

Er gab mir keine Antwort. "Das sah aber nicht nach Niemandem aus."

Ich war gottfroh, dass in diesem Moment auch Nova kam und mir gegenüber Platz nahm. Ich verwickelte sie in ein Gespräch über ihre bisherige Schule, damit Cosmo nicht auf die Idee kommen würde mich mit weiteren Fragen über Dean zu löchern.

Das Frühstück verlief ruhig. Im ganzen Saal hörte man ausser scheppernden Löffeln, leisem Gemurmel und vereinzeltem Gähnen nicht wirklich viel. Wenig später leerte sich nach und nach der Saal, da die Erstgeborenen aus den anderen Jahrgängen ja in den Unterricht mussten. Es blieb also nur meine Stufe übrig.

Mein Jahrgang blieb zurück und wartete darauf, dass uns jemand den Tagesablauf erläutern würde. Während wir also schweigend warteten, spürte ich Cosmos Blicke auf mir. Mir wurde warm, doch ich versuchte es zu ignorieren. Ich hatte den Eindruck, dass Cosmo eifersüchtig war. Zu meiner eigenen Überraschung löste dies ein gutes Gefühl in mir aus.

Als Mr Bennett schliesslich kam, verstummten auch die letzten Gespräche. Er wünschte uns einen guten Morgen und begann dann auch direkt die Klasseneinteilung aufzusagen. Wir wurden alle drei in unterschiedlichen Klassen untergebracht. Cosmo wurde in die Klasse 1.5 eingeteilt, Nova in die 1.3 und ich in die 1.8.

Die Erstgeborenen | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt