Neununddreissigstes Kapitel

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Nova war nicht gerade sehr begeistert davon, dass ich sie aus ihrem seelenruhigen Schlaf weckte. Doch das änderte sich schlagartig, als ich ihr den Grund für mein Kommen verriet.

"Ach du scheisse", war das Erste, das sie sagte und dann nochmal: "Ach du scheisse. Dann nichts wie los." Schnell zog sie sich eine Jeans und einen Pullover über.

"Wie geht's dir?", fragte sie, als wir die Treppen runter eilten. "Ich bin unglaublich nervös und total aufgeregt. Das passiert alles so schnell, ich komme gar nicht hinterher damit, mir alles in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen."

Nova wollte etwas erwidern, doch es traf uns der blanke Schock, als wir die Tür nach draussen öffneten und ein Kopf ohne Körper vor uns auftauchte. Es war Plave, eine der vier Hausgeister. Ihr Gesicht war so rund wie der Vollmond, auf der Haut prangten einige braune Warzen. Sie trug einen Pony, das restliche Haar reichte ihr bis zum Kinn. Nova und ich waren so perplex, dass wir beide nicht wussten, was wir sagen sollten.

Plave zu sehen war kein gutes Zeichen.

"Sie zwei sollten so spät nicht mehr unterwegs sein", sagte Plave mit finsterem Blick.

"Wissen wir", begann Nova zögerlich und schaute mich hilfesuchend an.

"Es ist nur so dass....", ich suchte nach der perfekten Ausrede. Nova rettete die Situation, indem sie sagte, dass mir schlecht geworden sei und sie mit mir frische Luft schnappen ginge.

Plave durchschaute unsere Lüge und unterbrach sie. "Sie brauchen mir keine Märchen zu erzählen. Ihr spätes Herumtreiben wird Folgen haben. Ich werde Schulleiterin Hawking darüber informieren, nur damit Sie das wissen."

Sie schaute uns böse an und in diesem Moment hätte ich ihr am liebsten den Hals umgedreht. Sie hatte Glück, dass sie schon tot war.

"Und nun gehen Sie zurück in Ihre Betten", befahl sie uns und uns blieb wohl nichts anderes übrig, als zu tun was sie sagte.

Wir machten also auf dem Absatz kehrt, blieben jedoch hinter der Ecke stehen. Wir warteten, bis sich Plave aus dem Staub gemacht hatte und als sie nicht mehr zu sehen war, schlichen wir uns leise und schnell hinaus.

Dean, Trevor und Lennard warteten bereits auf uns. "Warum hat das so lange gedauert?", fragte Trevor direkt. "Freut uns auch dich zu sehen", zischte ich. Nova hob halbherzig die Hand und lächelte kurz.

"Wir müssen uns beeilen. Wir wurden auf dem Weg von Plave erwischt", drängte ich zur Eile. Je mehr Zeit verging, desto aufgeregter wurde ich.

"Ich hab sie schon eingeweiht", sagte Dean und nickte in Trevors und Lennards Richtung. "Gut", antworte ich, "Nova weiss auch Bescheid."

"Und was ist nun der Plan?", meldete sich diese zu Wort.

Trevor zog eine kleine, silberne Schatulle aus seiner Hosentasche hervor.

"Wir haben von Mr Amberla noch einige Freifahrtscheine, falls wir spontan das Gelände verlassen müssen oder wollen. Mit diesen können wir an jeden beliebigen Ort in Endola reisen. Auch nach St. Markolf."

Ich runzelte die Stirn. Es kam mir ziemlich merkwürdig vor, dass Mr Amberla seinen Schülern solche Freifahrtscheine einfach so gab. Das verstiess bestimmt gegen jede einzelne Regel. "Wieso gibt er euch die?"

"Naja, ich schätze wir sind seine Lieblingsschüler", antwortet Lennard grinsend.

Ich wandte meinen Blick zu Dean, doch der winkte nur gelassen ab und gab mir zu verstehen, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür war.

"Dean", murmelte Trevor und hielt uns die Schatulle entgegen. Darin befanden sich nur noch drei Freifahrtscheine. Sie sahen aus, wie goldene Zugtickets, mit einem Schwarzen Kreis in der Mitte. Wir schauten uns an.

Drei Freifahrtscheine, fünf Personen. Zwei zu wenig, zwei zu viel.

Einen Moment lang war es still. Niemand sagte etwas.

"Und was jetzt?", fragte ich.

Keiner schien eine Antwort zu haben. Ich seufzte. "Ich schätze es sehr, dass ihr dieses Risiko für mich eingehen wollt. Ich habe keine Ahnung, was auf uns zu kommen wird. Luzifer sollten wir jedoch nicht unterschätzen. Ich erwarte nicht, dass ihr möglicherweise euer Leben für mich riskiert."

"Ich komme mit dir", sagte Dean sofort. Er musste keine Sekunde überlegen. Dankbar lächelte ich ihm zu.

"Aurelia", begann Nova, "ich würde natürlich mitkommen und dir zur Seite stehen. Ich weiss allerdings erst seit kurzem über das alles Bescheid, und ich weiss nicht, wie sehr ich dir eine Hilfe sein kann. Trevor oder Lennard haben mehr Erfahrung als ich, sie sind schon im dritten Jahr, ich erst im ersten..."

"Alles gut Nova, ich bin dir kein Stück böse", unterbrach ich sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Geh du", sagt Lennard zu Trevor.

"Bist du sicher?"

"Ja, du bist der bessere Erstgeborene."

Es brach mir das Herz meine Freunde so zu sehen. Niemand wusste, was wir in St. Markolf antreffen würden. Niemand wusste, ob wir zurückkommen würden.

"Was macht ihr in der Zeit, in der wir weg sind?", warf Dean eine wichtige Frage in den Raum. "Mrs Hawking ist uns keinen Hilfe."

"Mr Amberla?" Lennard hob die Schultern.

"Miss Greer."

"Miss Greer?"

"Sie ist meine Oma."

"Miss Greer ist deine Oma?"

Ich verneinte Trevors Frage. "Amanda ist meine Oma. Vorrübergehend hat sie nur die Gestalt von Miss Greer angenommen."

Den fragenden Blicken wich ich aus. Es blieb keine Zeit für Erklärungen. Vielleicht hatte Luzifer Valentin schon längst etwas angetan und wir würden viel zu spät kommen.

An Nova und Lennard gerichtet fügte ich hinzu: "Sie wird wissen was zu tun ist."

Nova umarmte mich zum Abschied. "Versprich mir, dass du wieder zurückkommst", flüsterte sie in mein Ohr und ich versprach es, unwissend, ob ich dieses Versprechen halten würde.

Trevor, Dean und ich blieben zurück. Trevor nahm die drei Freifahrtscheine aus der Schatulle und reichte uns je einen. Das Papier fühlte sich unglaublich schwer und warm an.

"Es muss schnell gehen", sagte Trevor und erklärte mir wie es funktionierte. "Du ziehst den Freifahrtschein langsam auseinander, er darf nicht reissen. Wenn das schwarze Loch gross genug ist, dass streckst du deinen Kopf hinein, und ziehst dir das Ticket über. Verstanden?"

Ich nickte. "Und wenn er trotzdem reisst?"

"Er darf nicht."

"Was wenn doch?"

"Keine Ahnung", Trevor zuckte mit den Schultern und fuhr durch sein kurzes blondes Haar.

Seine Antwort beruhigte mich keineswegs. Ganz im Gegenteil.

Dean räusperte sich. "Wir sehen uns in einer Minute wieder, okay?"

Ich schluckte, nickte aber. Vor lauter Aufregung wurde mir schwindelig und unglaublich schlecht.

Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich musste Valentin retten.

***

Aurelia wird also gleich ihrem Vater Luzifer gegenüberstehen. Was erwartet ihr von dieser Situation?

Hoffe euch hat das Kapitel gefallen❤️

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