Zweiundvierzigstes Kapitel

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Ich fühlte mich wie neu geboren. Kraftvoller und stärker. Mutiger.

Elliot war hinter einer Ecke verschwunden. Luzifer hatte ihn beauftragt alles dafür vorzubereiten. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde, doch ich spielte einfach mit. Ich vertraute Dean.

Nachdem Luzifer mir magische Fesseln umgelegt hatte, sodass ich nicht entfliehen konnte, hatte er sich vor mir aufgebaut und war einige Male hin und her gelaufen.

"Die Raben und die schwarzen Gestalten", fing ich an Zeit zu gewinnen, "warst du das?"

"Mein Gefolge." Er lächelte.

"Weisst du", begann Luzifer, "du magst deiner Mutter zwar ähnlich sehen doch ", er schien nach den richtigen Wörtern zu suchen. Sein Blick ging nach oben an die Decke, während er seine Stirn in Falten legte. „Du bist anders als sie. Temperamentvoller. Tief in deinem Innern bist du wie ich."

"Wie? Böse?"

Er verdrehte die Augen. "Ihr seht mich alle als böse an, dabei bin ich das gar nicht. Ich verlange nur Rache. Gerechtigkeit. Man hat mich als Engel verstossen und dafür werde ich mich rächen."

Ich verdrehte die Augen.

"Aralda war naiv. Leichte Beute", er grinste mich höhnisch an.

"Sprich nicht so von ihr", verlangte ich mit leiser Stimme. "Wie bitte?", hakte er nach. "Ich sagte: Sprich nicht so von ihr", wiederholte ich, diesmal lauter.

"Ich bin dein Vater. Habe etwas mehr Respekt vor mir."

Ich schüttelte den Kopf. „Du bist nicht mein Vater. Du glaubst wohl, weil ich zur Hälfte dein Blut in mir trage, bist du mein Vater? Vater zu sein bedeutet für sein Kind da zu sein. Und du warst nie für Esmera und mich da. Obwohl du wusstest, dass es uns gibt. Macht war dir wichtiger. Wichtiger als deine Töchter. Es war dir wichtiger Endola zu beherrschen, anstatt Esmera und mich aufwachsen zu sehen."

Ich hatte nicht erwartet, dass er mich so lange sprechen liess. Umso erstaunter war ich, als ich meine Worte zu Ende gesprochen hatte. Einen Moment lang war es still.

"Du unterschätzt Macht. Sie ist wichtiger als alles andere. Ohne Macht bist du nichts in Endola. Ich mache dir nochmals das Angebot die Seiten zu wechseln."

Ich verneinte. "Auf keinen Fall."

Elliot erschien hinter Luzifer und sprach laut und deutlich: "Es ist alles bereit."

Nun beschleunigte sich mein Herzschlag. Ich setzte alles auf Dean und Trevor.

"Rufe das Gefolge, es ist an der Zeit."

Ich sah mit an wie einige Sekunden später, sich erneut ein schwarzer Wind bildete und sich daraus heraus fast dreidutzend Gestalten herausbildeten.

Alle in demselben schwarzen Umhang gekleidet. Die Kapuze übergezogen, kein Gesicht.

Synchron verbeugten sie sich vor Luzifer und ich konnte an dessen Gesicht erkennen, wie sehr er diese Macht und Aufmerksamkeit genoss.

Einstimmig murmelten sie vor sich hin, in einer Sprache, die ich nicht verstand. Ich kam mir vor wie in einer Zeremonie einer Sekte.

Kurzdarauf nahmen die Gestalten die Kapuze runter und so erschienen ihre Gesichter.

Mir stockte der Atem.

Luzifer wandte sich zu mir und streckte die Hand nach mir aus. Das wäre der perfekte Zeitpunkt für Dean und Trevor um aufzutauchen und irgendwas zu unternehmen. Denn so langsam ging mir der Mut aus. Er wurde von der Angst verdrängt.

Ich wich einen Schritt zurück, so weit wie es meine Fesseln erlaubten.

Und in diesem Moment passierten drei Dinge gleichzeitig. Erstens: Luzifer befahl seinem Gefolge mich zu ergreifen und sie stürzten sich auf mich. Zweitens: Neben mir erschienen Dean und Trevor, zusammen mit Amanda und weitere Personen, welche ich am Umhang als die Garde identifizieren konnte. Das Department war erschienen. Und drittens rutschte mir wahrhaftig das Herz in die Hose.

Ich beobachtete Luzifer, der so schnell gar nicht reagieren konnte und bereits von  dem Department umzingelt war. Er versuchte zu fliehen, doch er war nicht schnell genug.

Er wurde gefasst. Er hatte keine Chance. Luzifer hatte keine Chance. Der als gefährlichste geltende Erstgeborene hatte keine Chance. Und da wurde mir klar, dass sich Luzifer überschätzte und wir alle viel zu grosse Angst vor ihm hatten. Er war schon lange nicht mehr stark und ohne mein Blut würde er nie wieder stark werden. Und das würde ich ihm niemals geben.

Ein Gefolge verwandelte sich binnen Sekunden in einen schwarzen Wind und kurz darauf in die Gestalt der Raben.

Sie versuchten gar nicht zu kämpfen. Feiglinge!

Schon waren sie weg. Das Department schaffte es einige zu fassen, doch der Rest konnte fliehen.

Es passierte alles so schnell, dass meine Augen gar nicht hinterher kamen und ich mein Glück gar nicht realisieren konnte.

Dean sank neben mir zu Boden und drückte mich fest an sich. Ich weinte vor Glück.

Nun hatte der ganze Spuk ein Ende genommen.

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Die Begegnung mit Luzifer hat zwar ein Ende genommen, die Geschichte jedoch noch nicht. Es folgt noch ein Kapitel und das Epilog.

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