Einundvierzigstes Kapitel

59 3 8
                                    

Fest davon überzeugt Luzifer nun vor mir zu sehen und ihm in die Augen blicken zu können, drehte ich mich um.

Elliot.

Meine Augen weiteten sich. "Was machst du hier?", fragte ich, obwohl ich die eigentlich Antwort schon kannte. Was er hier tat war selbsterklärend. "Du gehörst zu ihm", stellte ich fest.

"Ich gehöre nicht zu ihm. Ich gehöre ihm. Voll und ganz", antwortete er laut und deutlich, so dass seine Stimme hallte.

Es wollte einfach nicht in meinen Kopf rein. Wie hatte ich mich nur so sehr in ihm täuschen können? "Wie lange schon?"

"Schon immer."

Inzwischen hatte ich es mühsam geschafft mich aufzurappeln und hinzusetzen. "War das die ganze Zeit dein Plan gewesen? Als du mich damals im Department angesprochen hast? Da wusstest du genau wer ich bin. Ist doch so, oder?"

Er lachte spöttisch. "Es war sein Plan, nicht meiner und natürlich wusste ich haargenau wer du bist. Dich kennen mehr, als du dir vorstellen kannst. In seinem Gefolge kennt dich jeder, weiss wie du aussiehst, was du machst, wo du wohnst. Hätte deine bescheuerte Grossmutter dein Zuhause nicht so stark mit ihren Kräuterritualen geschützt, hätten wir dich schon viel eher gekriegt."

Ich vermied es ihn anzusehen. In mir brodelte es. Ich war wütend. Wütend auf ihn, aber auch auf mich, weil ich mich so einfach von ihm habe täuschen lassen. Dass er es geschafft hatte, mein Vertrauen zu gewinnen.

"Ich war immer in deiner Nähe, auch wenn du das nicht bemerkt hast. Ich war bei dir. Habe gesehen was du getan, und gehört was du gesagt hast."

"Wohin bist du plötzlich verschwunden? Du warst einfach weg."

"Luzifer hat mich zu sich gerufen", gab er mir die Antwort. "Schade eigentlich, ich dachte du würdest nach mir suchen."

Ich schnaubte. "Das habe ich auch, ich war bei den Schwestern und wollte nach dir sehen."

Er legte seinen Kopf leicht schief, lächelte und säuselte: "Wie lieb von dir."

"Wo sind meine Freunde?", verlangte ich zu wissen, doch er antwortete mir nicht. Er zog die Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern.

"Wahrscheinlich haben sie sich aus dem Staub gemacht. Du warst ihnen wohl doch nicht ihr eigenes Leben wert."

Ich wusste, dass er log, doch seine Worte trafen mich trotzdem und schafften es mich zu verunsichern. Dean und Trevor würden mich doch niemals im Stich lassen.

Erneut liess ich meine Augen umher schweifen, in der Hoffnung Trevor oder Dean doch irgendwo zu erblicken. Doch sie waren wirklich weg. Ich war hier allein mit Elliot. Und das machte mir Angst.

Ich war zu schwach. Jede Bewegung, war anstrengend für mich und ich würde keine Chance haben, hier zu entkommen. Ich hatte bereits verloren, bevor es überhaupt angefangen hatte.

Mein Kopf schoss in die Höhe, als sich plötzlich ein schwarzer Wirbelwind vor der Engelsstatue erschien. Augenblicklich wurde es kalt, die Temperatur schien einige Grade zu sinken. Meine Härchen stellten sich auf und meine Zähne begannen zu klappern.

Der schwarze Wind, der schwarze Hauch, was es auch immer war, formte sich immer mehr zu einer menschlichen Gestalt, wurde ruhiger und verschwand schliesslich, als ein schwarzer Umhang ohne Gesicht zum Stillstand kam.

Voller Angst musste ich mit ansehen, wie er mit grossen Schritten auf mich zukam. Der schwarze Umhang flatterte und wickelte sich teilweise um seine Beine. Ich wollte zurückweichen, doch ich konnte nicht.

Ich wusste nun genau wer es war.

Mein Körper zitterte vor Angst und Kälte.

Erst als er einen Meter von mir entfernt war, nahm er die Kapuze herab und ich schaute in Luzifers Gesicht. In das Gesicht meines Vaters.

Seine Augen waren dunkel, rabenschwarz. Sein kantiges Gesicht wirkte fahl und war schmutzig. Seine Figur dünn. Die kinnlangen Haare hatten die gleiche Schwärze wie die seiner Augen. Er strich sie hinters Ohr. "Freut mich dich kennenzulernen, meine Tochter."

Obwohl er nur leise gesprochen hatte, hallte seine Stimme in der gesamten Kirche wieder. Wenn mich nicht alles täuschte konnte ich sogar sein Echo wahrnehmen.

Ich konnte nichts sagen. Ich wollte ihn nicht begrüssen. Meine Höflichkeit hatte er nicht verdient.

"Du siehst deiner Mutter sehr ähnlich. Wie geht es ihr und Esmera? Mit Amanda auch alles okay?"

Er schaute mich skeptisch an und seine Augen verengten sich, als ich ihm nicht antwortete. Er seufzte. "Nun gut, wenn du keinen Smalltalk führen willst können wir auch gleich zum lustigen Part übergehen."

Elliot, der etwas zur Seite gegangen war, kam auf ihn zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Luzifer nickte und sagte an mich gewandt: "Du hast zwei Möglichkeiten. Egal für welche du dich entscheidest, am Schluss kriege ich das was ich will. Das, was mir gehört. Entweder du gibst es mir freiwillig oder ich hole es mir mit Gewalt."

Ich wusste, dass meine Situation hoffnungslos war. Ich war nicht dazu in der Lage mich zu verteidigen, gegen ihn anzukommen. Dazu fehlte mir die nötige Kraft und die Erfahrung.

Meine Kräfte waren eigentlich stark für mein Alter, aber gegen Luzifer hätte ich trotzdem keine Chance. Wenn Dean und Trevor nur hier wären. Auch wenn sie mir nicht helfen könnten und selbst hilflos wären, so würde ich mich sicherer fühlen.

"Wie auch immer, gebe ich dir die Chance mit mir zusammenzuarbeiten. Du könntest dich mir und meinem Gefolge anschliessen."

Ich war so empört über sein Angebot, dass ich nun doch etwas sage. "Auf keinen Fall. Lieber sterbe ich. Niemals würde ich meine Familie verraten, ebenso wenig meine Freunde und auch nicht Endola."

Er winkte ab. "Darum geht es doch gar nicht. Aber gut, wenn dir mein Angebot nicht gut genug ist. Dann gib mir einfach mein Eigen wieder."

Mühsam kam ich auf die Beine. "Ich weiss nicht mal, was du von mir willst." Ich war so unglaublich erschöpft. Ich war müde, kraftlos und hätte am liebsten geweint.

"Dein Blut. Ich will dein Blut. Ich brauche es, denn ohne das, bin ich zu schwach. Ich muss zu Kräften kommen."

Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich tatsächlich bereit war es ihm zu geben. Ich sah keinen anderen Ausweg, wie ich aus dem Ganzen wieder rauskommen würde.

"Okay", gebe ich mich geschlagen. "Du kannst es haben." Ehe ich das gesagt hatte, bereute ich es und schämte mich dafür, so schnell aufzugeben.

Ich schaute ihm tief in die Augen. "Unter einer Bedingung. Ich will Valentin sehen und du wirst ihn freilassen und mir versprechen, dich meiner Familie nicht mehr zu nähern."

In seinen schwarzen Augen war keinerlei Funkeln zu sehen. "Ich weiss nicht wo Valentin ist."

"Wie bitte?"

"Ja, keine Ahnung", sein Tonfall war höhnisch. "Wahrscheinlich schläft er zuhause in seinem Bett, oder er liegt auf dem Sofa und liest Zeitung."

In mir sackte ich zusammen. "Du hast ihn gar nicht in deiner Gewalt."

"Nein."

"Du hast gelogen."

"Ja."

"Damit ich her komme."

"Ja, und es hat funktioniert."

Ich wurde noch wütender. Ich drohte zu platzen vor Wut, als ich auf einmal eine Stimme in meinem Kopf wahrnahm.

Wir sind da, alles wird gut. Tu, was er von dir verlangt.

Mir stiegen Tränen in die Augen. Deans Stimme zuhören, fühlte sich unglaublich schön an und sie gab mir Kraft. Wir würden das überstehen und alle lebend wieder rauskommen.

Hoffte ich.

***
So langsam wird es richtig ernst...
Wäre ich an Aurelias Stelle... dann wäre ich wohl ziemlich überfordert.

Habt ihr auch Weihnachtsferien?

Bis zum nächsten Kapitel <3

Die Erstgeborenen | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt