Die Erstgeborenen | ✔️

Sechzehntes Kapitel

"Ich hatte übrigens Recht", sagte ich, als ich mit Cosmo und Nova, die gerade ihr Kürbispüree aufgegessen hatten, im grossen Saal beim Abendessen sass.

"Womit?", Cosmo schaute auf.

"Mit der Anhörung von Aaron Sculpt. Mr Bennett hat heute Nachmittag eine Glaskugel in den Unterricht mitgebracht. Diese hat uns dann live seine Anhörung gezeigt."

"Erzähl schon", forderte Nova auf und legte ihren Löffel beiseite. Das tat ich dann auch. Ich erzählte ihnen davon, wie Sculpt immer wieder mit der Zunge geschnalzt hatte und von seinem höhnischen, boshaften Lachen.

"Aber das ist noch nicht alles", ich beugte mich etwas vor und fuhr leise fort: "Dem Rat waren nur drei Opfer bekannt, doch Sculpt hat vor allen Anwesenden im Gerichtssaal zugegeben, dass es noch drei weitere gab."

Cosmo schnappte nach Luft. "Nein!" Ich nickte bestätigend. "Doch."

"Das darf doch nicht wahr sein", sagte auch Nova empört. "Was hat der Rat daraufhin gesagt? Wie hat er reagiert?"

"Der Rat hat sich kurz besprochen, die Zuhörer waren natürlich ausser sich. Schlussendlich wurde dann aber entschieden, dass die Verhandlung um zwei Wochen oder so verschoben wird. Aber jetzt haltet euch fest, Sculpt meinte dann, dass das kein Problem ist, weil er in zwei Wochen sowieso von seinem Meister befreit sein würde."

Cosmos und Novas Augen waren weit aufgerissen. "Seinem Meister? Ach du scheisse", sagte Nova nur.

Cosmo fasste sich an die Stirn. "Wie kann es sein, dass der Rat nicht von allen Opfern Bescheid wusste? Was ist denn mit den Leichen? Wo sind die denn?"

"Keine Ahnung", antwortete ich auf seine Fragen und strich mir das, in das Gesicht gefallene, schwarze Haar zurück.

"Und dann gibt das der Sträfling auch noch während der Anhörung, vor versammelten Publikum zu. Was eine Schande für Endola und unsere Führung." Nova hatte es auf den Punkt gebracht.

"Was hat er denn davon, das zuzugeben?", warf Cosmo die Frage in die Runde. "Sein Urteil wird wohl kaum milder ausfallen, im Gegenteil."

Ich überlegte laut. "Was wohl die Bevölkerung dazu sagt... Die müssen doch vollkommen enttäuscht von Rat und Garde sein."

"Natürlich", stimmte mir Cosmo laut zu. "Sowas darf nicht passieren. Schlechte Arbeit nenn' ich das. Bevor die eine Anhörung zu einem Sträfling machen, müssen die doch genau untersuchen um was es geht, was geschehen ist und alle nötige Informationen beisammen haben, damit sowas nicht mehr passiert."

Nova leerte ihr Glas in einem Zug. "Das wird noch ein Theater geben, das sag' ich euch. Ich bin gespannt ob der Rat öffentlich Stellung dazu gibt. Müsste er eigentlich." Sie schob ihren leeren Teller beiseite, verschränkte die Arme und stützte diese auf dem Tisch ab.

"Die Bevölkerung von Endola wird sich das mit Sicherheit nicht gefallen lassen. Der Rat muss Stellung dazu nehmen. Er muss einfach und er wird das bestimmt auch in den nächsten Tagen machen", meinte Cosmo.

Ich seufzte. "Na hoffentlich machen sie dass schnell. Bevor Sculpt wirklich von seinem Meister befreit wird."

Cosmo winkte ab. "Ach Quatsch. Der sitzt sicher in Carcerem und wird bewacht. Da kommt niemand unbemerkt rein und wieder raus. Zumal da sowieso niemand hingeht. 526 Stufen unter der Erde", er zeigte mir den Vogel, "das ist unmöglich."

"Die meisten Leute hier haben magische Kräfte und sein Meister mit Sicherheit auch. Dem wird schon irgendwas einfallen, um Sculpt zu befreien. Natürlich steigt er nicht einfach runter, nimmt ihn mit und winkt einmal zum Abschied", entgegnete ich.