Fünfzehntes Kapitel

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"Zwei Könige", sagte ich triumphierend. Die Könige bewegten sich und lächelten mir zwinkernd zu, als ich sie auf den Kartenstapel in der Mitte des Tisches legte.

"Du hast ja schon wieder gewonnen", stellte Cosmo skeptisch fest. Sein Bauer, den er noch auf der Hand hatte, schaute ihn grimmig an. "Schummelst du etwa?"

Ich schüttelte den Kopf und hob verteidigend die Hände vor mich. "Nein, ich schätze das ist einfach Glück."

"Diesmal", sagte er entschlossen und nahm die Karten, "mische ich."

Nova kam mit einem Apfel in der einen, und einer Zeitung in der anderen Hand in den Gemeinschaftsraum hinein. Sie liess ihren Blick durch den Raum wandern, entdeckte Cosmo und mich und kam auf uns zu. "Ich hab hier den Endola-Sprecher", verkündete sie aufgeregt und setzte sich neben mich.

"Stimmt", ich schlug mir mit der flachen Hand an die Stirn, "es ist ja Samstag. Wo hast du den denn her? Hast du den zugeschickt bekommen?"

Nova schaute mich verwirrt an. "Nein, kannst du beim schwarzen Brett im Hauptgebäude kaufen. Der Wichtel verkauft sie dir für zwei Espari Münzen." Sie schlug die Zeitung auf und biss in ihren Apfel. "Du kannst nachher aber meine lesen, wenn du willst."

Ich nickte zufrieden. Cosmo verteilte die Karten und wir spielten nochmal eine Runde. Ich gewann wieder, woraufhin sich Cosmo erneut ärgerte.

Ich seufzte und schaute umher. Es war selten, dass Cosmo, Nova und ich uns alle zusammen sahen. Abgesehen von den Essenszeiten sahen wir uns nicht so häufig, da wir ja alle einen anderen Stundenplan hatten. Also hatten wir heute morgen beim Frühstück abgemacht, dass wir jeden Samstag mindestens eine Stunde zusammen verbringen würden. Novas Idee gefiel mir sehr gut.

Der Gemeinschaftsraum war nicht besonders gross, dafür aber sehr gemütlich. Es gab viele kleine Sofas und Sessel, die vor dem Kamin standen. Ich konnte mir vorstellen, dass es im Winter sicherlich kuschlig sein würde mit einer Tasse Tee vor dem knisternden Feuer zu sitzen. Weiter hinten gab es Tische und Stühle und in der Mitte des Raumes gab es eine Tischtennisplatte, an der gerade einige Schüler spielten. Immer wenn der Schläger den Ball traf, gab es einen kleinen Knall und Funken sprühten.

"Ein allerletztes Mal", sagte Cosmo ernst und schob mir meine Karten hin. Ich hob lächelnd die Augenbrauen, als ich meine Karten aufnahm. An Cosmos grimmigem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass seine Karten wohl nicht so gut waren.

Ich hatte ihnen nichts von dem Raben erzählt und dass er gestern einfach so spurlos verschwunden war. Ich versuchte irgendeine simple Erklärung dafür zu finden, doch es war sinnlos. Ich hatte keine Erklärung dafür. Auch nicht dafür, dass es mir plötzlich so schlecht ging, als ich in der Nähe des Raben war. 

Den gestrigen Nachmittag hatte ich alleine in meinem Zimmer verbracht. Mir war nicht danach gewesen, andere Erstgeborene zu sehen. Ich hatte meiner Familie zurückgeschrieben und den Brief auch gleich einem Wichtel abgegeben. Danach hatte ich mich hinter die Hausaufgaben gemacht. Mrs Adler, die Lehrerin der Metamorphose hatte uns fünf Seiten in einem Buch aufgegeben, die wir zusammenfassen sollten. Es war am Montag fällig, also hatte ich es zügig erledigt.

Cosmo legte die erste Karte. Zwischendurch sah es gar nicht so schlecht für ihn aus, doch am Ende konnte ich erneut gewinnen.

"Ich gebe auf", sagte Cosmo und vergrub seinen hübschen Kopf in seinen Armen. Nova, die uns während des Spielens etwas beobachtet hatte, warf einen Blick über die Zeitung.

"Du spielst deine besten Karten zu früh aus."

"Wie bitte?", er hob den Kopf.

Sie legte den Endola-Sprecher beiseite. "Du darfst deine Könige nicht legen, wenn du weisst, dass Aurelia auch noch Könige hat. Du musst mit den niedrigeren Karten beginnen."

Die Erstgeborenen | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt