Viertes Kapitel

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Als Cosmo, Ava, Logan und ich Bab's and Bob's schliesslich verliessen, war die Sonne schon fast untergegangen. Wir waren den ganzen Nachmittag dort gewesen und vor lauter geselligem Quatschen total die Zeit vergessen. Bald würden sich unsere Wege trennen und natürlich hofften wir, dass es uns gelang, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Doch das hatte sich schon so manchmal als schwieriger geäussert, als man zu Beginn gedacht hatte.

Eine angenehme, warme Sommerbrise legte sich auf meine Haut und ich schloss für einen kurzen Moment lang die Augen. Aus der Ferne hörte ich das Zwitschern der Wichtel und ein ausgelassenes Lachen und Toben der Kinder.

Logan klopfte mir auf die Schulter. "Bis dann Aurelia, komm gut nach Hause." Ich winkte ihm und Ava hinterher, als sie Richtung Osten nach Hause gingen. "Man sieht sich", rief Cosmo ihnen noch zu, ehe auch wir uns auf den Weg machten.

Sein und mein Weg führte in die entgegengesetzte Richtung, als der der Anderen. Cosmo und ich wohnten im selben Bezirk am Fluss. Das Haus der Familie Rutherford, in dem er mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder Carl lebte, war nur wenige Strassen von meinem entfernt.
Wir gingen schweigend nebeneinander her, ich auf der rechten Seite. Das war einer meiner kleinen Ticks. Egal mit wem ich unterwegs war, ich lief immer rechts. Und wenn ich mir mit jemandem das Bett teilte, dann lag ich aussen und nicht an der Wand. Sonst drehte ich komplett am Rad.

"Wie fühlst du dich?", wurde ich von meinem besten Freund gefragt und ich warf ihm einen Seitenblick zu. "Was meinst du?"

"Na, nach dem heutigen Nachmittag, oder auch nachdem du den Brief bekommen hast. Wie fühlst du dich? Generell, meine ich."

Kaum zu glauben, dass mich eine so simple Frage so lange grübeln liess. Er kam mir zuvor, ehe ich ihm überhaupt antworten konnte.

"Also ich freue mich total auf Emiva", fing er an zu schwärmen, "Stell dir mal vor, was für Möglichkeiten wir danach haben werden. Wir könnten an die Front gehen, oder sogar im Department arbeiten ..."

Ich hörte ihm nicht richtig zu und achtete auch nicht darauf, wo ich hinlief. Meine Beine kannten den Weg in und auswendig und liefen ihn praktisch von alleine. Als Cosmos Hand, wie zufällig meine streifte zuckte ich zusammen. Er lächelte mich strahlend an und ich zwang mich zu einem leichten Lächeln zurück.

Er war schon seit gefühlten zehn Jahren in mich verliebt. Schon so lange, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie es ohne den häufigen Komplimente über mein Aussehen und diese zufälligen Berührungen war.

Er hatte es mir nicht gesagt, doch das war auch gar nicht nötig, denn ich wusste es auch so. Und Cosmo wusste, dass ich es wusste und das wiederum, wusste auch ich. Und ich hatte ihm auch nicht gesagt, dass ich kein Interesse an ihm hatte, aber auch das war nicht nötig, denn Cosmo wusste es ja sowieso, genauso wie ich das wusste. Verwirrend.

Als wir schliesslich vor meinem Haus angekommen waren nahm er mich fest in den Arm und ich erwiderte seine Umarmung. "Bis dann", sagte er und hielt mich länger fest als es nötig war.

Ich schloss die Haustür hinter mir ab und liess den Schlüssel stecken. "Aurelia? Bist du es?", meine Mutter kam aus dem Wohnzimmer um die Ecke. Sie trug schon ihren Schlafanzug, den mit den rosaroten Punkten und sie hatte ihre schwarzen Haare zu einem Dutt zusammengebunden. Ich war das Ebenbild meiner Mutter, ich sah ihr unglaublich ähnlich. Viel ähnlicher als Esmera, deren Haare braun und kürzer waren als meine.

Ich streifte mir die Schuhe von den Füssen. "Wie war's mit deinen Freunden?"

"Es war schön. Cosmo wurde auch der Emiva zugeteilt. Wir gehen da also zusammen hin." Ich lächelte. Der Fakt, dass Cosmo und ich auf die selbe Schule gehen würden, nahm mir die Aufregung von meinem neuen Lebensabschnitt. Es fühlte sich sicher an, bereits ein Gesicht zu kennen.

"Wo ist Esmera?", fragte ich. Ava hatte mir bei unserem Gespräch geraten, doch nochmal mit ihr zu sprechen. Keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Es würde mein aller letzter Versuch sein, mich mit ihr gutzustellen, so viel stand fest.

Aralda zog eine Augenbraue hoch und betrachtete mich kritisch. "Sie ist in ihrem Zimmer", sagte sie schliesslich. Ich nickte dankbar und wollte mich schon an ihr vorbeidrängen, als sie mich am Arm zurückhielt.

"Warte, was hast du vor?"

"Ich möchte mich mit ihr unterhalten?", sagte ich so, als sei es das Logischste der Welt.

"Lass das lieber mal bleiben", versuchte sie mich davon abzubringen.

"Ich weiss schon was ich tue. Lass es mich noch einmal versuchen. Ich schwöre dir, dann lass ich sie in Ruhe." Der Blick meiner Mutter wurde noch kritischer. Doch dann deutete sie mir mit einer Kopfbewegung, dass es okay war. "Wir sprechen morgen. Schlaf gut."

Als ich die Treppe nach oben schritt, hörte ich leise Musik aus Esmeras Zimmer. Ihre Zimmertür war angelehnt und ich konnte einen blassen Lichtschimmer erkennen. Ich zögerte einen Augenblick und trat dann, ohne zu klopfen, in ihr Zimmer herein.

Sie sass an ihrem Schreibtisch und schien in irgendetwas vertieft zu sein. Das Bett war nicht gemacht, saubere und auch schmutzige Wäsche lag auf dem Boden, Hefte waren aus der Schublade gerissen worden. Es sah ziemlich unordentlich aus.

"Wie wäre es mit anklopfen? Schon mal davon gehört?" Esmera hatte sich immer noch über ihren Schreibtisch gebeugt. "Ich habe dich nicht herein gebeten, Aurelia"

Ich schloss die Tür hinter mir. Eigentlich hätte ich mir ja denken können, dass sie so abweisend reagieren würde. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Sofort bereute ich meine Entscheidung und ich verfluchte Ava dafür, dass sie mich dazu überredet hatte.

"Die Tür zu schliessen ist nicht nötig", sie drehte sich um, "ich möchte, dass du mein Zimmer verlässt."

"Meinst du nicht, dass wir vielleicht mal über alles reden können?", startete ich einen Versuch.

Ihre Augen funkelten wütend. "Ich möchte mich nicht mit dir unterhalten. Warum kapierst du das nicht einfach?"

Ich schnaubte leicht. "Weil es für mich nicht einfach ist, zu akzeptieren, dass mich meine eigene Schwester nicht mag und mich beneidet."

"Find dich damit ab, dass ich dich nicht leiden kann. Find dich verdammt nochmal damit ab." Inzwischen hatte sich Esmera mir zugewandt. Sie sah müde aus und war offensichtlich desinteressiert an einem Gespräch mit mir.

"Okay, dann gehe ich." Entschieden öffnete ich die Tür, doch drehte mich im letzten Moment noch mal zu ihr um.

"Du solltest dir jedoch darüber im Klaren sein, dass ich gerade einen Schritt auf dich zugemacht habe und du dich wieder einmal von mir entfernt hast", meine Stimme bebte leicht. Es machte mich wütend von ihr abgewiesen zu werden und ganz ehrlich verletzte es mich auch zutiefst. "Von meiner Seite aus, war dies das letzte Mal."

Ohne ein Wort zu sagen, oder mich gar zu beachten, drehte sich Esmera um und ich zog mit Wut die Tür hinter mir ins Schloss.

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Hallo ihr Lieben,

das sind also die ersten Teile meiner Geschichte. Ich hoffe sehr, dass sie euch gefallen :) Danke für eure Unterstützung - unglaublich wie viele Leser wir schon sind.

Einen schönen Sonntag euch noch,

eure Lousssy

Die Erstgeborenen | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt