Neuntes Kapitel

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Das war also Emiva.

Wunderschön sprenkelte direkt vor mir glitzerndes Wasser in einem grossen, antiken Springbrunnen. Ich konnte drei Gebäude sehen, ein grosses und zwei kleinere. Allesamt wunderschön altmodisch mit Säulen und Verzierungen. Zwei Gargoyle, die einer Mischung aus Löwe und Drache glichen, zierten den Eingang des grossen Gebäudes, genauso wie den Toreingang.

Zu meiner linken zeigte sich ein dicht besiedelter Wald in den ein Pfad abwärts hereinführte. Hinter den zwei kleinen Gebäuden führte ebenso ein Pfad in den Wald, nur aufwärts. Ich begriff, dass das Schulgelände ziemlich hügelig war und man immer entweder hoch oder runter laufen musste, um von A nach B zu kommen.

"FRISCHFLEISCH!", hörte ich plötzlich einen Jungen brüllen der aus dem grossen Gebäude stürmte, gefolgt von mehreren Schüler und Schülerinnen.

Alle trugen eine Schuluniform. Jungen und Mädchen die Gleiche. Schwarze Stoffhosen und dazu entweder einen dunkelgrünen Pullunder mit weissem Hemd darunter oder einen dunkelgrünen Pullover, bei dem man nur den weissen Hemdkragen erblicken konnte. "Wir müssen keine Röcke tragen, super", flüsterte mir Nova begeistert ins Ohr. Das wäre auch mein Horrorszenario gewesen.

"Mr Daniels", sagte Bennett empört, "ich muss doch sehr bitten."

Der Junge sah älter aus als wir. Er war gross, trug seine hellen Haare in einem Kurzhaarschnitt, seine blauen Augen stachen aus seinem kantigen Gesicht heraus. Es kam mir so vor, als würden sie hinterhältig auf uns herab funkeln. Er war mir sofort unsympathisch.

Mr Bennett scheuchte die Horde von Schülern weg und führte uns schliesslich in das Gebäude, das Hauptgebäude nahm ich an, hinein. Die Kronleuchter, die von der hohen Decke hingen, erinnerten mich schlagartig an das Department. Zu unserer rechten führte eine grosse Wendeltreppe in die oberen Stockwerke hoch. Wir gingen auf dem dunklen Steinboden entlang und bogen zügig links ab. Eine riesige, massive Holztüre öffnete sich wie durch Zauberhand von selbst und machte uns den Weg in eine grosse Halle frei. Durch die gebogenen Fenster fiel das Sonnenlicht von aussen gedämpft herein. Mr Bennett wies uns an uns aufzustellen und zu warten.

"Valerie Hawking wird gleich bei Ihnen sein", sagte er, verliess die Halle und liess uns alleine zurück. Neue Gespräche kamen ins Rollen und Nova sagte: "Ich habe gehört Hawking soll eine Elfe sein."

"Meine Oma und sie sind alte Freunde", teilte ich ihnen mit und Cosmo und Nova rissen erstaunt die Augen und Mund auf. "Wirklich?", hakte Cosmo nach, "davon hast du mir ja noch gar nichts erzählt."

"Ich weiss es selbst erst seit heute. Sie sind hier zusammen zur Schule gegangen, aber davon, dass sie eine Elfe sein soll, weiss ich nichts." Ich zuckte mit den Schultern und ärgerte mich insgeheim darüber, dass ich bei Amanda nicht weiter nachgefragt habe. Mein Magen knurrte und Cosmo nickte mir bestätigend zu. "Ja", murrte er, "ich auch."

Ihre Haut war glatt und die schwarzen Haare reichten ihr bis unter den Hintern. Sofort fielen mir die langen, spitzen Ohren auf, die unter ihrem Haar hervor lugten. Ihre weissen Augen blitzten im Sonnenlicht geheimnisvoll auf. Mit einer königlichen und festen Haltung schwebte sie, wortwörtlich, an uns vorbei und stellte sich dann anschliessend vor uns auf. Sie faltete ihre zierlichen Hände ineinander. Besonders war ihre blasse, schimmernde Haut, die im richtigen Winkel des Lichts in einem hellen Silber zu glänzen schien.

"Herzlich Willkommen, liebe Erstgeborenen. Mein Name ist Valerie Hawking, ich bin die Schulleiterin der Emiva." Ich zuckte leicht zusammen, als sie zu sprechen begann. Ihre Stimme passte überhaupt nicht zu ihrer äusserlichen Erscheinung. Obwohl sie so sanft und magisch aussah, hatte sie die Stimme eines Offiziers. Barsch. Befehlend. Laut.

"Es freut mich sehr, dass uns dieses Jahr so viele neue Erstgeborene zugeteilt wurden. Die Zeit in Emiva wird vermutlich die schönste Zeit, aber auch die schlimmste Zeit in Ihrem Leben werden. Vor allem das erste Jahr. Es ist das wichtigste Jahr. Relaxen, sowie Faulheit wird an dieser Schule nicht geduldet. Selbstdisziplin, Ehrgeiz und Wissenslust zählen zu unseren Voraussetzungen. Nach jedem Jahr müssen Sie Prüfungen absolvieren und diese sind nicht einfach zu bewältigen. Also seien Sie achtsam und lehrfreudig. Gleich im Anschluss wird Ihnen Mr Bennet einen Rundgang geben und Sie mit unserem Schulgelände vertraut machen. Sie dürfen sich frei bewegen, das ist alles kein Problem. Doch verlassen Sie niemals - niemals, das Schulareal. Niemand von Ihnen wird durch das Tor, durch das Sie gekommen sind, wieder hinausgehen, ohne meine Erlaubnis zu haben." So wie sie diesen Satz aussprach, war mir sofort klar, dass dies ernstzunehmen war.

"Erwische ich doch jemanden, so weiss ich nicht, ob der- oder diejenige wieder zurückkommen wird." Ich schluckte.

"Mr Bennett ist Ihre Ansprechperson, falls irgendwelche Probleme auftauchen sollten. Erst wenn er diese nicht mehr alleine lösen kann, werde ich hinzugefügt. Frühstück findet von Montag bis Freitag um 07:15 Uhr statt. Schulbeginn ist genau um Punkt 08:00 Uhr. Mittagessen gibt es um 12:00 Uhr, Nachmittagsunterricht beginnt 13:10 Uhr. Abendessen um 19:00 Uhr und Nachtruhe 22:30 Uhr. Ausser Freitag und Samstag, an diesen Tagen 23:30 Uhr. Frühstück gibt es Samstag und Sonntag um 09:15 Uhr, Abendessen 18:00 Uhr. Das Verlassen der Betten ist Ihnen untersagt. Die Nachtruhe ist von allen einzuhalten. Dafür sorgen unsere vier Hausgeister Nerida, Richard, Fidcher und Plave. Sie schwirren in der Nacht umher und wenn sie jemanden erwischen, wird das sofort bei mir gemeldet. Während dem ersten Jahr ist Ihnen das freie Zaubern noch untersagt. Das liegt daran, weil Sie Ihre Magie und Ihr Gen noch nicht im Griff haben. Bei erfolgreich bestandenen Prüfungen am Ende des Schuljahres wird dieses Verbot aufgehoben. In Ihren jeweiligen Zimmern befindet sich nochmal die Hausordnungen, damit Sie diese jederzeit beliebig nachlesen können. Die Erstgeborenen aus den Jahrgängen über Ihnen sind bereits vor einer Woche angekommen. Da Sie die Neuen sind, gelten für Sie in dieser Woche noch Spezialregeln, damit Sie sich zuerst gut einleben können. Zum Beispiel fängt Ihr Unterricht erst am Dienstag an. So können Sie morgen alle Lehrer kennenlernen und natürlich auch Ihre Klassen."

Sie sprach noch eine Weile weiter über Emiva und die nächsten drei Jahre, die wir hier verbringen würden. Anschliessend zeigte uns Mr Bennett das Gelände.

Um zu den Schlafhäusern und dem Gemeinschaftsraum zu kommen führte ein breiter Pfad hinter dem Hauptgebäude herab, dasselbe um zum Sportfeld zu gelangen. Der einzige Pfad der hinaufführte, war der zu den Schulzimmern. Cosmo stupste mich immer wieder an um dann mit leuchtenden Augen auf etwas zu zeigen, was ihn begeisterte.

Nach der kurzen Führung, gestattete uns Mr Bennett in unsere neuen Zimmer zu gehen. Cosmo verabschiedete sich von Nova und mir und lief den anderen Jungs hinterher.

Die Mädchenzimmer aus meinem Jahrgang, lagen zu Oberst, im dritten Stock. "Wir sehen uns nachher, Aurelia. Ich packe meine Sachen aus und lege mich dann etwas hin, bin ziemlich müde", sagte Nova und berührte sanft meinen Arm, bevor sie mir den Rücken zukehrte und in ihr Zimmer am anderen Ende des Korridors davon rauschte.

Nun stand ich also alleine hier. Die kahlen Wände, liessen den Raum einsam wirken. Zu meiner linken stand ein Kleiderschrank aus dunklem Holz und ein kleines Waschbecken befand sich direkt daneben. Geradeaus war ein kleiner Schreibtisch platziert.

Meine Sachen waren schon nach oben gebracht worden und lagen nun auf dem Bett, welches so aussah, als würde es stark knarren. Als ich mich drauf setzte, stellte ich fest, dass ich Recht hatte.

Ich begann damit meine Sachen auszupacken und einzuräumen. Viel hatte ich nicht dabei.

Ich hatte mir den ersten Tag anders vorgestellt. Ich hatte angenommen, dass ich mich pudelwohl fühlen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, hier die nächste Zeit zu verbringen.

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Hallo zusammen,

mit diesem Kapitel hatte ich ziemlich Mühe. Ich habe lange daran gearbeitet und es immer und immer wieder umgeschrieben. Doch jetzt sollte alles passen und ich bin zufrieden :)

Liebe Grüsse, Lousssy

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