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1951

Ich schloss leise die Haustür und schlüpfte dann in meine hochhackigen Schuhe.
Die hätten drinnen auf dem Parkett definitiv viel zu großen Lärm gemacht, weswegen ich sie erst jetzt anzog.
Gott, was hatte ich getan?
Ich schob den Gedanken beiseite und machte mich auf den Heimweg.
Es war fast acht Uhr morgens und die Straßen von Nee Orleans waren belebt.
Überall waren Menschen auf dem Weg zur Arbeit und Kinder auf dem Weg zur Schule.
Und ich... ich war auf dem Weg von Lucien Castles kleiner Villa nach Hause.
Ich konnte nur hoffen, dass Klaus nicht schon wach war. Irgendetwas sagte mir, dass er nicht gerade begeistert davon sein würde, dass ich die Nacht mit seinem alten Freund Lucien verbracht hatte.

"Na sieh mal einer an, wer da ist", begrüßte Kol mich, als ich das Anwesen betrat.
Entnervt schenkte ich ihm einen Blick, der vermutlich hätte töten können.
"Sei still, Kol", zischte ich und schenkte mir einen Kaffee ein.
"Also, darf ich eins und eins zusammenzählen?", begann er und grinste mich süffisant ein.
"Nein", erwiderte ich kalt, doch das ignorierte er einfach.
"Gestern Abend warst du noch eine Weile allein mit Lucien in dieser Bar und heute kommst du mit zerzausten Haaren in aller Früh wieder nach Hause."
Ich sah ihn nur genervt an, ohne etwas zu antworten.

"Lucien Castle. Wirklich, Liebling?", fragte Kol sarkastisch.
"Wenn du irgendwem davon erzählst, wirst du dir wünschen nie geboren worden zu sein!", fuhr ich ihn an, doch er lachte nur.
"Mach dir keine Sorgen, Lucille, du kennst mich", antwortete er. "Mir genügt es vollkommen, wenn ich dich damit aufziehen darf."

Ich war gerade auf dem Weg zurück zu meiner Wohnung, als mein Handy klingelte.
Klaus.
"Wieso bist du nicht in deiner Wohnung?", fragte er gereizt. Entweder er war mit dem falschen Fuß aufgestanden oder irgendetwas war wieder einmal vorgefallen.
Wundern würde es mich nicht.
"Was ist passiert, Klaus?", erwiderte ich ohne auf seine Frage einzugehen.
"Würdest du bitte nach Hause kommen? Wir haben ein Problem."
Nach Hause. Obwohl ich nicht mehr bei ihnen lebte und trotz all der Jahre, die ich weg war, um meinen Bruder zu Suchen bezeichnete er es immer noch als unser zu Hause.
Bei dem Gedanken wurde mir irgendwie warm ums Herz.
"Natürlich", meinte ich. "Ich habe dir auch etwas zu erzählen."

Als ich das Mikaelson-Anwesen betrat, erlebte ich eine Art Deja-Vu. Die einzige Person, die gerade hier war, war Kol, der auf der Couch saß und einen Kaffee trank.
"Lucille", begrüßte er mich und lächelte. "Ich muss schon sagen, irgendwie kommt mir diese Situation bekannt vor."
Mir allerdings auch, auch wenn es nicht dasselbe war wie damals in den Fünfzigern.
"Es ist wirklich nicht so wie du denkst", erwiderte ich genervt.
"Also warst du heute Nacht nicht bei Lucien?"
Ich seufzte und verdrehte die Augen.
"Doch, aber-"

"Du und Lucien?"
Oh nein.
Ich dreht mich zu Klaus um, der gerade den Raum betreten hatte und nicht sonderlich begeistert davon wirkte, was er eben gehört hatte.
"Nein!", erwiderte ich.
"Das hat sich eben anders angehört, Liebes", meinte Klaus zerknirscht und sah mich an.
Gott, wieso führte ich diese Diskussion überhaupt?
"Er hat mir geholfen, weil deine Freundin mir das Genick gebrochen hat!"
Er legte den Kopf schief.
"Natürlich und-"
"Sie war kurz davor mir das Herz auszureißen und hat mir dann den Hals umgedreht! Klaus, sonst würde ich nicht so hier herumlaufen", meinte ich und deutete auf das Loch in meinem Top, an dem einige Blutflecken von gestern klebten.

"Selbst wenn ich etwas mit Lucien am laufen hätte, du bist mit diesem rothaarigen Teufel kein Stück besser!", fuhr ich ihn an.
"Das nennt sich Strategie, Lucille", entgegnete er kühl, machte allerdings keine weitere Bemerkung.
"Du musst zugeben, sie hat ein bisschen Recht, Nik", mischte Kol sich ein.
"Sei still, Kol, wir haben ganz anderen Probleme!", fuhr Klaus seinen Bruder an.

"Da hat er Recht", meinte Elijah, der eben auch hinzugestoßen war.
"Du erinnerst dich an das Serratura, das Lucien mir ausgehändigt hat?", fragte Klaus und sah dabei mich an.
Ich nickte und legte besorgt die Stirn in Falten.
"Was ist damit?"
"Tristan hat es gestohlen", sagte Elijah verbittert.

"Na das sind ja ausgezeichnete Aussichten", bemerkte Kol zynisch. und nahm einen Schluck Bourbon.
Am liebsten hätte ich jetzt such schon begonnen zu trinken denn der Tag heute schien nicht gerade besser zu werden.
"Niks gestörte Ex hat unsere Schwester auf dem Meeresgrund versenkt und ihr fast genauso gestörter Bruder hat das einzige Objekt, mit dem man und auf ewig weg sperren könnte. Was auch immer ihr gemacht habt, während ich tot war, das habt ihr wirklich wunderbar hinbekommen!"
Beinahe hätte ich gelacht. Allerdings nur beinahe, da die Lage wirklich ernst war.

"Dein Zynismus bringt uns hier auch nicht weiter, Kol", bemerkte Elijah und seufzte.
Das war wirklich eine verzwickte Situation.
Es herrschte kurz Schweigen, bis mir eine Idee kam.
Aber... das wäre fast schon zu riskant und die Wahrscheinlichkeit, dass es funktionierte, schien mir nicht gerade groß zu sein.

"Sie haben Rebekah und das Serratura gegen euch in der Hand. Tristan und Aurora haben einander und solange das der Fall ist, haben sie keinen Grund euch zu geben was ihr wollte."
Die Brüder schauten mich aufmerksam an und Klaus schmunzelte sogar etwas.
"Weil Tristan ständig von seinen Strix-Marionetten umgeben ist, bleibt uns nur, ihm deine gestörte Ex wegzunehmen", meinte ich.
"Diese Idee gefällt mir", meinte Kol lächelnd.

"Deswegen, Lucille", meinte Klaus und legte eine Hand auf meine Schulter, "bist du Teil dieser Familie."

Lucille St. John - Little VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt