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"Mir geht es wirklich wieder gut, Lucien!", sagte ich fast schon genervt.
Zwar spürte ich nach wie vor das Brennen des Eisenkrauts in meinem Körper, aber die Wunde war schon verheilt.
"Na schön", seufzte er und setzte mich endlich ab.

Wir waren beim Anwesen der Mikaelsons angekommen.
"Weißt du wirklich nicht wo die Weißeiche ist?", fragte ich ihn skeptisch.
Ich glaube nicht, dass er es Tristan erzählt hätte, selbst wenn er sie höchstpersönlich versteckt hatte.
Er seufzte.
"Ist das jetzt wirklich von-"
"Es ist die vermutlich größte Gefahr, die momentan für die Mikaelsons besteht, also ja, es ist verdammt wichtig!", unterbrach ich ihn gereizt.
"Ohne mich wärst du tot, Liebes, du könntest ruhig etwas netter zu mir sein", erwiderte er trocken.
Ich antwortete nichts, da ich von drinnen Stimmen hörte.

"Lucille war praktisch Teil dieser Familie und du willst mir erzählen, dass sie wegen deinem dämlichen Racheplan nicht mehr am Leben ist!?", hörte ich Kol aufgebracht sagen. Seine Stimme war so laut, dass ich ihn vermutlich auch ohne Vampirgehör bestens verstanden hätte.
Irgendwie traf mich seine Aussage mitten ins Herz - es war so schön zu hören, dass ich als Teil einer Familie wahrgenommen wurde, allerdings schmerzte es zu wissen, dass es nicht Lorenzo war, von dem ich so gesehen wurde.
Seit ich ihn wieder gesehen hatte, ließ mich dieser Gedanke nicht los und ich hatte das Gefühl, wieder mit ihm reden zu müssen. Ansonsten könnte ich nie im Frieden mit mir selbst sein.
"Oh, das klingt nach Familiendrama", meinte Lucien und schmunzelte.
Ich verdrehte nur die Augen und betrat da Anwesen, ohne ihm weiter Beachtung zu schenken.

Freya stand verunsichert neben Klaus, in dessen Augen Tränen schwammen.
Kol sah seinen Bruder an und wirkte, als würde er vor Zorn demnächst die Fassung verlieren.

"Entwarnung, ich lebe noch", unterbrach ich den Streit der drei.
Die Geschwister drehten sich zu mir um und Klaus zögerte keinen Augenblick, direkt zu mir zu laufen und mich in seine Arme zu schließen.
"Wir dachten, er hätte dich töten lassen", sagte er ohne mich loszulassen und klang dabei irgendwie fassungslos.
So aufgebracht hatte ich ihn zuletzt erlebt, als wir vor etwa zwanzig Jahren geglaubt hatten, jemand hätte es geschafft, Rebekah umzubringen.

"Dank mir haben das seine kleinen lästigen Vampir-Soldaten nicht geschafft."
Klaus ließ mich los und ich drehte mich genervt zu Lucien um.
"Lucien, denk nicht, nur weil du einmal kein komplettes Arschloch warst, wären wir die wohlgesonnen", bemerkte Freya, doch Lucien lächelte nur selbstgefällig.
"Es wäre besser, wenn ihr das wärt", seufzte er dann und ich hätte ihn am liebsten geschlagen.
"Immerhin bin ich der Einzige, der weiß wo sich das letzte bisschen Weißeiche befindet."
Natürlich. Ich hatte es gewusst, natürlich hatte er sie.

Keinen Augenblick später hatte Klaus ihn am Hals gepackt und gegen eine Wand gedrückt.
"Du verrätst mir sofort, wo sie ist, oder ich reiße dir dein schwarzes Herz aus der Brust", knurrte er und verstärkte seinen Griff.
Auch wenn Lucien es verdient hatte, tat es irgendwie weh, das zu sehen. Obwohl er in vieler Hinsicht alles andere als eine gute Person war, hatte er mich gerade weder sterben noch hilflos in der Halle zurück gelassen.
Aber das war nicht der einzige Grund, wieso ich nicht wollte, dass ihm etwas passierte.

"Das wäre dumm, weil du dann den Rest deines Lebens in der Angst verbringen müsstest, dass jemand das letzte bisschen davon doch findet", keuchte Lucien, der vermutlich kaum atmen konnte.
"Ich werde sie dir geben, aber im Moment ist sie sicher, wo sie ist", fügte er nicht hinzu, nur schien Klaus das herzlich wenig zu interessieren.

"Klaus, muss das sein?", wand ich leise ein und machte einen Schritt auf die beiden zu.
"Tut mir leid, Liebes, aber gerade interessiert es mich herzlich wenig ob du etwas für ihn empfindest oder nicht", sagte er nur kalt.
Normalerweise wäre ich deswegen vermutlich wütend geworden, doch im Moment fehlte mir die Energie dazu.
"Sie hat Recht", meinte Lucien. "Ich habe die Weißeiche an einem sicheren Ort versteckt, wo sie niemand finden kann. Wenn du willst, werde ich sie dir geben, aber wo auch immer du sie aufbewahren wirst, sicherer als bei mir kann sie nicht sein."

Endlich ließ Klaus ihn los und trat einen Schritt zurück.
"Ich meine, überleg doch mal, Klaus: Habe ich dein Vertrauen bisher je missbraucht?", fragte Lucien und ließ sich von Klaus' zorniger Miene nicht beirren.
"Wenn du möchtest, komm mich morgen besuchen. Ich zeige dir, wo ich sie versteckt habe."
Klaus überlegte kurz, bevor er antwortete: "Schön. Wenn ich dein Versteck nicht für sicher genug halte, reiße ich dir das Herz heraus."

Genervt von den melodramatischen Drohungen rollte ich mit den Augen, drehte mich um und ging zum Tisch, um mir dort etwas Blut in ein Glas zu schenken.
Klaus hatte irgendeinen armen Menschen dazu manipuliert, es in eine Karaffe abzufüllen und auch wenn ich von dieser Methode eigentlich nicht viel hielt, war ich froh darüber; frisches Blut würde mir um einiges schneller helfen als Konserven.

"Sehr schön", erwiderte Lucien kühl.
"Dann habt alle noch einen wunderschönen Abend", verabschiedete er sich dann mit überzogener Freundlichkeit in der Stimme.
Ich sah zu ihm und für einen kurzen Moment trafen sich unsere Blicke. Er zwinkerte kurz, drehte sich dann weg und ging.

"Geht es dir gut?", fragte Kol, der plötzlich neben mir stand, ohne dass ich ihn kommen gesehen hatte.
Ich nickte nur und trank etwas von dem Blut. Es war, als würde mich mit der roten Flüssigkeit neue Energie durchströmen und ich fühlte mich mit einem Mal um einiges besser.

"Ich empfinde nichts für Lucien", sagte ich dann kalt zu Klaus, der mich ebenfalls ansah.
"Er hätte mich bei Tristan einfach sterben lassen können, aber das hat er nicht. Und ich glaube nicht, dass er mir geholfen hätte, wenn er euch alle tot sehen will."
Klaus seufzte, wirkte allerdings nicht mehr ganz so angespannt wie eben noch.
"Du bist klug, Lucille, wirklich, aber es gibt eine Sache, die du noch lernen musst: Nur weil jemand einmal nett zu dir war, heißt das nicht, dass er das weiterhin auch sein wird."
Ich erwiderte nichts. Natürlich war mir bewusst, dass er damit recht hatte und ich über Lucien zu viel auf Basis meiner Gefühle statt meines Verstands urteilte.
Trotzdem viel es mir schwer zu glauben, dass er absolut keine guten Absicht haben konnte.
"Ich weiß, Klaus", erwiderte ich kühl.
"Es gibt leider noch schlechte Neuigkeiten", meinte er dann und wechselte so das Thema.
Na toll, das wurde ja immer besser.
"Was ist passiert?", fragte ich etwas besorgt.
"Aurora ist uns entkommen und wir wissen nicht wo sie ist", meinte er.
"Verdammt...", murmelte ich, während er sich Whiskey in ein Glas schenkte und dann nach oben ging.

Freya seufzte und kam ebenfalls zu mir.
"Willst du zur Abwechslung einmal gute Neuigkeiten hören?", fragte sie und lächelte.
"Das wäre wirklich erfrischend", antwortete ich und leerte mein Glas Blut.
"Elijah ist gerade auf dem Weg, Rebekah zu holen. Wenn alles gut läuft, haben wir sie morgen wieder bei uns."
Das Gefühl von Freude breitete sich warm in meinem Brustkorb aus und zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht.
"Das sind wirklich einmal gute Neuigkeiten."

-

"Euch kann man wirklich nicht allein lassen!", murmelte Rebekah, lächelte allerdings, als sie am nächsten Tag das Mikaelson-Anwesen betrat.
Bis eben hatte ich mit Kol da gesessen und mit ihm geredet. Jetzt sprang ich auf und ging zu Rebekah, um sie in meine Arme zu schließen.
Ich hatte sie wirklich verdammt vermisst.

"Oh, waren Nik und Kol diesmal besonders schlimm?", fragte sie mich und grinste, als ich sie ansah.
"Es ging. Mit Kol lässt es sich gerade so aushalten", erwiderte ich schmunzelnd.
"Geht es dir gut?", fragte ich dann und sah sie an.
"Ich meine, es ist jedes mal aufs Neue gewöhnungsbedürftig halb tot zu sein, aber an sich geht es mir gut."
Ich musste beinahe lachen.

"Rebekah, das wurde aber auch Zeit", sagte Klaus grinsend, als er die Treppe hinunter kam.
"Finde ich auch", erwiderte sie und sah ihren Bruder erwartungsvoll an.
"Also, wo ist diese rothaarige Bitch? Ich kann es kaum erwarten, ihr das Herz aus der Brust reißen."
"Das könnte schwierig werden angesichts der Tatsache, dass wir nicht wissen, wo sie ist", meinte Kol zerknirscht und trank etwas Bourbon.
"Bitte?", fragte Rebekah verwirrt.
"Sie ist uns entkommen", meinte Klaus verbittert und schenkte sich ebenfalls etwas zu trinken ein.
"Aber immerhin ist Lucien so freundlich uns heute Abend zu zeigen, wo er die Weißeiche versteckt hat", fügte er dann in zynischem Tonfall hinzu.
Rebekah sah nur noch erschütterter aus.
"Es existiert noch Weißeiche?!"
Ich seufzte.
"Du hast Recht. Du solltest sie nie wieder allein lassen."

-

Hey:)
Ich weiß, der Teil ist ein bisschen langweilig, aber in den nächsten wird wieder etwas mehr passieren^^

Lucille St. John - Little VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt