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Als ich diesmal wieder zu mir kam, lag ich nicht auf einer bequemen Couch.
Wo ich mich befand war es alles andere als bequem.
Mein ganzer Körper schmerzte und auf der Haut an meinen Handgelenken spürte ich ein unangenehmes Brennen.
Ich öffnete die Augen und sah mich um.
Ich befand mich in einer Art Lagerhalle und meine Hände waren an den Stuhl gekettet, auf dem ich saß.

"Lucille?"
Ich blickte auf.
Nur etwa einen Meter von mir entfernt saß Lucien zu meiner rechten Seite. Auch er war mit den Handgelenken an einem Stuhl festgekettet.
"Was tust du hier?", fragte ich verwirrt.
Sein sonst so perfekt gemachtes Haar war etwas zerzaust und an seinen Fingern klebte ein wenig Blut.
Ich hatte nicht gewusst, dass er scheinbar ebenfalls Ärger mit Tristan hatte.
Er seufzte. "Ich fürchte das ist eine lange Geschichte."
"Dann beeil dich beim Erzählen", entgegnete ich und sah mich um.
Niemand war in Sichtweite, doch in weiterer Entfernung konnte ich gedämpfte Stimmen und Schritte hören.
"Du weißt, dass die Mikaelsons dachten, jedes bisschen Weißeiche sei zerstört?"
Moment, was meinte er damit?
Alarmiert blickte ich auf.
"Nun ja, ein bisschen etwas gab es davon noch. Zugegeben, ich hatte es. Aber Tristan will es scheinbar noch lieber haben."

Bitte? Lucien hatte Weißeichenholz?
Heute Morgen hatte ich noch geglaubt, ihm vielleicht doch trauen zu können, doch meine Befürchtung hatte gestimmt; es war besser, wenn ich ihn als Feind sah.
"Du hast Weißeichenholz und niemandem davon erzählt?", zischte ich aufgebracht, allerdings nicht enttäuscht. Ich hätte damit rechnen müssen.

Er verdrehte die Augen.
"Wir haben gerade wichtigere Probleme."
Na schön, da hatte er Recht. Wir waren beide Tristans Gefangene, also war es wohl keine schlechte Idee, wenigstens für jetzt mit ihm zusammen zu arbeiten.
Ich versuchte mit aller Kraft, meine Hände aus den Ketten zu reißen, doch damit bewirkte ich nur, dass das Brennen auf meiner Haut sich verstärkte.
"Das habe ich schon versucht", seufzte er gereizt.

"Na sieh mal einer an."
Wut kochte in mir auf, als ich Tristans Stimme hörte und ich blickte auf.
"Du bist also auch aufgewacht, Lucille", meinte er und ging auf uns beide zu. Etwas weiter hinter ihm stand ein weiterer Vampir, vermutlich einer der Strix.
"Tut mir leid, aber da die Mikaelsons es für eine gute Idee hielten, meine Schwester zu entführen, hielt ich es für eine gute Idee, dich ebenfalls in meine Obhut zu nehmen", erklärte er. Seine Stimme klang ruhig und trotzdem lag etwas Bedrohliches darin.
"Du kannst von Glück reden, dass Elijah Klaus ausgeredet hat, sie direkt zu töten", sagte ich kühl und funkelte ihn an.

Er seufzte.
"Das Eisenkraut scheint wohl nicht mehr zu wirken, wenn du schon wieder so frech sein kannst."
Dann drehte er sich um und nickte dem anderen Vampir zu.
Dieser stand urplötzlich neben mir und stach mir mit einer Spritze in den Hals.
Ich versuchte mich zu wehren, doch er hielt meinen Nacken fest, sodass ich nichts tun konnte.
Wieder breitete sich das Brennen in meinem Körper aus, wenn auch nicht ganz so intensiv wie vorhin.
Ich keuchte vor Schmerz und musste mir Mühe geben, nicht zu schreien.
"Keine Sorge, meine Liebe, du wirst nicht bewusstlos werden. In dieser Lösung ist das Eisenkraut nicht ganz so stark konzentriert, wie in der, die du vorhin bekommen hast", erklärte er.
"Wir gütig von dir", brachte ich mit schwacher Stimme hervor.

"Tristan, wieso hörst du nicht einfach mit deinen dämlichen Spielchen auf und sagst uns was dein Problem ist?", fragte Lucien, in dessen Stimme die Wut nicht zu überhören war.
Gott, ich hasste es mich so schwach zu fühlen. Lucien schien es einigermaßen gut zu gehen; vermutlich vertrug er Eisenkraut besser, da er älter war als ich.

"Lucien, ich habe noch etwas mit Lucille zu klären, also unterbrich uns bitte nicht", sagte Tristan nur und sah mich an.
"Alec war ein guter Freund von mir, weißt du?"
Für einen kurzen Moment war ich verwirrt, bevor mir in den Sinn kam, wer Alec sein musste.
"Dein Laufbursche, den ich getötet habe?", fragte ich.
Tristan griff nach einem Holzpfahl, der auf einem der Regale hier lag.
Oh nein.
"Tut mir leid, aber ich fürchte er hat mich zuerst angegriffen."
Er kam auf mich zu, bis er nicht mehr als einen Schritt von mir entfernt stand.
"Wer wen zuerst angegriffen hat, ist mir um ehrlich zu sein ziemlich egal, meine Liebe", erwiderte er und drückte die Spritze des Pfahls gegen meine Brust.

"Tristan", unterbrach Lucien ihn.
Ein siegessicheres Lächeln formte sich auf Tristans Lippen und er sah zu ihm.
"Oh, Lucien, tut mir leid", meinte er und drückte das Holz etwas fester gegen meine Haut. "Ich hatte ja ganz vergessen, dass sie dir etwas bedeutet."
Was? Vielleicht lag es daran, dass ich wegen all dem Eisenkraut in meinen Adern kaum noch klar denken konnte, aber was er eben gesagt hatte, ergab in meinen Augen keinen Sinn.
"Aber das erweist sich als ziemlich praktisch, wenn ich ehrlich bin", fuhr er dann fort. "Ich habe gleich zwei Druckmittel in einem; gegen die Mikaelsons und gegen dich."
Ich blickte zu Lucien, der fast schon verzweifelt aussah.
"Tristan, denk doch einmal nach. Wenn du sie tötest, hast du kein Druckmittel mehr gegen die Mikaelsons. Und wie wahrscheinlich denkst du ist es dann, dass du Aurora lebend zurück bekommst?"
Es ging um Aurora, natürlich.

Tristan bohrte den Pfahl ein Stück weit in meine Haut und mir blieb für einen Moment die Luft weg.
Scheinbar bezweifelte er, dass Auroras Leben in Gefahr stand wenn er mich tötete.
"Dieses Holz wird in wenigen Sekunden ihr Herz durchstoßen, wenn du mir nicht verrätst, wo du die Weißeiche versteckt hast", drohte Tristan.
Wieso sollte Lucien das überhaupt interessieren?
Ich warf ihm einen warnenden Blick zu. Wenn er die Weißeiche hatte, durfte er sie auf keinen Fall Tristan aushändigen. Wenn die Mikaelsons starben und mein Überleben der Grund dafür war, würde ich mir niemals verzeihen können.
Lieber ließ ich mich stattdessen von Tristan töten.
"Tristan, denk an deine Schwester", knurrte Lucien.
Tristan drückte etwas fester zu und diesmal schrie ich vor Schmerz und Schreck auf.
"Wenn du meine Fragte nicht beantwortetest werde ich wohl leider keine andere Wahl haben."
"Ich weiß nicht, wo die Weißeiche ist, aber wenn du sie am Leben lässt, helfe ich dir, sie zu finden."

Tristan zog den Pflock aus meiner Brust und ich atmete erleichtert auf, als immerhin eine Quelle des Schmerzes verschwand.
"Weißt du, das ist wirklich nett von dir, Lucien", meinte Tristan. "Aber das reicht mir nicht."
Dann holte erneut mit dem Pfahl aus.
Ich konnte Lucien noch schreien hören, bevor Tristan mir das Holz in die Brust rammte.

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Sorry für den miesen Cliffhanger😅

Lucille St. John - Little VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt