Vincent schluckt. Seine Brust hebt und senkt sich in unregelmäßigen Abständen, während sich meine Mundwinkel langsam, aber stetig zu einem selbstzufriedenen Grinsen verziehen. Ich könnte mich überall mit ihm vergnügen, und das Schöne daran ist, dass er sogar spontan genug ist, sich jedes Mal darauf einzulassen. Auf Vincent ist Verlass, was eine schnelle Nummer angeht. Das Wasser plätschert leise, als ich mich in der Badewanne auf ihn rauf lege.
„Au, au", flucht er leise, blinzelt irritiert und ich weiche einen Moment zurück, sodass er bequem ein Stück runterrutschen kann, tiefer rein in das lauwarme Badewasser. Auf der Oberfläche schweben nur noch die kläglichen Reste watteweicher Schaumwolken. Vincents Anspannung löst sich auf und der süße Zustand völlig abstrakt gedankenloser Schwerelosigkeit legt sich wie ein Schleier über seinen Blick. Ich suche erneut seine Nähe und diesmal hält er mich im Arm, so wie ich es von Anfang an wollte. Verträumt, obwohl mir das nicht sonderlich ähnlichsieht, streiche ich mit meinen Fingernägeln sanft über seine nackte Haut. Doch das Kribbeln in meinem Innern, das mich warmhält, während das Wasser um uns herum abkühlt, lenkt mich nicht von der Frage ab, ob Vincent der doch recht speziellen Beziehung zu seinen Eltern überhaupt etwas abgewinnen kann.
„Glaubst du, Familienliebe ist sozial konstruiert?", frage ich ihn darum und sehe zu ihm auf.
Eine Sekunde mustert mein Freund mich aus seinen braunen Augen, als hätte ich ihn gerade gebeten, mir Einsteins Relativitätstheorie in drei einfachen Stichpunkten zu erläutern. Dann schmunzelt er spöttisch und streicht mir ein paar nasse Haarsträhnen hinters Ohr.
„Du bist so unromantisch." Ich schenke ihm ein geheimnisvolles Lächeln, bevor ich seinen Hals mit Küssen übersäe.
„Der Handjob war romantisch."
„Du verwechselst romantisch ziemlich oft mit erotisch", wendet er ein. Ich ignoriere es geflissentlich. Vincent schmeckt leicht salzig und er riecht angenehm. Besonders sein Haar, das nach Shampoo duftet. „Ich glaube", antwortet er auf meine Frage, „Familienliebe ist beides: eine Naturgegebenheit und ein soziales Konstrukt."„Liebst du deine Eltern eher aus sozialer Obligation oder aus freien Stücken?", bohre ich weiter nach und knabbere kurz an seinem Ohrläppchen. Vincent schnaubt amüsiert.
„Beides", wiederholt er seine vorherige Antwort und ich sehe ihm ernst in die Augen.
„Ihr habt eine komische Dynamik", falle ich mit der Tür ins Haus. „Insbesondere deine Mutter und du." Vincent seufzt zwar nur geräuschlos, verdreht aber minimal die Augen dabei und verrät sich dadurch.
„Ja, stimmt. Warum ist das jetzt wichtig?" Ich lege den Kopf schief und schiebe meine Hände unter Wasser auf seinen Rücken.
„Wieso willst du nicht darüber reden?", frage ich und versuche dabei, möglichst aufgeschlossen zu klingen. Vincent schaut auf das schwarze Frotteetuch, das an einem Haken zum Abtrocknen bereithängt, nimmt seine rechte Hand von meinem Körper runter und platziert seinen Arm auf dem Rand der Wanne.„Es ist mir wahnsinnig unangenehm, wie viel ich von meiner Mutter habe", offenbart er mir die Wahrheit und ich muss lachen, kann es nicht unterdrücken.
„Tut mir leid", entschuldige ich mich jedoch sofort. „Im Ernst, ihr habt vielleicht ein paar Gemeinsamkeiten, das will ich gar nicht leugnen. Aber du bist die wesentlich angenehmere Person", versichere ich ihm. „Liegt vermutlich daran, dass du von deinem Vater nur die besten Qualitäten geerbt hast", überlege ich. Vincent lächelt.
„Du bist süß", klaut er mir unverfroren meinen Spruch und küsst mich. Eine Weile liegen wir nur da, genießen beide die Zärtlichkeit und das Vertrauen, das sich immer stärker in unserer Beziehung zu manifestieren scheint. Normalerweise umschiffe ich persönliche Fragen wie die, die er mir als nächstes stellt gern, aber nachdem er sich mir gegenüber geöffnet hat, schulde ich ihm dasselbe.„Welche Eigenschaften, die du von deinen Eltern übernommen hast, nerven dich am meisten an dir?"
„Hm", summe ich. „Wahrscheinlich die unverblümte Direktheit", antworte ich schließlich.
„Ich mag deine Direktheit", erwidert er und streicht mit dem Daumen sanft über mein Kinn.
„Warte ab, bis wir uns streiten." Ich grinse, doch es ist ein ängstliches Grinsen. Als es erlischt, suchen meine Lippen sich eine neue Beschäftigung und ich küsse kurzerhand seine Fingerknöchel.
„Sind solche Streitereien, in die du verwickelt warst, mal eskaliert oder wieso bist du unsicher damit?", will Vincent es nun natürlich genauer wissen. Ich seufze.
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So genial
Fanfic"Manchmal verlieben sich Menschen ineinander, ist das nicht genial? Ich meine, das ist doch der glücklichste Zufall von allen, oder? Du triffst diese eine Person und auf einmal wird dir wieder bewusst, wie viel Liebe du eigentlich im Herzen tragen k...