58 - You're way too pretty to be so mean

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Mit dem Handrücken wische ich mir den Schweiß von der Stirn. Wie lange hab ich nicht mehr unbeschwert getanzt? Meine Glieder fühlen sich so lebendig an, als hätte man sie ausgetauscht und ich grinse übers ganze Gesicht.

Sina pfeift durch die Zähne.
"Nicht schlecht, Blondie, gar nicht schlecht. Ich wusste nicht, dass du dich so bewegen kannst."
Das Grinsen scheidet dahin, es wird zu einem verkrampften Lächeln. Ich nicke zu Sinas Worten und entschuldige mich damit, dass ich dringend etwas trinken muss. Nach wie vor verstehen sie und ich uns nicht so toll. Unter anderem Umständen wäre mir das egal, aber da ich Dag inzwischen liebgewonnen habe, kann ich immer schlechter darüber hinwegsehen, wie sie die Probleme in ihrer Beziehung angeht. Sie tut es nämlich einfach gar nicht. Außerdem nervt es mich, dass sie einen komplett unbegründeten Groll gegen meinen Freund hegt.

Wenn man an den Teufel denkt ...

"Heiße Darbietung, Chacha." Vincent fängt mich auf meinem Weg in die Küche ab. Er raunt mir das Kompliment direkt ins Ohr und küsst mich dahinter. Ich lache, noch völlig im Freudentaumel, dann lässt er mich los und verzieht sich mit einem Zwinkern zurück zu seinem Kumpel Alex. 

In der kleinen Küche schwenkt Dag sein zweites Glas mit Whiskey.
"Die Fete spielt sich draußen ab", mahne ich atemlos, öffne einen der Schränke und befülle ein großes Glas mit Wasser.
Vincents bester Freund prostet mir zu. Es liegt mir auf der Zunge, ihn zu fragen, was er hier macht, aber ich tue es nicht. Er macht nicht den Eindruck, als wollte er darüber reden. "Ist alles okay?", frage ich stattdessen.
"Charles, was tut Sina gerade?", entgegnet er.
"Ich weiß nicht." Rasch trinke ich noch Schluck Wasser und versuche mich zu erinnern. "Wir haben getanzt, glaube ich." Dag zieht die Augenbrauen hoch.
"Glaubst du?"
"Keine Ahnung. Ich hab alles um mich herum vergessen dabei."
"Okay." 

Er sieht mich eine Weile an, während ich an meinem Getränk nippe. Ich bin ziemlich sicher, er will mir vermitteln, dass ich gehen soll, aber ich habe keine Lust, ihn hier so alleine stehen zu lassen.
"Krieg das jetzt bitte nicht in den falschen Hals, aber es wirkt irgendwie jämmerlich, dass du dich hier verkriechst", teile ich ihm ungefragt meine Meinung mit. "Habt ihr schon wieder gestritten?" Dag leert seinen Scotch in einem Zug.
"Wir vertragen uns inzwischen gar nicht mehr", murmelt er dann.
"Wieso, was ist los?" Aber in diesem Augenblick tritt Sina auf den Plan. Dags Züge verfinstern sich und auch aus ihren Augen sehe ich sofort eiskalte Blitze schießen.
"Gott, was ist denn bloß los mit euch?", wiederhole ich, stelle mein Glas in die Spüle und mustere beide mit scharfem Blick. Doch sie wollen nicht mit mir reden, weder sie noch er, und so verlasse ich die Küche einfach. Im Rausgehen höre ich ihre schneidende Frage, was er mir erzählt hätte und seine wütende, aber wahre Antwort: "Gar nichts!"

Ich schiebe mich durch die Leute und suche nach einem ruhigen Platz, den ich bald entdecke. Mein Freund hat sich zu Luk und Aleks aufs Sofa gesetzt. Und ich kann Luk und Aleks gut leiden. Sie sind mir von all seinen Freunden mit am sympathischsten. "Stück ma'n Rück", fordere ich ihn also auf und setze mich zwischen ihn und Aleks, die mich strahlend anlächelt.
"Du siehst heiß aus", sagt sie.
"Es ist so eine Ehre, das von der heißesten Frau im Raum zu hören, weißt du das?", gebe ich zurück. Ich bewundere Aleks wirklich. Sie kleidet sich immer freizügig, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und sie sieht bildschön in all ihren Klamotten aus. Vielleicht, weil sie selbst an ein Model erinnert mit ihren 1,90 m und ihren langen, schlanken Beinen. Vincent vergräbt seine Nase in meinen Haaren. "Ich muss widersprechen", nuschelt er und ich hauche ihm mit nach oben gezogenen Mundwinkeln einen flüchtigen Kuss auf die Wange, ehe ich mich wieder seinen Freunden zuwende.
"Worüber habt ihr geredet?", frage ich.
"Über Dag und Bastians Cousine", informiert mich Luk.
"Ja, das wird langsam unschön mit denen", gebe ich meinen Senf dazu. Mit gekräuselten Lippen wende ich mich an Vincent. "Weißt du mehr?" 

Er nickt.
"Dag ist auf alle Fälle nicht happy. Sina hat sich schon wieder mit seiner Mutter angelegt, sie haben sich gefetzt, dann musste er sie mitten in der Nacht am Kotti aufsammeln, weil sie total zugedröhnt war."
"Sie ist auch unglücklich", gibt Aleks zu bedenken. "Ich glaube, sie hat sich die Beziehung mit ihm einfacher vorgestellt. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn sie bloß befreundet wären. Sie sagt, sie harmonieren sonst nicht, und sie kann sich nicht fallen lassen, weil er sie auch nicht an sich heranlässt. Ich glaube, sie hat sich gewünscht, dass er sie rettet. Das meint Iara zumindest. Was denkst du?" Sie schaut Vincent in die Augen. "Hat sie recht?"

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