Kapitel 3

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Ich nahm erleichtert Shoyos Vorschlag an und ich schlief bei ihm im Zimmer. Leider hielt er sein Versprechen nicht und schnarchte lauter als ein beschädigter Rasenmäher. Schlimmer als das waren die ständigen Fragen von Kageyama zu meinem Zuspiel. Dieses Ausfragen fand seine Fortsetzung beim Frühstück, wo ich leider bei Karasuno saß. Ich hätte mich lieber zu meinem Tisch gesetzt, aber ich könnte in meinem Zustand nicht unter Kuros Augen träten. Yaku kam kurz zu mir rüber, aber Kageyama verscheuchte ihn mit den Worten: „Verpiss dich! Siehst du nicht, dass ich mich gerade mit Kenma unterhalte!" Zwar hatte ich keine Lust auf ein Volleyballgespräch, aber Yakus Fragen wären dann doch schlimmer. Ich bin dem behinderten König dankbar, obwohl er mich manchmal einschüchtert. Es war eigentlich ganz okay, dennoch spürte ich den stechenden Blick von Nekomaskapitän.

Glücklicherweise musste ich nur noch einen Tag diese Hölle ertragen. Nach einer gewissen Zeit konnte ich doch nicht mehr diese Fragerunde ertragen und so beschloss ich aufs Klo zu gehen, um dort meine Ruhe zu bekommen. Übermüdet ließ ich mich auf ein Klo nieder. Hätte ich meine Psp gehabt, könnte ich dort entspannt mein Tag genießen, aber das Teil lag noch in meinem Zimmer. Auf meinem Handy sprach mich zu aller erst „CandyCrush" an. Das ist so ein Game, was 40-jährige Mütter stundenlang spielen und dann schon auf Level 1000 hocken. Doch ich spielte es nicht allzu lange, da ich irgendwann die Lust verloren hatte. Seufzend ging ich darauf meine Hände waschen, weil ich keine Ahnung hatte wie viele Kackbakterien auf der Türklinke waren. Ich sah auf und betrachtete mich im Spiegel. Neben mir sieht jeder grünunterlaufende Bastard aus einem Zombiegame wie ein Topmodel. Meine Tränensäcke waren angeschwollen wie Ballons und dunkel unterlaufen, dazu fiel mein Haar volumlos runter und meine Augen sehen schlimmer aus als die von einem jahrelangen Junkie. Kurzgefasst: Ich sehe grauenhaft aus.

Ninja-like versuchte ich mich in Richtung Zimmer zu bewegen, um mich dort für den restlichen Tag einzusperren. Doch dann musste ich auf die vernünftige Eule und den schwarzhaarigen Arschloch treffen. Komplett überfordert lehnte ich mich an die Wand und lauschte ihrem Gespräch heimlich zu.

„Zu deiner Frage, die du mir in der Cafeteria gestellt hast: Ich bin echt überrascht, dass du selbst nicht darauf kommen konntest, was mit Kenma los ist. Es ist doch so offensichtlich. Vielleicht siehst du es nicht oder willst es nicht wahrhaben, weil ihr beste Freunde seid, aber du müsstest es eigentlich wissen. Das was du gestern gesagt hast, hat ihn sehr getroffen. Meine Vermutung ist, dass er seit längerem auf dich steht, Kuroo.", verkündete der Sherlock meinem zurückgebliebenen Crush. Wie ich es bereits erwarten konnte, war seine Reaktion pures schweigen. Zwar sah ich sein Gesicht nicht, dennoch konnte ich mir eine verwirrte Mimik bei ihm gut vorstellen. Verzweifelt drückte ich mich gegen die Wand, in der Hoffnung zu versinken. Er liebt mich nicht.

„Das kam unerwartet. Was ich gestern gesagt hatte, über diese Person, war nicht ernst gemeint. Es war das erste, was mir auf Bokutos bescheuerte Frage einfiel. Ich hab gar kein Crush und ich weiß nicht wie ich damit jetzt umgehen soll! Vielleicht hast du auch einfach unrecht, er ist ja mein bester Freund und mehr nicht." Ein ziehen machte sich in einer Brust breit und mein Frühstück wollte augenblicklich einen Ausgang finden. Ich bin nur sein bester Freund und mehr nicht, aber Akaashi hat Recht! Ich liebe diesen Idioten, auch wenn es schmerzt. Ich wollte einfach weg, soweit weg wie möglich von ihm. Ich drückte mich von der Wand ab. Ich konnte ihnen einfach nicht mehr zu hören. Meine Beine brachten mich zu meinem und Kuroos Zimmer, wo ich mich einschloss. Es tut mir leid.

Immer mehr Tränen rannen über meine Wangen und ich fühlte mich wieder so unfassbar leer, aber diesmal war keiner da, der diese Leere füllen könnte. Ich will niemanden rein lassen, erstrecht nicht Kuro. Es ist so dumm gewesen, daran zu denken, dass ich dieses „Love-Game" gewinne. Er sagte zwar, er hat keinen Crush und dass was er sagte sei zufällig, aber er hat genau Mikasa beschrieben, auch wenn er es nicht merkte. Ich merkte es und das zerbrach mich noch mehr. Wieso musste ich mich in meinen besten Freund verlieben? Hätte es niemand anderes sein können, am besten ein Mädchen damit alles noch leichter wäre. Aber nein, ich stehe auf Typen, besser gesagt auf Kuro. Den größten Vollhonk der Welt, daneben sieht jeder Grundschüler wie ein Professor aus. Nein, das stimmt nicht. Er ist schlau und gut in der Schule. Er liebt Naturwissenschaften und das mag ich an ihm. Tetsuro sieht aus wie ein Depp, aber dahinter verbirgt sich ein schlauer Schüler, der auch ruhig ist und eine wunderbare Präsenz hat. Ja, ich liebe ihn, aber er nicht mich.

Plötzlich ertönte ein lautes Klopfen, doch ich vergrub weiter mein Gesicht in Kuros Kissen. Ich lag in seinem Bett und heule wegen ihm. Echt dumm, aber sein Geruch hat mich schon immer beruhigt, obwohl es mich nun noch trauriger macht. Er wird mich erlassen, wenn er weiß was ich fühle. Er wird bald nicht mehr mit mir befreundet sein, weil er nun weiß, was ich fühle. Scheiße. Das Klopfen ertönte wieder und ich zuckte bei dieser Stimme zusammen. „Ey, Kitten! Was ist los? Ich mache mir Sorgen. Lass mich bitte rein, wir haben gleich Training Kenma, hörst du mich?" Ich hasse es so sehr, wenn er mich Kitten nennt und dennoch sagt er es immer wieder. Wieso macht er sich sorgen? Er kennt doch mein Problem schon. „Kenma!" Seine Stimme war wie ein Dolch, welches mein Herz in zweite. Es tut weh. „Geh weg!", brüllte ich in sein Kissen. „Verpiss dich einfach und lass mich allein!" Kein Klopfen mehr, denn er ging. Wieso konnte ich es nicht einfach unterdrücken? Ich liebe ihn seit dem dritten Jahr in der Mittelschule, wo er nicht mehr da war. Ich merkte, wie sehr ich ihn brauchte und im ersten Jahr der Oberschule gestand ich mir diese Liebe ein. Seit Jahren merkte er nichts und nun kann ich es nicht mehr unterdrücken. Ich liebe Tetsuro Kuroo, diesen Bastard.

Einige Stunden später klopfte es wieder und ich öffnete die Tür. Er muss seine Sachen packen, immerhin fahren wir in einer Stunde zurück. „Kenma, ich...-„ Ich unterbrach ihn, ohne in seine goldenen Augen zu blicken. „Halt die Schnauze!" Aufgewühlt schmiss ich meine Sachen in den Koffer und rannte aus dem Raum. Ich kann das nicht mehr. Ich ließ mich auf einer Bank nieder und holte meine Psp raus. Ob es wieder wie in der Grundschule sein wird? Ohne Freunde, ich hab nur die Welt des Gaming? Wieder am Anfang. Abwesend drückte ich irgendwelche Knöpfe, es war mir egal, ob ich gegen den Boss verliere oder gewinne. Es ist alles egal, wie ich ihm jetzt egal bin.

„Kenma, wir sehen uns doch bald wieder, oder?" Ein aufgeregter Shoyo umarmte mich und ich versuchte zu lächeln. „Klar.", murmelte ich in die Umarmung rein. Vielleicht. Der Kleine ließ mich los und rannte winkend zu seinem Team, die gemeinsam in den Bus stiegen. Zusammen. Ich merkte wie unser roter Bus vorfuhr und einige schon einstiegen. Paar schauten betrübt zu mir, aber ich ignorierte es. Ich bin kein exotischer Vogel oder so was. Als ich auf den Bus zu ging und einstieg, lagen alle Blicke auf mir. Auch der von Kuro. Lächelnd klopfte er auf den Sitz neben sich, doch ich lief an ihm vorbei. Das erste Mal sitze ich nicht neben ihm. Ich wollte nicht, dass er sich neben mich setzt, weshalb ich mich neben Lev niederließ. Alle anderen hätten mich mit Fragen bombardiert, aber der Riese traut sich sowas nicht. Jeder schaute perplex und einige riefen schon, dass ich krank geworden bin. Selbst Nekomata schien überrascht. Yaku machte den Witz, dass ich ein Krankenwagen bräuchte, da ich mich niemals neben Lev setzten würde. Das stimmt sogar, aber er hält die Fresse vor Angst. Besser so, sonst schlag ich ihm sein Gesicht weich. So ein Gollum.

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