Kapitel 35

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„Dich jeden Morgen neben mir im Bett zu sehen, zu wissen, dass du bei mir bist, macht mich glücklich. Heute ist endlich der Tag, mein Abschluss. Kenma, bist du wach?" Ich bin wach. Hellwach. „Ich hasse den Morgen. Wer hat bitte festgelegt, dass der Alltag um behinderte sechs Uhr startet?! Ich will schlafen. Ich will nicht, dass der kack Tag beginnt", beschwerte ich mich. Ich wollte diesen Tag nicht erleben. „Du bist echt kein Morgenmensch. Während die Menschen das beschlossen haben, hast du gepennt. Also beschwer dich nicht und dazu ist heute der letzte Tag. Du schaffst das schon." Er hatte ja recht, aber weil es der letzte Tag ist, hab ich kein Bock. Das ist dein scheiß letzter Schultag! Ich muss noch ein Jahr, in dem ich allein sein werde, im Knast, die Hölle, verbringen. „Kitten", ich reagierte nicht, „Pudding." Ich bin zu unmotiviert. Heute ist der Abschlusstag und der Tag des letzten Trainings, der Tag an dem Kuro seine Position abgibt. Er wird uns alle verlassen. „Wirst du mit Volleyball aufhören?" Dafür müsste ich zum Sekretariat und Papiere ausfüllen, einen neuen Club suchen, neue Menschen kennenlernen und mich durchquälen. Kein Bock, das ist auf meiner Skala neonorange. Ich bleibe im Club, auch wenn es nicht mehr dasselbe ist, aber was solls. „Kenma, Bitte..." Ich schlug die Decke von meinem Körper weg und stand auf. „Ich bleibe im Club. Und wenn ich austreten würde, käme Tora , der hätte mich wieder dahin geschliffen, dazu würde Shoyo das nicht akzeptieren. Zwar ist es nicht dasselbe ohne dich, aber da muss ich jetzt durch. Glückwunsch zum Abschluss, Tetsuro" Er setzte sich auf und wollte etwas darauf erwidern, doch ich nahm mir meine Uniform und sperrte mich daraufhin in meinem Bad ein. Kuro hat mich jeden Tag besucht, gelernt und mich genervt. Er hatte wirklich Angst davor, dass ich gehe. Ich hab den Kampf gegen die Verheerung noch nicht verloren, immerhin bin ich ein guter Spieler, auch wenn ich nicht ernst mache, halte ich einiges durch. Ich entledigte mich meinen Klamotten und schlüpfte mechanisch in die Uniform. Ich mag es nicht. Wieso können wir keine Jogginghose tragen? Das ist viel bequemer, als eine hässliche Uniform. Meine Finger schlossen den letzten Knopf und wanderten dann zu einer Ablage, wo ein Haargummi lag, mit dem ich sofort meine Haare zusammenband. In Rekordzeit putzte ich meine Zähne, wusch mein Gesicht, kämmte meine Haare und zeigte meinem Spiegelbild mein fabelhaften Mittelfinger. Ich hab schon drei Monate in diesem Jahr überlebt und heute in einem Jahr hab ich mein Abschluss, wenn alles gut läuft. Ich öffnete die Badezimmertür wieder und trat in mein Zimmer, wo ein fertig angezogener Kuro stand. Wahrscheinlich hat er sich im Gästebad fertig gemacht, denn ich hab mir möglicherweise bisschen Zeit gelassen. Er kam mir näher und seine Hand umfasste wieder meinen Zopf, der in wenigen Sekunden gelöst war. Ich kann bei dem Typen nie meine Haare zusammen lassen. Na ja besser so, hab kein Bock alles zu sehen. Seine Lippen lagen auf meinen und ich spürte wie jegliche Aufregung, Angst und Nervosität verschwand. Meine Muskel entspannten sich und ich konnte wieder meine Gedanken ordnen. Der Tag wird zwar nicht einfach, aber für Tetsuro ist der Tag wichtig, also muss ich durchhalten. Für ihn. „Wollen wir los?", fragte er behutsam und ich stimmte zu. Ich war zwar nicht bereit, aber das wäre ich nie. Ich könnte niemals dafür bereit sein.

In der Halle lag eine aufgeregte Stimmung. Jeder fühlte etwas anderes, manche freuten sich, andere saßen die Zeit ab, wiederum andere weinten, aber alle hingen an einer Sache: An dem vergangenen Jahr. Ich hänge an diesem Jahr, denn es bedeutet mir alles. Und heute nahm es ein Ende, wie alles im Leben. „Nun sind wir die ältesten!" Yamamoto legte eine Hand auf meine Schulter, er stand hinter mir in der Reihe. Jede Stufe hat vier oder fünf Klassen und alle stehen in Reihe, wir sind recht mittig und Kuro steht ganz rechts in der Halle mit Yaku und Kai. Er würde bald nach vorne auf die Bühne laufen, sein Zeugnis nehmen und dann ist er offiziell kein Schüler der Nekoma-Oberschule mehr. „Ich mache mir nichts daraus, dass wir bald dritte sind. Du weißt, ich mag die Hierarchie an Schulen nicht", antwortete ich ruhig und Fukunaga, der in der Reihe rechts von uns stand, schaute zu uns. „Du versuchst echt stark zu bleiben", stellte unser Komiker des Teams fest und ich nickte stumm. Ich will nicht vor meiner Klasse losheulen. Shohei trat aus seiner Reihe und er legte sein Arm um mich, sofort machte Tora es ihm auf der anderen Seite gleich. „Tja, nun werdet ihr Kapitän und Vize." Tora setzte ein trauriges Grinsen auf, hingegen ich monoton nach vorne blickte. Zögern legte ich auch nun meine Arme um die beiden Idioten und atmete einmal tief ein und aus. Ganz ruhig. Ganz ruhig. „Und nun bitte ich Tetsuro Kuroo aus der 3-4 nach vorne! Er war der Kapitän der Volleyballmannschaft und er führte sein Team zu den Nationalen. Ich bitte um ein kräftigen Applaus für den Absolventen", sprach unser Rektor in sein Mikro. Tetsuro hatte sein ich-bin-der-größte-Bastard-der-Welt-Grinsen auf und stolzierte wie ein Möchtegern Topmodel auf die Bühne. Seine Fangirls kreischten und alle klatschten, außer natürlich Tora, Shohei und ich. „Du scheiß Kapitän hör auf so behindert zu Grinsen!", brüllte Tora und Fukunaga machte es ihm gleich: „Hör auf mit deinem Hintern zu wackeln und nimm dein Zeugnis!" Ich errötete als er zu uns sah und winkte. Viele starrten uns blöd an, doch das war mir egal. Es ist mir egal, dass viele mich nicht leiden können. Ich wurde nicht dafür gemacht, jeden zu unterhalten. Tora und Fukunaga gaben auch bei Yaku und Kai solche Kommentare ab und manche waren so behindert, dass ich lachen musste. Es floss keine Träne und ich fühlte mich auch nicht allein, denn meine Freunde waren bei mir. Und am anderen Ende des Raumes steht Yuki, die uns liebend gerne für unser Geschrei getreten hätte. Irgendwo steht in der Halle Kuro mit seinen Stufenkameraden und heult sich die Augen aus, aber ich bin hier. Hier bei meinen Freunden.

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