14 . . . eingeschnappt

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Ich lehne mich gegen den Türrahmen, der die Garage mit unserem unbenutzten, leerstehendes Arbeitszimmer verbindet. Den Dinnerabend ist nicht mehr viel geschehen und ich dachte, es wäre auch alles in Ordnung zwischen Savio und mir. Falsch gedacht. Er ist eingeschnappt, weil ich sein Badboy-Ego verletzt habe. Seitdem hockt er in dieser Garage rum, die den Beat seiner lauten, italienischen Rap-Musik kaum abschirmt. Ich kann anhand der Musik hören, wann er in die Garage verschwindet und wann er wieder zu Bett geht.

Wie kann man nur so viel an einem Auto schrauben? Nicht, dass es aus tausend Teilen besteht, es ist einfach nur ... Es stört dich, bringt mein Unterbewusstsein die unausgesprochene Wahrheit auf dem Punkt. Ja, es stört mich, dass er nur die nötigsten seiner Pflichten erfüllt und dann sofort in die Garage verschwindet – kein einziges Wort freiwillig mit mir wechselt. Mir war klar, dass er eine kleine Diva sein kann, doch dieser Idiot ist immer wieder für Überraschungen zu haben.

Es raschelt, als ich die zwei Papiertüten mit unserem Essen für die Pause in die Höhe halte. Jedoch übertönt die Musik sämtliche Geräusche, die von mir ausgehen. Beinah so, als würde er nichts an sich ranlassen, außer die Musik, die dafür sorgt, dass einen ein wohliger Schauer die Wirbelsäule hinunter jagt. Vielleicht hört er mich ja wirklich nicht ...? Nein, das bezweifle ich, denn dieses Mal befindet er sich nicht unterm Auto, sondern steht mit dem Rücken zu mir an der Werkbank.

»Hey!«, rufe ich und durchschneide mit meiner Stimme die Musik. Eben noch hat seinen einen Fuß mit dem Takt des Liedes gewippt, jetzt steht er kerzengerade vor mir. Immer noch die beleidigte Leberwurst, denke ich mir. »Wir müssen in einer halben Stunde bei der Arbeit sein. Besser wir gehen jetzt los.«

Die Sekunden kommen mir wie in die Länge gezogen vor, als er sich langsam zu mir umdreht; in den Händen ein ölverschmiertes Tuch, mit dem er etwas abwischt. Den Blick hat er immer noch auf das Objekt in seinen Händen gerichtet, nickt dabei kaum merklich.

»Ich weiß.«

Ich weiß? Ist das ... Urgh! Natürlich weißt er, dass wir heute arbeiten, weil er unsere Pausenbrote geschmiert hat und weil er schon in deinen Arbeitsklamotten steckt. Zumindest glaube ich, dass er diesen Jumpsuit auch schon mal in der Werkstatt getragen hat.

Kurz schaue ich durch die offene Garage und erkenne, wie die meisten Autos unserer Nachbarn nicht mehr am Straßenrand stehen. »Dann lass uns los.«

Das nächste Mal schaue ich zu ihm und er hat sich wieder der Werkbank zugewendet. Dieser ...

»Ich werde sagen wann wir losgehen, nicht du«, erklärt er in einem murrenden Ton. Da ist jemand wohl mit dem linken Fuß aufgestanden. »Und außerdem haben wir noch fünf Minuten, es ist noch nicht halb.«

Ich muss mir auf die Zunge beißen, um keinen dummen Spruch abzulassen, schließlich hat er in diesen paar Minuten schon vielmehr mit mir gesprochen, als gestern den gesamten Tag.

»Wir haben schon halb, sogar zwei Minuten nach halb«, merke ich an und schaue von der riesen Uhr, die wie eine geschwungene Rennfahne aussieht, zurück zu Savio. Dieser atmet schwer aus, bevor er das Tuch samt Objekt auf der Werkbank abstellt, sich seine schmutzigen Hände an seinem Jumpsuit abschmiert und sich dann zu mir wendet.

Der regungslose Ausdruck in seinem Gesicht lässt mich beinah zusammenzucken. Er sieht so ... gelangweilt aus – gelangweilt von meinem Anblick. Diese Feststellung springt durch meinen Körper wie ein Funken, der die Asche der letzten Jahre trifft. Nein, es interessiert dich nicht, wie er dich beachtet, rede ich mir selber zu und überreiche ihn genauso emotionslos sein Pausenbrot. Meine Hand balle ich zur Faust, weswegen Löcher in der Umweltfreundlichentüte entstehen, als sich meine Nägel in meine Handfläche bohren.

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