Mittlerweile starre ich so lange auf die Bildschirme, die an meinen Laptop angeschlossen sind, dass sie zu verschwimmen beginnen. Meine Augen brennen vor Müdigkeit, fühlen sich bei jedem vergehenden Wimpernschlag schwerer an. Ich spüre, wie die Wirkung des Energy-Drinks abnimmt und das Adrenalin nur noch stockend durch meine Adern pumpt.
Scheiße nochmal, denke ich und schaue zwischen den sechs Bildschirmen her, die an der Innenverkleidung meines Vans hängen, verdammte Scheiße! Mir läuft der kalte Schweiß die Stirn hinunter, perlt ab, sodass ich blinzeln muss, damit meine Augen nicht noch mehr brennen als sonst schon.
Mir ist es gelungen, die Informationsquelle abzufangen und nach zu verfolgen, um den Empfänger ausfindig zu machen. Doch ich war viel zu geblendet von meiner Selbstsicherheit. Es hätte mir klar sein sollen, dass die Verfolgung zu simpel für solch einen komplizierten Code war. Etwas konnte ich decodieren, jedoch ist das nicht mal mehr ein Viertel vom Ganzen.
Jeder meiner Bildschirme sind schwarz grundiert, während immer wieder die verschlüsselten Nachrichten aufflackern. In einem giftigen Grün stechen verschiedene Buchstaben und Zahlen durcheinander auf, leuchten abwechselnd schnell und stark, sodass sie den Code schwerer als erwartet chiffrieren.
Doch das ist nicht alles.
Mit meiner Hand stütze ich mich vom Schreibtisch ab, der immer noch mit den leeren Verpackungen meiner Essenbestellungen vollgestellt ist. Nur ein Stück rolle ich durch den Van, ehe ich den Schalter zwischen meinen Fingern spüre und ohne zu zögern umlege.
Mir stockt der Atem.
Wie kann das möglich sein?, frage ich mich und betrachte die Cluster, die sich durch den Beamer um mich begeben, wie? Es ist größer, als ich dachte, viel, viel größer. Es sind neongrüne Fäden, mal dünner, mal dicker, die in meinem Van projiziert werden. Durch diese Fäden werden bestimmte Einzelteile miteinander verbunden - Zahlen und Buchstaben, was insgesamt den Cluster ergibt.
In meinem ganzen Leben habe ich schon Millionen von Codes geknackt, doch das hier ... Hart muss ich schlucken, als ich mich mir über die Schulter schaue, und die giftgrünen Fäden durch den ganzen Van strahlen. Etwas in mir munkelt, dass der Van selbst für diesen Cluster zu klein ist, wie habe ich es mir vorgestellt, ihn auf sechs meinen Bildschirmen zu komprimieren?
Ich bin wie gefangen. Diese Quelle ist monströs, lässt meine Muskeln verhärten, weswegen ich mich nicht mehr regen kann und bloß den mal stärker und mal schwächer leuchtenden Chiffrierung.
Ein gewaltvolles Poltern ertönt.
Noch einmal.
Und noch einmal.
Ich bin wie eingefroren. Den kalten Schweiß, der sich in meinen Händen ansammelt, kann ich nicht einmal irgendwo abwischen, zu steif bin ich. Habe ich einen Fehler gemacht und sie haben mich in der Zeit aufgespürt, in der ich versuchte, ihre Nachricht zu decodieren?
Erneut ertönt ein dumpfes Klopfen und das einzige zu dem ich im Stande bin, ist mit der Wimper zu zucken. Nein, ich habe mich abgesuchter. Die Verbindung zu den staatlichen Servern ist abgekapselt und selbst mein Internet stammt direkt von dem Satelliten im All und nicht von der Erde.
»Veritas!«
Ich schnappe nach Luft, als ich wie ein Klappmesser aufspringe. Mein Atem ist flach und mein Puls rast gefährlich schnell. Meine Haare kleben an meiner feuchten Stirn, weswegen ich sie mir aus dem Gesicht streichen muss, um zu sehen, wer vor dem Leihwagen steht und an der Fensterscheibe klopft, die ich mit Zeitungspapier zugeklebt habe.
Tief ein und ausatmen, ermahne ich mich selber, es war nur ein beschissener Traum. Und trotzdem spüre ich, wie schwer sich mein Kopf anfühlt, genauso wie der Anblick des Clusters, der meine Nerven bis auf den letzten Hauch gereizt hat - selbst im Schlaf.
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Diskussion
AdventureBand 3* »Er trägt ein Lächeln, geladen wie eine Waffe.« Die Anonymität der Masse kleidet Karoline genauso gut wie der Bildschirm, hinter dessen sie ihr wahres Gesicht versteckt. Unter »Veritas« richtet sie sich eigentlich gegen die staatliche Zensu...