32 . . . kontrolle

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Beim Verwenden von den verschiedensten Identitäten eignet man sich die unterschiedlichsten Eigenschaften an. Dazu zählt auch die Kunst, Menschen zu lesen wie sie auch wirklich sind. Und meiner Meinung nach gibt es drei Arten, mit einem Gefallen umzugehen.

Die erste Person ist unschuldiger den je, der oder die Introvertierte, die einfach nicht den Mund aufbekommt, den Gefallen einzufordern. Davon gibt es genug und ich würde lügen, wenn ich leugne, nicht froh darüber zu sein. Denn sonst wäre ich schon längst am Arsch, so viele Gefallen müsste ich leisten.

Art Nummero zwei schüchtert einen ein. Listig sammelt sie die Karten wie damals, als man in seiner Kindheit Sticker von der Weltmeisterschaft in sein Heftchen geklebt hat. Nie weiß man, wann man mit der Forderung des Gefallens überrumpelt wird.

Ganz zu schweigen von der Sorte von Menschen, die einen stets dran erinnern. Ja Karen, wir wissen, dass wir dir noch einen Gefallen schulden. Du brauchst nicht so bescheiden sein und die ganze Zeit um den halben Brei herumreden.

Obwohl ich Person eins bevorzuge, bin ich selber die letzte Klasse. Japp, manchmal ziehe ich diese Bescheidenheitsschiene, nur um im nächsten Atemzug etwas einzufordern. Genau das geschah vor einigen Minuten, als ich Jin mit einem dünkelhaften Lächeln überraschte.

Drastisch drehe ich am kleinen Knopf und somit die Musik lauter. Der Copwagen bebt beim dynamischen Beat. Das letzte Mal war in einem Polizeiwagen, weil ich mit jemanden Nachts im Park rummachte und man mich für eine Nutte ohne Passierschein hielt. Hier vorne zu setzten und die dominante Rolle selbst zu übernehmen, ist eindeutig mehr mein Geschmack.

Meine Finger trommeln auf das Lederlenkrad. Neben mir fährt Savio in den Wagen, den wir von jenen Koordinaten abgeholt haben. Es ist ein Mitsubishi Eclipse in dunkelblauer Lackierung. Ein edler Augenfang, der unterschätz werden kann. Die hochstehende Sonne wird von einigen Wolken ummantelt, was unseren neuen Wagen dennoch in den perfekten Schein wirft. Trifft die Sonne die Lackierung im richtigen Winkel, tänzeln lila Flammen auf der Motorhaube.

Nebeneinander auf zwei Spuren; ein Blickduell.

Keine Berührung, lediglich ein einziger Wimpernschlag. Er zwinkert mir zu, und mich überflutet ein Prickeln wie Champagner auf meiner Haut. Chapeau, Badboy. Eigentlich genieße ich der Köstlichkeit, gebe mich der prickelnde Süße mit all meinen Sinnen hin, doch normalerweise meine ich etwas anderes, wenn ich von meinem berauschten Zustand spreche. Dazu zählen nicht die wilden Schmetterlinge in meiner Magengegend, die durch knisternde Stromstöße nur noch unbändiger gegen meine Organe flattern. Jedoch habe ich es schon lange aufgegeben, mich gegen diese Gefühle zu sträuben. Wie der Badboy selbst sagte: Er bedeutet mir was.

Doch wenns ums Gewinnen geht, dann kann er mich am Arsch lecken.

Teuflisch belächle ich Savios minimalen Vorrang. Die lila Flammen auf der Motorhaube funkeln mich frech an. Heute werde ich die Runde gewinnen. Während ich unbewusst tiefer in den Sitz rutsche, gewichtet mein Fuß immer mehr Kraft auf das Gaspedal. Ich werde gewinnen, egal, mit welchen Mitteln; was Savio nicht so einfach zulassen möchte.

Er kneift die Augen zusammen, macht es mir nach und beschleunigt. Kupplung, fünfter Gang und weiter Gas geben. Fester kralle ich mich ums Lenkrad, drehe dadurch unabsichtlich die Musik runter. Es ist ein Fetzten zwischen zwei Motoren, welche sich gegeneinander messen.

150 Kilometer pro Stunde. Meine Schulterblätter presse ich zusammen und beschwöre mein Unterbewusstsein, mich zu stärken. Ja, ich bin mal so schnell gefahren, aber noch nie habe ich mich mit jemand gemessen! Nie bin ich ein Ren...

Mir gelingt nichts anderes, außer weiter aufs Gas zu drücken und bloß dabei zuzuschauen. Ein siegessicheres Heulen entkommt dem Motor von Savios Karre, als er an mir vorbei zieht. Oder war es Savio selbst? Während die Zeigenadel auf meiner Tachoanzeige vollkommen spinnt, zieht er immer mehr an mir vorbei.

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