21 . . . der goodboy für den badboy

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Vor mir sitzt der Typ, der mich in der bisher dunkelsten Nacht, seit ich auf dieser Insel bin, vor Schwierigkeiten bewahrt hat. Sein blondes Haar liegt im ungebändigt im Gesicht und sorgt für bubenhafte Züge, genauso wie das schelmische Grinsen auf seinen Lippen. Wahrscheinlich sieht er die Glühbirne über meinem Kopf aufleuchten.

»Was machst du hier?«, frage ich unverfroren nach.

Er lacht auf und zuckt mit der Schulter. »Mir ein kaltes Getränk bestellen und die Zeitung lesen?«

»Ja klar«, kommentiere ich pejorativ. »Wo ist der Zwerg? Oder hast du gerade deinen freien Tag?«

Seine Miene verhärtet sich und jegliche Freundlichkeit vereist. Oh ja, ich werde diesen kleinen Drogenzwerg nie vergessen, nie. Denn was in dieser Nacht mit Savio geschehen ist, geht mir immer noch nach – teilweise näher als es sollte. Definitiv näher als es sollte, merkt mein Unterbewusstsein unnötigerweise nochmals an.

»Tatsächlich ist er gerade mit seinen Freunden Jetski fahren.« Immer noch ist sein Ton zuvorkommend, nicht ansatzweise so abweisend wie sein Ausdruck im Gesicht, mit dem er mich taxiert.

»Dann reicht es, wenn ihn die Schwimmflügel über Wasser halten?«

»Und dein kleiner Freund? Liegt er noch fix und fertig im Bett?«, kontert er.

Ich belecke mir die Unterlippe. »Vorsichtig«, warne ich ihn. »Du willst doch nicht, dass meine Biker-Freunde dafür sorgen, deine Zunge rauszureißen, indem sie dir eine Faust in dein Arschloch stecken.«

»Enttäuscht, dass dein kleiner Junkie seinen Schwanz nicht zum Ausgleich in dein Arschloch steckt?«

Bitter lache ich auf. Dieser kleine Pisser. Er wird es noch bereuen, das gesagt zu haben!

»Glaub mir, ich hatte heute Nacht genügend von ihm in mir stecken.« Mit einer Kopfbewegung deute ich auf den Flachbildschirm, der die Aufnahme von vorhin zum wiederholten Male abspielt. Wenigstens ist die Technik noch auf meiner Seite.

Die Hände hat er bis eben noch hinter seinen Kopf verschränkt, jetzt lehnt er sich auf seine Unterarme ab – kommt mir näher. »Glaub mir, Kleine, ich habe dich in dieser Nacht nicht umsonst gewarnt. Ihr solltet keine Aufmerksamkeit erregen und euch von uns fernhalten. War das so schwer zu verstehen?«

»Ich nehme keine Ratschläge von einem Idioten, der für einen Drogendealer Babysitter spielt.«

»Sagt der Babysitter eines Drogensüchtigen.«
Mit meiner Hand möchte ich auf die Tischplatte hauen, jedoch ist der Unbekannte schneller. Er hält meine Faust auf, ehe sie auf die Holzplatte hinschmetter und die Bar zum Schweigen bringt.

»Ich habe ihn erkannt, schon als er mit einem kurzgeschlossenen Auto die Straßen entlang gebrettert ist. Jeder hat Il Torro erkannt.«

Was? Il Torro? Was zum Teufel will er mir damit sagen und wieso nennt er Savio ›Der Stier‹?

Ahnung breitet sich in dem Gewissen der Person aus, die mir vis-á-vis sitzt. »Er hat dir nicht davon erzählt?« Seine Frage hört sich vielmehr nach einer Aussage an.

»Hör auf so ein Blödsinn zu labern, ich bin-«

»Was geht hier vor?«, unterbricht mich eine mir bekannte Stimme. 

In den dunklen Augen bebt ein Sturm, der mir einen schmerzhaft kalten Schlag verpasst. Man könnte von solch einer Verachtung reden, dass es mir kalt den Rücken hinunterjagt. Doch dieser Blick gebührt nicht mir – sondern vielmehr meinem Tischpartner mir gegenüber.

Dieser Idiot hat wirklich recht. Die beiden kennen sich, wahrscheinlich sogar besser als mir lieb ist. Scheiße. Mit diesem gnadenlosen Hass, der in seinen Augen so intensiv funkelt, erdolcht Savio den Babysitter.

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