Es hämmert gegen die Tür. Immer noch sind Savio und ich wie erstarrt, starren und nur an, als würden wir hoffen, die Person von draußen verschwindet wieder von selbst.
Doch das Leben ist kein Ponyhof.
»Céline, ist bei euch alles in Ordnung?«, ertönt eine weibliche Stimme. Diana.
Macht die Tür auf, bedeutet mir Savio mit seiner eindeutigen Kopfbewegung. Diese Idee kann er sich gleich aus dem Kopf schlagen! Nope, ich werde definitiv nicht die aufmachen, da kann er noch so mit seinem Kopf in die Richtung deuten. Das ganze Parkett ist in Blut getränkt und er ist so größenwahnsinnig?
»Vergiss es«, wispere ich bestimmend.
Er presst seine Lider aufeinander und atmet tief ein. »Meine Kleidung ist blutverschmiert und ich halte hier verdammt nochmal eine Leiche in den Händen«, flüstert er mit genauso viel Nachdruck in der Stimme.
Urgh. Ich bereue es, den Blickkontakt nicht standgehalten zu haben. Kälte schleicht sich die wenigen Stufen hoch, die ich auf der Treppe stehe, und sorgt dafür, dass meine Härchen zu Berge stehen. Der Ekel macht sich bemerkbar, als mir erneut die Galle hochkommt und ich mir ein Würgen unterdrücken muss.
»Veritas«, dirigiert er mich kaum hörbar. Erneut pfercht er mich mit dieser Kopfbewegung an, die Tür zu öffnen. Hoffentlich bekommt er davon einen steifen Nacken. Wenn du dir nicht was anderes steif wünscht, stichelt mich mein Unterbewusstsein an. Klappe!
»Hier ist überall-«
»Wir machen uns sorgen um euch!«, dringt eine weitere Stimme von draußen ins Hausinnere. Dieses Mal nicht von Diana, sondern von ihrem Ehemann. Die sind zu zweit?
»Wir kommen auch so rein«, warnt uns Diana.
Mit aufgerissenen Augen und einen strengen Blick wiederholt Savio stumm seinen Befehl: Öffne diese beschissene Tür.
Ich drücke meine Daumenballen gegen die Augen. Einundzwanzig, es ist nur eine Leiche, zweiundzwanzig, das Blut ist nur Einbildung, dreiundzwanzig, alles wird gut. Tief atme ich durch, ehe ich wieder zu Savio schaue, der die Leiche auf anderer Art in Armen hält. Das ist so widerlich!
»Und was soll ich den sagen?«
Mit meinen Händen halte ich mich an der Wand fest, um nicht in der Blutlache auszurutschen. Heilige Scheiße, fluche ich innerlich, als ein platschender Laut ertönt und durch meinen Schritt in der Pfütze kleine Wellen entstehen.
»Improvisiere.«
Was? Mein Kopf schellt in Savios Richtung.
Provozierend zwinkert er mir zu und wagt die erste Treppenstufe mit der Leiche. »Du bist doch so gut darin. Überrasch mich, Prima-Donna.«
Ich mahle meinen Kiefer. Dieser Idiot weiß mittlerweile, wie er mich dazu bekommt, seinen Befehlen folge zu leisten. Nicht gut. Nein, überhaupt nicht gut.
»Wir kommen jetzt-«
Ohne noch eine Sekunde länger zu überlegen, reiße ich die Tür so weit auf, dass mein Kopf durch passt – wirklich nur mein Kopf. Schelmisch grinse ich die beiden an, die in ihrer Offizier-Uniform vor unserer Haustür stehen. Scheiße, die wären beinah wirklich eingebrochen. In der Bewegung innehaltend, erscheint ein breites Grinsen auf Jins Lippen.
»Gott sei dank!«, spricht Diana ihr Gebet aus und drängelt sich vor ihren Mann. »Wir haben uns sonst was gedacht, als wir es krachen gehört haben.«
»Ist denn alles in Ordnung?«, möchte Jin wissen. Er kommt einen Schritt näher, weswegen ich die Türklinke fester umfasse. Meine feuchten Handflächen rutschen um ein Haar von dem kalten Eisen ab.
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Diskussion
AdventureBand 3* »Er trägt ein Lächeln, geladen wie eine Waffe.« Die Anonymität der Masse kleidet Karoline genauso gut wie der Bildschirm, hinter dessen sie ihr wahres Gesicht versteckt. Unter »Veritas« richtet sie sich eigentlich gegen die staatliche Zensu...