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Neben dem sterilen Geruch, der mich nur noch aus dem Mund atmen lässt, wurde ich vom fortwährenden Piepen des Monitors neben mir geweckt, an den ich gebunden bin. Jahrelang habe ich es geschafft, mich von Orten wie diesen fernzuhalten. Da sieht man, was geschieht, wenn man einmal einen Fehler macht: Man wird aus dem ganzen Spiel geschmissen, was man für sein Leben aufgebaut hat.

Irgendwie kann ich es immer noch nicht realisieren. Wie konnte mir das widerfahren? Gefühle für jemanden, den ich ... Es war ein Fehler, mir zu vertrauen. Ja, das war es. Ein Missgeschick. Eine Peinlichkeit, der ich mir bei jedem Herzschlag bewusst bin. Manchmal glaubt man an die Liebe, wiewohl man eigentlich nur verletzt ist. Verletzt von dieser Einsamkeit, weswegen dieses bescheuerte Organ hinter meinen Rippen von selbst handelt.

Ein fatales Handeln, was mir beinah das Leben kostete. Was ein beschämendes Ende, der moralischen Ära von Karoline Murphy.

Nun ja, nicht ganz ...

Gewiss gibt die Person kein Laut von sich, dennoch hindert es mich nicht daran, seine Präsenz zu spüren. Sie ist nicht aufdringlich und unangenehm, nur nicht das, was ich im Moment willkommen heiße.

»Was wollen Sie hier?«, möchte ich wissen. Zum ersten Mal seit langem, höre ich den gewissen Nachdruck in meiner Stimme, der letztens in Vergessenheit geraten ist.

»Sie besuchen, Ms Murphy.«

Ich schmunzle. »Was für eine Ehre, Chief Perez.«

Die harte Sauerstoffnasenbrille möchte nicht wie ich, als ich mich zur Seite drehe. Mit dem Coffee-to-go zwischen den Händen, sitzt der Chief vom New York Police Department neben meinem Krankenbett. Nicht die einzige Person, die hier des Öfteren ein bisschen Zeit für mir erübrigt hat.

»Ich muss gestehen, dass ich Sie schon öfters besucht habe.«

»Ach ja?«, versuche ich möglichst überrascht zu klingen. Es waren vier Besuche, um genau zu sein. Vier Mal hat er mich besucht, saß neben mir, während ich mich Schlafen gestellt habe. Jedes einzelne Detail habe ich mir gemerkt, als er mir einige Ermittlungswege erläutert hat, weil er dachte, ich wäre nicht bei Bewusstsein. Genau deswegen ist er wieder hier, neben mir am Krankenbett.

»Das ist mein fünftes Mal«, bekennt er. Gelassen schwingt er das eine Bein über das andere; macht es sich regelrecht neben mir gemütlich. Na toll. »Doch ich bin mir sicher, dass Sie das bereits wissen.«

Hm? Unschuldig schlage ich mit meinen Wimpern auf meine Wangenknochen. Ich weiß nicht, was er meint ...

»Ihre Lippen haben gezuckt, als ich über die Ermittlung gesprochen habe. Ja, ich bin fest davon überzeugt, dass Sie sich sogar über mich und lustig gemacht haben, Karoline.« Er erzählt es mit solch einer Leichtigkeit, dass ich ihn den kleinen Hauch von Verletzlichkeit abkaufe.

Genauso wie er es beschrieben hat, kräuseln sich meine Mundwinkel von Neuem. »Tut mir leid, Sir, das müssen Sie sich eingebildet haben.«

»Nur Leute mit einem gesunden Verstand, können wie die Meister lügen.«

»Ich bitte Sie, Sir, bei einem Meister erahnt man nicht einmal den Ansatz einer Lüge.«

»Dann lag ich falsch in meiner Vermutung.« Er korrigiert sich: »Sie sind noch nicht gesund.«

»Was ein Jammer!« Ich lege meine Hand aufs Herz. »Dabei wollte ich so gerne eine Hilfe für Sie sein.«

»So sieht's wohl aus«, stimmt mir der Chief zu. Er ist gerade dabei sich zu erheben, als er innehält und sich mir nochmal widmet. »Zu gerne hätte ich Ihnen davon erzählt, in wessen zufälligen Bezug Mailen Phoung mit Gianni Ballinis Geschäft steht.«

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