»Savio«, flehe ich ihn an, keinen weiteren Schritt weiterzugehen.
Noch einmal den Fuß vor den anderen legen und er ist in der Garage. Wer weiß mit wem. Was, wenn es dieses Mal nicht nur einer ist? Mein Herz fängt an, einen Marathon zu laufen. Was, wenn sie mit ihren ganzen Leuten gekommen sind? Verdammt! Er nimmt mich nicht einmal wahr, geht einfach weiter. »Bitte, geh da nicht rein, Savio!«
Doch sein Schatten wird eins mit dem von der offenstehenden Garage. Unbewusst gehe ich einen Schritt auf ihn zu, was mein Herz zum Stolpern bringt – als würde es über eine Hürde springen und drüber fallen. Nein, hält mich mein Unterbewusstsein auf, während nur eine Vorstellung in meinen Gedanken herausgeragt: Was, wenn dieses Mal Savio derjenige, ist, dem ein Keramikstück in den Hals gerammt wird? Nein, das werde ich nicht zulassen.
Kopfschüttelnd wage ich es, einen zittrigen Schritt nach dem anderen zu gehen. Nein, er darf nicht sterben!, rufe ich mir in Parolen ins Ohr. Meine Unterlippe bebt, da die Panik in mir jedes einzelne Glied zum Zittern bringt.
»Savio«, wimmere ich und werfe mich von hinten gegen ihn.
Unsere nackten Oberkörper drücken gegeneinander und ich schließe erneut meine Augen. Mein flacher Atem prallt gegen die glühende Haut von Savio, in die ich mich immer mehr kralle. Keine Toten dieses Mal, wende ich mich an irgendein der vielen Götter, bitte.
»Karoline.« Er löst sich aus meinen Krallen, bei denen ich mir sicher bin, dass sie Rückstände in seiner Haut hinterlassen haben. Erneut spüre ich seine Finger um mein Kinn, wie er es vorsichtig anhebt. Nein, ich will es nicht sehen. »Hey, Karoline.«
»Nei... nei...«, versuche ich, ihm zu erklären. Immer noch ringe ich um Atem. Meine Lunge fühlt sich bleiern an, schwer und unmöglich mit Luft zu füllen. »Nei... nein«, röchle ich förmlich.
»Öffne deine Augen.« Behutsam streichelt er mir die Wange und wiederholt sich in einem flüsternden Ton, der dafür sorgt, dass einige meiner Muskeln weicher werden. »Sieh mich an, Line.«
Line. Mein Vater hat mich so genannt. Das letzte Mal nannte er mich so, als er und Mom gestritten haben. Ihre Bölkerei hat mich damals kaum interessiert, denn ich naives Ding wollte nur ein Eis. Nimm das Geld und hol dir ein Eis, Line, hat er mir damals gesagt, als er mir ein paar Dollar in die Hand drückte und losschickte. Ich habe ihn gedrängt, während er mit Mom stritt. Und als ich nach Hause kam, ließ eine laute Explosion unser alle Gehöre betäuben. Line, Line, Line.
Ich reiße meine Augen auf, allerdings ist die Sicht vor mir verschwommen. Er darf nicht sterben! »Nein«, wimmere ich und schluchze. »Nein, bitte.«
»Ich bin hier«, versichert er mir, indem der Griff um meine Schulter fester wird. Dass mir dieses Zeichen nicht reicht, wird im beim weiteren Röcheln auch klar. Savio zieht mich in eine feste Umarmung, drückt mich gegen sich, sodass ich seinen Herzschlag höre, als mein Ohr gegen seine Brust drückt.
Bumm, bumm bumm, bumm. Es schlägt regelmäßig und dennoch höre ich den aufgeregten Überschlag seines Pulses, als nicht nur eine Träne an seinem nackten Oberkörper klebt.
»Beruhig dich, hier ist niemand«, flüstert er Wohlwollen. Er streichelt mir über den Kopf, was meine Haltung weniger verkrampfen lässt. »Du bist bei mir. Es wird dir nichts passieren.«
Es kostet mich einiges an Kräften, meinen Kopf zu schütteln. »Nicht mir«, winsel ich. »Ich will nicht, dass ... dass dir etwas-«
»Niemals.«
Langsam richte ich meinen Blick. Leichte Züge heben seine Mundwinkel, die mir ein ermunterndes Lächeln schenken. Niemals.
»Guck«, fordert er mich auf und dreht sich mit mir in seinem Arm zum Inneren der Garage. »Jemanden mit einer Vorliebe zu Autos bestraft man nicht, indem man ihnen jemanden wegnimmt.«
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Diskussion
AdventureBand 3* »Er trägt ein Lächeln, geladen wie eine Waffe.« Die Anonymität der Masse kleidet Karoline genauso gut wie der Bildschirm, hinter dessen sie ihr wahres Gesicht versteckt. Unter »Veritas« richtet sie sich eigentlich gegen die staatliche Zensu...