44 . . . einander finden

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»Wir haben die Frauen ins Krankenhaus auf der Sicherheitsebene verfrachtet«, beantwortet der Chief die Frage von eben.

Jetzt verstehe ich wirklich, wieso jeder hier so fasziniert von seiner Leitung ist. Er ist die Definition von ›Chief‹ in Fleisch und Blut. Für jede Frage hat er ein offnes Ohr, nimmt sich die Zeit über das Missverständnis zu sprechen. Gewiss ist mir diese Variante von ihm lieber, denn obwohl ich schon gut spiele, spielt er besser.

»Wir haben Gianni Ballini jetzt nach Lousiana in das Angola verfrachtet? Wäre es nicht für uns sicherer, wenn wir ihn wieder zurück nach Italien schicken?«

Die Frage kommt von einem Außenstehenden. Einige von ihnen haben sich zu uns gesellt, weil es irgendwas mit der rechtlichen Seite des NYPDs zutun hat. Sie sorgen dafür, dass mögliche Schlupflöcher gestopft werden und Gianni Ballinis Anwälte nichts gegen uns in der Hand haben. Eine gute Sache, nur habe ich jetzt seit dreißig Minuten das Gefühl, dass es ziemlich anstrengend ist.

Mein Hintern ist eingeschlafen und ich höre auch schon nicht mehr richtig zu, was der Chief erklärt. Das Angola ist das größte Hochsicherheitsgefängnis in den Vereinigten Staaten. Zu groß. Es ist nur ein Bluff, dass er dort eingesperrt ist. Wie ungeschickt wäre es, wenn wir ihn in eins der bekanntesten Gefängnisse überhaupt steckten? Generell in ein Gefängnis stecken, dass Außenstehende kennen?

»Ich glaube, im Exil hat er es schöner«, murmelt Fanny mir ins Ohr.

Definitiv, grinse ich breit.

Dunkle Augen empfangen mich, als ich mich hochgehaltenen Hände umschaue. Hat er etwas die ganze Zeit schon geguckt? Geradewegs konzentriere ich mich wieder auf den Bildschirm vor mir. Er weiß es noch nicht. Weder die Sache über seinen Vater, wie die restlichen Ballinis, noch die Sache über ...

Ich schließe das Fenster, weswegen ich heute Morgen um Mitternacht zum Chief aufgebrochen bin. Er hat mich sogar begleitet und trotzdem weiß er es noch nicht – niemand von seiner Famiglia weiß es, außer die Person selbst.

»Nein, die Mitglieder dieser Mafia werden aufgeteilt. Wir haben genügend Strafen verteilt, damit sie sich nie mehr über den Weg laufen«, meint der Chief und nickt der Person zu.

»Und die Razzia in Italien war jetzt un- oder abhängig von unserer?«, möchte ein weiterer Jurist wissen.

»Indirkekt unabhängig, weil wir uns mehr Gefahr droht, sollte dort irgendwas schief gegangen sein, über das wir noch keine Information erhalten haben. Wir haben aber vereinzelten Kontakt mit den neuen Beautragten der Carabinieri.«

»Heftig, wie viele er in Italien beschmiert hat.«

Fanny lehnt sich weiter zu mir, um mich richtig zu verstehen. Langsam nickt sie und verringert weiter den Abstand zwischen uns. »Hast du die fristlosen Entlassungen bei uns oder im Congress mitbekommen?«

»Unglaublich ...« wie viel Macht er doch hatte. Kaum zu glauben, dass sie zum Sturm gekommen ist, weil ich damals einen lächerlichen Faden im DarkNet gefunden habe. Eigentlich wollte ich einem gewissen Prominenten nachgehen, der seine Befriedigung laut Gerüchten bei Jugendlichen unter dem Mindestalter sucht. Mögen die Gerüchte eine Lüge gewesen sein, durch die irgendein Idiot bei einem Interview das doppelte an Geld gemacht hat – für uns war es der Moment, der die Medaille wendete. Gianni Ballini mag lange genug auf der goldene Platte gelebt haben, jetzt muss er mit der verdreckten, von Staub besetzten Seite rechnen.

Der Chief klatscht sich in die Hände und erlangt dadurch an Aufmerksamkeit. »Liebe Mitarbeitende an diesem Fall, wenn es keine weiteren Fragen mehr gibt, dann wäre das Meeting beendet. Mit Ihnen möchte ich nochmal genauer sprechen. Wir haben ja schon unseren Termin, nicht wahr?«

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