»Hunger.«
Hunger, Hunger, Hunger!, grummelt mein Magen nachklingend zu meiner kaum vorhandenen Stimme. Essen. Ich will nur essen.
Jetzt wenigstens etwas Brot oder Cornflakes; die Bunten, von denen man glatt Diabetes bekommt. Mit meiner Zunge lecke ich mir über die Unterlippe. Nichts. Kein bisschen von diesem süßen Geschmack.
»Hunger.«
Hunger, Hunger, Hunger! Dieses Mal möchte mein Unterbewusstsein einen Drang in mir auslösen, der mich stärken soll – vergebens. Denn tief in mir schlummert meine letzte Kraft.
Bei jedem Wimpernschlag spüre ich meine Schwäche.
Der langsame Schlag meines Herzens wiegt mich in meinen Schlaf.
Hunger ...
. . .
Stimmen. Sie sind laut, treten wie Gladiatoren in einem Kampf gegeneinander an. Genauso stehen sie sich auch gegenüber. Mommy ... Ihr rotes Haar kringelt sich widerspenstig über ihre Schultern, die breit gebaut sind. Von den vielen Kämpfen davor. Jeden einzelnen verloren und dennoch steht sie jetzt vor mir. Mommy ...
»Nicht, wenn sie im Haus ist, Greogory!«, schreit Mommy die Person an, die ihr vis-à-vis steht.
Wild fuchtelt sie mit ihren Händen, deutend auf das Konstrukt, was auf unserer Kücheninsel liegt. Es funkelt. Wow. Es glänzt richtig, wie diese Partykugeln in den Kinderdiscos, wenn man in den Urlaub fährt. Dann ist da noch was Rotes, Blaues und ...
»Lass das sein, Karoline«, mahnt mich Daddy. Vorsichtig drückt er mich von dem faszinierenden Etwas weg. Da sind aber rote Lakritzstangen, die ich will ...
»Willst du wirklich ihr Leben gefährden?« Mommy hat Daddy schon immer mit Worten wehgetan. Immer hat sie viel geredet. Irgendwie hat das nie was gebracht.
Erneut versuche ich, nach den Lakritzstangen zu greifen.
»Karoline«, ertönt Daddy böse.
»Du bist doch nicht mehr ganz bei Trost, deine Bomben jetzt schon in unserer Küche zu bauen.« Mommy tippt auf den Vogel in ihrem Kopf. Vielleicht ... vielleicht, weil Eis besser schmeckt als Lakritzstangen? Oh ja! Schokoladeneis schmeckt gut, und Lakritzeis mag ich auch!
»Sie hat vorhin an diesem Tisch gefrühstückt, Gregory!«
»Ich will ein Eis.« Nachdringlich ziehe ich an Daddys Shirt. Das ist von der Lakritze schon befleckt. Ja, ich will Lakritzeis!
»Wenn du nicht so ein Drama machen würdest, dann wäre es für uns alle sicherer«, wird Daddy lauter.
»Ich will ein Eis!«
»Oder willst du, dass uns die ganze Nachbarschaft hört?«, fragt Daddy.
»Ich will ein Eis!«
»Jetzt nicht, Karoline.« Wieder drückt er mich zur Seite.
»Aber ich will ein Eis!«
Mommy verschränkt ihre Arme vor der Brust. Oh, oh ... Das ist nicht gut.
»Die ganze Nachbarschaft munkelt schon, was für Chemikalien du Nachts von unserem Keller ins Apartment schmuggelst.« Keine Ahnung was Chemikalien sind. Vielleicht eine Eissorte?
»Daddy, ich will ein Eis, bitteeeeee!«
»Gott, Karoline!« Er guckt mich böse an wie die Monster, wenn ich unters Bett gucke.
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Diskussion
AdventureBand 3* »Er trägt ein Lächeln, geladen wie eine Waffe.« Die Anonymität der Masse kleidet Karoline genauso gut wie der Bildschirm, hinter dessen sie ihr wahres Gesicht versteckt. Unter »Veritas« richtet sie sich eigentlich gegen die staatliche Zensu...