36 . . . dunkelheit

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Meine Kehle fühlt sich wie zugeschnürt an. Moment, ist sie das nicht auch? Etwas gekordeltes, rau Kratziges ist um meinen Hals geschlungen. Ein Strick?

Ich reiße die Augen auf. Nichts. Dunkelheit umschließt mich, raubt mir einen meiner vertrauten Sinne. Mühsam lege ich mir das Kinn aufs Schulterblatt. Wieso ist alles schwarz? Und wieso riecht es hier so modrig?

Umso weiter ich mir über die Schulter ›blicke‹, desto enger wird der Strick. Wo bin ich? Wieso bin ich hier? Wieso sehe ich nichts mehr? Wo ist Savio?, ist die wichtigere Frage.

Flacher Atem und ein Herz, was in viel zu kurzen Abständen pulsiert.

Fuck! Ein stechender Schmerz pest durch meinen Körper, was mich sofort kerzengerade sitzen lässt. Den Kopf in den Nacken zu legen war keine gute Idee, doch was ist passiert? Zudem mir die letzten ... Stunden? Tage? Halt, wie lange bin ich hier unten?

Die Erinnerungen sind wie aus meinem Gedächtnis gelöscht, nur mein Körper weiß, wie er darauf zu reagieren hat: Meine Glieder zittern und jedes einzige Härchen, was ich besitze, stellt sich auf. Da war Savio und nein, er war nicht da, oder?

Gott! In mir ruft alles nach einer Pause. Da herrscht dieses Verlangen nach Entspannung in mir, nichtsdestotrotz sind meine Muskeln angespannt – bereit für den Fall, dass mich jederzeit etwas erwartet.

Überraschenderweise wurde es mir vergönnt, meinen Kopf zu behalten – und die dazugehörigen Schmerzen. Jene Nerven, die mir nach der Bewusstlosigkeit übriggeblieben sind, werden durch ein schrilles Surren in meinen Ohren strapaziert. Dem Wunsch nachgehendend, das Vergessene Revue passieren zu lassen, entflammt eine derbe, flächendeckende Hitze in meinem Schädel. Sie setzt alles in Brand, was meinen Körper erstarren lässt.

Diese nasse-kühle Luft ist mir ganz neu auf Nantucket Island. Wenn ich mich noch auf dieser Insel befinde. Trotz der ermattenden Kraft kann ich mich noch gerade halten und es gibt keine außenstehenden Faktoren, welche mir diese Balance erschweren. Demnach schließe ich aus, dass ich in einem Auto sitze oder mit einem Boot über See bin. Vielleicht bin ich das schon?

Ein Atemstoß, und der herausgepustete Atem schneidet meine aufgerissene Lippe, weswegen ich diese wieder aufeinanderpresse. Weder habe an einer Hantel geleckt, noch ... Blut. Der metallische Geschmack benetz meine ganze Zunge und ist nicht einfach, runterzuschlucken, zumal selbst meine Spucke mir zuwider ist.

Ungeduldig rutsche ich Schneidersitz auf den Boden hinterher. Stein, denn so ungemütlich wie der ist, sitze ich mir hier den Hintern flach. Verdammt, ich will hier weg! Das ... ich will hier nicht sein! Ich muss es einfach wagen.

»Hallo?!« Beim Schreien reißt meine Lippe noch mehr auf.

Keine Antwort.

Scheiße!

»Hallo?!«, versuche ich es erneut. Das man mich verschleppte muss länger her sein, dafür ist meine Stimme von Schweigen zu empfindlich.

»Ist da jemand?« Ich krächze und räuspere mich, tue das Möglichste, was mir gelingt. »Bitte, hört mich jemand!«

Lauter, fällt es mir ein. Ja, ich muss lauter sein! Zwar habe ich das Gefühl, dass an meinen Füßen mehrere Zimentsäcke hängen, dennoch nutze ich die Chance aus und stampfe wie eine Wilde. Der dumpfe Hall füllt den ganzen Raum aus.

Ich will hier raus! Himmel, ich will zu Savio, er hat mir versprochen, dass er mich beschützen wird!

»Hilfe!«, rufe ich. »Hilfe, ich bin hier unten!«

Weiter ungestümes Stampfen. »Bitte!«

Hinter meinen Pupillen entsteht ein Druck. Niemand hört mich. Kein Savio, der mich rettet, wie er es mir versprochen hat. Trotzdem wärmt mich etwas im Inneren. Er wird kommen, er wird mich retten! Das weiß ...

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