42 . . . die ablenkung

2.3K 237 287
                                    

»Heilige Scheiße!«

Reflexartig halte ich mir die Ohren zu, viel zu laut schreit Aria neben mir. So wie sie am Zappeln ist, könnte man glauben, dass sie diejenige ist, die gleich auf geheimer Mission geht. Obwohl ... Auch wenn ich versuche, es zu verstecken, schwippt etwas Elektrisierendes durch meinen ganzen Köper. Das Adrenalin prickelt auf meiner Haut wie kleine Stromschläge, durch die mir immer mehr bewusst wird, was mich erwarten wird. Dazu blicke ich der Bestätigung in dem Spiegel direkt entgegen.

Elegant winkle ich mein Bein an, pose in jegliche Richtungen. Ein langer Stoff, der wenig verhüllt. Schwarze Seide liegt mir mit Spaghettiträgern auf den Schultern, verläuft mit einem tiefen V-Ausschnitt bis kurz vorm Bauchnabel. Meine Brüste fühle sich schwerer, praller und einfach perfekt für dieses Kleid an. Es umschmeichelt meine eher schmale Taille und lenkt von meiner weniger breiten Hüften ab, indem ein Schlitz beim ersten Drittel meines Oberschenkels beginnt.

Es verleiht mir diesen James-Bond-Touch. Verdammt! Ich fühle mich heiß und begehrenswert in diesem Stück Stoff, was meinen nackten Rücken präsentiert. Mein feuerrotes Haar bietet den perfekten Kontrast zu dem edlen Stoff, der dieselbe Farbe wie meine hohen Schuhe und meine Nägel teilt.

»Aria, du bist der Hammer!« Unkoordiniert fahre ich mir mit den Fingern durch die Haare; streiche diese aus meinem Gesicht, um das verführerische Make-up zu bewundern, was Aria federleicht gezaubert hat. »Unglaublich ...«, staune ich weiter.

»Du bist unglaublich, sieh dich doch mal an!« Ihre warmen Hände legt sie auf meinen Rücken. Mit einem gewissen Nachdruck zwingt sie mich, meinen ganzen Auftritt von Neuem zu betrachten.

»Woher habt ihr das alles?«

»Keine Plan«, gibt Aria zu und zuckt ahnungslos mit der Schulter. »Mamma-«

»Ich habe nur von Savio gesagt bekommen, wo ich die Sachen abzuholen habe«, spricht die Mutter aller Ballinis für sich selbst.

Er hat es für mich ausgesucht? Unbewusst fahren meine Hände über meinen Körper, den Savio auswendig kennt.

Ihre Lippen sind von einem liebevollen Lächeln geziert, was sich auflöst, als sie mich mit offenem Mund bestaunt. »Cielo! Sembri una dea!« Himmel! Du siehst aus wie eine Göttin!

Jetzt ist nicht nur mein Haar feuerrot. »Grazie.«

Fest hält sie mein Gesicht in ihren Händen, taxiert jede einzelne Sommersprosse. »Wir müssen ein Foto von euch machen! Er trägt einen Anzug, der perfekt zu deinem Outfit passt.«

»Ein Foto?«, hake ich nach. Unsicher lache ich auf, blicke hilfesuchend zu Aria, die empathisch wie ihre Mutter, klatscht.

»Ma, warte, ich hole den kleinen Casanova!«

»Va bene«, sagt Maria und bestaunt mich vollkommen verträumt. Die zierlichen Finger wickeln mein Haar ein, wie meine Mommy damals. Sie liebte es genauso, mit meinem Haar zu spielen. Immer wenn mich die andern Kinder damit geärgert haben, welche Farbe ich doch auf dem Kopf habe, ließ sie es nie aus, genau diese Kupferfarbe zu lieben. Genauso wie Maria in diesem Moment.

Meine Hände schlinge ich um die weiche Taille von Savios Mutter. Fest drücke ich sie an mich. Freiwillig, wie ich bemerke. Es war ein Instinkt, der mich meine Arme immer fester um die Frau schlingen lässt, die mir in diesem Moment genau dasselbe entgegenbringt, wie meine Mommy damals.

Ihr heißer Atem streift meinen Brustkorb, dadurch, dass sie kleiner ist als ich. »Nimm meinen Sohn genauso in den Arm«, flüstert sie ihre Bitte. »Er wünscht es sich, vertrau mir«, sind die letzten Worte, bevor sie sich aus der Umarmung befreit.

DiskussionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt